Gerade rechtzeitig ist Frankreichs Lucas Hernández nach seinem Muskelbündelriss fit für die WM geworden. Im Interview mit dem SPORTBUZZER spricht der Weltmeister von 2018 und Abwehrspieler des FC Bayern München über die Ziele des Titelverteidigers, der an diesem Dienstag gegen Australien ins Turnier startet.
Lucas Hernández, am vergangenen Mittwoch hat Didier Deschamps seinen WM-Kader bekannt gegeben. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?
Ich war zu Hause in München mit meiner Frau und meinen Kindern. Ich war schon gestresst, denn wir Spieler wussten vorher nicht, ob wir dabei sind oder nicht. Wenn der Nationalcoach seine Liste bekannt gibt, handelt es sich jedes Mal um einen gewissen Stress. Es sind viele Emotionen dabei. Ich war ziemlich ungeduldig. Als ich meinen Namen gesehen habe, haben wir uns alle in den Arm genommen. Die Erleichterung war spürbar, auch wenn ich relativ optimistisch war.
Ist Ihnen bewusst, dass Sie in die Geschichte eingehen könnten, sollte die Équipe Tricolore am 18. Dezember erneut Weltmeister werden?
Klar ist uns diese Tatsache bewusst. Wenn man an einem solch wichtigen Turnier teilnimmt, will man es auch gewinnen. Egal, ob man beim letzten Mal bereits den Titel gewonnen hat oder nicht. Mich interessieren keine zweiten oder dritten Plätze. Später erinnert man sich nur an die Triumphe.
"Mia san mia": Lucas Hernández von Bayern-Gier nach Titel beeindruckt
Haben Sie diese Siegermentalität besonders beim FC Bayern gelernt?
Erst bei Atlético Madrid, weil auch Diego Simeone immer gewinnen wollte. Aber klar ist es bei Bayern jederzeit zu spüren, dass man stets gewinnen will: Jedes Bundesliga-Spiel, jedes Trainingsspiel, in allen Räumen an der Säbener Straße ist dieses „Mia san mia“ zu sehen und zu spüren. Das ist schon beeindruckend. Bereits nach wenigen Wochen hatte ich verstanden, was es genau bedeutet, beim FC Bayern München unter Vertrag zu stehen: immer gewinnen zu wollen, nie satt zu sein, die Gier stets auszuleben. Insofern ist es für mich nicht überraschend, dass wir nach zehn Meisterschaften in Folge nach wie vor die Gier haben, einen elften Titel zu holen. Nachlassen ist bei uns eine Art Fremdwort. (lacht)
Welche Nationen könnten Frankreich am gefährlichsten werden?
Ich sehe bei dieser WM einige Teams, die um den Titel mitspielen werden, wie etwa Brasilien, Argentinien, Spanien und Belgien. All diese Mannschaften verfügen über einen starken Kader, jede Position ist doppelt besetzt mit Weltklassespielern.
WM-Chancen für Deutschland? "Mit der DFB-Elf" ist immer zu rechnen
Was ist mit Deutschland?
Mit der DFB-Elf ist immer zu rechnen. Bei der letzten WM in Russland war es nach der Gruppenphase bereits vorbei, aber ich kenne mittlerweile die Mentalität der Deutschen. Sie wollen sicherlich Wiedergutmachung und sind besonders heiß auf dieses Turnier. Was für Deutschland spricht: Es gibt viele Bayern-Spieler im Kader. Insofern greifen die Automatismen sofort, und dieses Gerüst kann zum ganz großen Trumpf für Hansi Flick werden. Dadurch, dass die Teilnehmer dieses Mal kaum Vorbereitung haben, werden solche Blöcke eine noch wesentlichere Rolle spielen.
Auch bei Frankreich gibt es einen Bayern-Block.
Ja, mit Benjamin Pavard, Dayot Upamecano und mir in der Abwehr sowie mit Kingsley Coman in der Offensive. Wir finden uns blind auf dem Rasen, und das kann gegenüber anderen Teams sicherlich von Vorteil sein. Das wäre sicherlich kein Nachteil, weil die Automatismen bereits gut funktionieren. Blöcke in einem Nationalteam haben ja noch nie geschadet.
Hernández: Dänemark könnte "große WM-Überraschung" werden"
Wie schätzen Sie Ihre Gruppe mit Australien, Dänemark und Tunesien ein?
Insbesondere Dänemark ist eine sehr starke Mannschaft. Wir sind in den vergangenen Monaten sehr oft auf sie getroffen, und wir hatten jedes Mal große Schwierigkeiten. Für mich könnte Dänemark eine große Überraschung bei dieser WM werden. Außerdem gibt es bei einem solchen Turnier immer wieder eine oder zwei Sensationen.
Wie optimistisch sind Sie, dass Frankreich den Titel in Katar verteidigen wird?
Es ist möglich, und ich glaube auch daran, weil das Potenzial vorhanden ist. Aber klar wissen wir auch, dass die Konkurrenz enorm ist. Ich gehe sogar davon aus, dass Elemente wie Glück, Verletzungen, Sperren oder Schiedsrichterentscheidungen eine noch größere Rolle als sonst spielen werden, weil wir eine WM im Winter haben und also vor noch größeren Unbekannten stehen. Sollten wir tatsächlich den Titel verteidigen, wäre das historisch und unglaublich zugleich.
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