Nach 90 glanzvollen Minuten musste Lionel Messi noch einmal kämpfen. Nicht wie zuvor mit seinem phasenweise heillos überforderten Gegenspieler Josko Gvardiol - es waren die Gefühle, die von Argentiniens Superstar Besitz ergriffen und die er nur mit Mühe in den Griff bekam. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen und den Fans im Lusail Iconic Stadium bejubelte der 35-Jährige das 3:0 der Albiceleste im WM-Halbfinale gegen Kroatien. "Es gehen mir so viele Dinge durch den Kopf. Ich weiß gar nicht, wie ich meine Gefühle beschreiben soll", meinte Messi wenig später und wandte sich an sein Heimatland: "Das ist ein Sieg für meine Familie, aber auch für die gesamte argentinische Fußball-Familie."
Mit einem verwandelten Foulelfmeter (34.) sowie den beiden Vorlagen zu den weiteren Treffern des Teams durch Julian Alvarez (39. und 69.) hatte Messi maßgeblich dazu beigetragen, dass er nur noch einen weiteren Erfolg von der Krönung seiner glanzvollen Karriere entfernt ist. Ein Sieg am Sonntag im Endspiel (16 Uhr/ARD und Magenta TV) gegen Titelverteidiger Frankreich oder Außenseiter Marokko, die am Mittwoch (20 Uhr/ZDF und Magenta TV) den zweiten Final-Teilnehmer ermitteln, und der vielleicht beste Fußballer aller Zeiten wäre am Ziel aller Träume. Weltmeister - der letzte große Triumph, der Messi noch in seiner Sammlung fehlt.
"Verrückt - wir haben es geschafft. Wir sind im Finale", meinte der sechsmalige Weltfußballer und schien fast ein wenig ungläubig. Kein Wunder - noch vor drei Wochen herrschte im Lager der Südamerikaner Untergangsstimmung. Das 1:2 im WM-Auftaktspiel gegen Saudi-Arabien ließ die heimische Presse von einer "Schande" im "Sandsturm" fabulieren. Die Titelchancen der Albiceleste wurden auf knapp über null beziffert. "Das erste Spiel war ein harter Schlag für uns, so in eine WM zu starten. Aber diese Mannschaft hat bewiesen, wie stark sie ist", meinte Messi und sprach mit Blick auf das in Katar Erlebte von "erstaunlichen" Entwicklung.
Auch der Superstar selbst hat diese hingelegt. Nicht allein in den vergangenen Wochen. Vor allem in den vergangenen Jahren. An Messis Können bestand zwar nie ein Zweifel, der bislang ausgebliebene WM-Triumph ließ ihn aber in Argentinien nie in die Sphären eines Diego Maradona aufsteigen. Nun verfügt er neben Brillanz auch über Routine und Führungsqualitäten. Der Angreifer scheint nach seiner bittersten Stunde vor gut acht Jahren, als das Finale der Weltmeisterschaft in Brasilien gegen die DFB-Auswahl verloren ging, für Großes bereit. Am Sonntag ist die Zeit für Wiedergutmachung gekommen. "Ich fühle mich sehr gut, ich fühle mich stark für jedes Spiel", meinte der Profi von Paris St. Germain: "Wir wissen, wozu wir imstande sind."
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