Lionel Messi und Cristiano Ronaldo sind überall bei der WM. Man begegnet ihnen ständig, in den Frühstückssälen der Hotels, in den Metrostationen, die so groß sind wie Einkaufszentren, und natürlich in den Stadien. Überall tragen die Menschen Messi- oder Ronaldo-Trikots. Die beiden alternden Stars – Messi ist 35, Ronaldo 37 – sind immer noch die größten Namen im Weltfußball. Und sie sind in Katar auf derselben Mission: Bei ihrer jeweils fünften und wohl letzten WM wollen sie ihre außergewöhnliche Karriere krönen mit dem letzten Titel, der ihnen noch fehlt. Sie wollen Weltmeister werden.
Ihre Länder sind noch im Rennen. Messis Argentinier treffen an diesem Freitag (20 Uhr, ARD und Magenta TV) im Viertelfinale auf die Niederlande, Ronaldos Portugiesen bekommen es am Samstag (16 Uhr, ZDF und Magenta TV) mit WM-Überraschung Marokko zu tun. Doch die beiden Superstars spielen gegensätzliche Rollen beim Turnier in Katar. Messi ist Argentiniens Schlüsselspieler, er schwingt sich auf zum letzten großen Tanz. Ronaldo dagegen ist bei Portugal nur noch zweite Wahl, er ist zum Problem geworden. Einen solchen Satz zu schreiben war fast zwei Jahrzehnte lang unvorstellbar.
Ronaldo ist ohne Arbeitgeber in die WM gegangen. Manchester United löste seinen Vertrag auf, nachdem er sich in einem Interview mit dem Krawallreporter Piers Morgan über seine Reservistenrolle bei dem Klub beklagt und Trainer Erik ten Hag angegriffen hatte. Wie seine Vereinskarriere weitergeht, ist schwer zu sagen. Geht sie überhaupt weiter? Ronaldo sieht sich weiter in der Champions League, offenbar gibt es bisher aber nur ein Angebot, von Al-Nassr aus Saudi-Arabien. Ein Zeichen für das nahende Ende einer Weltkarriere.
Auch Nationaltrainer Fernando Santos hat neuerdings keine Verwendung mehr für Ronaldo. Nach seinen schwachen Leistungen in der Gruppenphase (nur ein Tor) und seinem kindischen Verhalten bei seiner Auswechselung gegen Südkorea saß Ronaldo im Achtelfinale gegen die Schweiz auf der Bank. Portugal spielte wie von Ketten befreit und zeigte beim 6:1-Erfolg die beste Turnierleistung. Mann des Abends mit drei Treffern war der 21 Jahre alte Stürmer Gonçalo Ramos, Ronaldos Ersatzmann. Die Partie markierte eine Zeitenwende, einen Generationenwechsel.
Gerüchte um WM-Abreise von Ronaldo
Welche Rolle Ronaldo bei der WM noch spielen kann, ist unklar. Trainer Santos reagierte auf entsprechende Fragen ausweichend: "Alle Spieler auf der Bank können zum Einsatz kommen. Wenn sie nicht in der Startelf stehen, können sie eingewechselt werden." Auf ein Dasein als Joker hat Ronaldo aber offenbar keine Lust. Angeblich drohte er sogar mit seiner Abreise von der WM. Portugals Verband dementierte, Ronaldo vermutet hinter den Gerüchten eine Verschwörung. Der Zusammenhalt der Mannschaft sei zu groß, um von äußeren Kräften zerstört zu werden, twitterte er. Ronaldo produziert weiter verlässlich Schlagzeilen, nur eben nicht mit seinen Leistungen auf dem Platz.
Bei Messi ist es anders. Seine Schlüsselrolle in der Nationalmannschaft steht nicht in Zweifel. Er ist Argentiniens Inspiration, übernimmt in kritischen Momenten Verantwortung. Im zweiten Vorrundenspiel gegen Mexiko, das nach der Sensationsniederlage gegen Saudi-Arabien zum Start dringend gewonnen werden musste, steuerte er das Führungstor und eine Vorlage zum 2:0-Erfolg bei. Bei seinem Treffer fand er eine Lücke in der Abwehr, die es eigentlich gar nicht gab, die nur für ihn erkennbar war. Beim Torjubel kamen ihm die Tränen, es waren Tränen der Erleichterung.
Auch im Achtelfinale gegen Australien (2:1) gelang Messi der wichtige erste Treffer. Es war sein erstes Tor in einem K.-o.-Spiel bei einer WM. Das Schicksal scheint auf seiner Seite zu sein. "Ich würde ihn nicht auswechseln, es sei denn, er bittet mich darum", sagte Lionel Scaloni. Messi bleibt unantastbar. Anders als Ronaldo.
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