Luka Modric faltete die Hände und lächelte, als er die Frage aus dem Pressekonferenzraum im WM-Medienzentrum vernahm. Ob er ein Rezept habe, um jung zu bleiben, wurde der Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft gefragt, doch Modric musste sein Publikum enttäuschen. Nein, leider nicht, sagte er: "Aber wenn jemand das Geheimnis kennt, soll er zu mir kommen."
Die Frage an Modric war berechtigt, denn es wirkt, als hätte er den Weg zu ewiger Jugend gefunden. Er ist 37 Jahre alt, ein Greisenalter für einen Fußballer, trotzdem ist er bei Kroatien immer noch der wichtigste Mann, der Regisseur, derjenige, auf den alle schauen. Als Trainer Zlatko Dalic ihn im Achtelfinale gegen Japan in der Verlängerung auswechselte, staunten die Zuschauer.
Im Viertelfinale gegen WM-Favorit Brasilien an diesem Freitag (16 Uhr/Magenta TV) kommt es wieder auf ihn an. Mit Real Madrid gewann Modric fünfmal die Champions League, zuletzt in diesem Jahr. 2018 führte er sein Land sensationell ins WM-Finale, wo es eine 2:4-Niederlage gegen Frankreich gab. Als Entschädigung wurde Modric zum besten Spieler des Turniers und zum Weltfußballer gewählt.
Die WM in Russland war der Höhepunkt für die "goldene Generation" eines Landes, das weniger Einwohner hat als Österreich oder Schottland. Seitdem gab es einen Umbruch im kroatischen Fußball. Junge Spieler wie die aus der Bundesliga bekannten Verteidiger Josip Stanisic vom FC Bayern, Borna Sosa vom VfB Stuttgart und Josko Gvardiol von RB Leipzig betraten die Bildfläche. In Katar sind aus dem Aufgebot von 2018 nur noch wenige Vertreter dabei. Einige von ihnen haben aber immer noch Schlüsselrollen. Beispiele sind Abwehrchef Dejan Lovren, Linksaußen Ivan Perisic und vor allem Modric.
Spielt Modric auch in Zukunft für die kroatische Nationalmannschaft?
Er gehört zu der Riege jener Weltstars, die in Katar ihren letzten großen Auftritt im Trikot ihres Landes haben – wobei, so klar ist das nicht. Trainer Dalic verkündete kürzlich, dass Modric seinen geplanten Rücktritt aus der Nationalmannschaft aufzuschieben gedenke: "Er wird weiter für Kroatien spielen, davon bin ich überzeugt." Modric selbst sagt nur, dass er nicht an die Zukunft denke, einzig fokussiert sei auf die WM.
Im Viertelfinale gegen Brasilien ist er nicht nur als Spielmacher gefordert, sondern auch als Spion. Die Brasilianer Éder Militão, Casemiro, Rodrygo und Vinicius Junior kennt er von Real Madrid. "Natürlich gebe ich meiner Mannschaft den einen oder anderen Tipp, wie man sie stoppen kann", sagt Modric. Er plant mit den Kroaten den nächsten Coup nach 2018. Wie damals können sie sich auf eine Spezialität verlassen – ihre Stärke im Elfmeterschießen.
In Russland gewannen sie das Achtelfinale gegen Dänemark und das Viertelfinale gegen die Gastgeber auf diese Weise. Das Weiterkommen in Katar gegen Japan war die Fortsetzung von Kroatiens guter Serie im Elfmeterschießen. Für die Mannschaft stehen Ergebnisse über der Spielweise. "Wir sind nicht beim Eiskunstlaufen", sagte Trainer Dalic nach dem Weiterkommen gegen Japan und brachte damit offenbar die heimische Eiskunstlauf-Gemeinschaft gegen sich auf. "Ich wollte niemanden beleidigen. Ich wollte nur sagen, dass es beim Fußball nicht um Ästhetik geht", entschuldigte sich Dalic hinterher.
Brasilien sieht das bekanntlich anders. Die Partie wird ein Duell verschiedener Stile. Um eine Chance zu haben, hofft Kroatien auf den ewig jungen Modric.
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