Stolz, wie ein kleiner Junge an Heiligabend seine Geschenke präsentiert, zeigte Manuel Neuer am Sonntag auf dem Tiroler Trainingsplatz seine Torwarthandschuhe – zuerst dem Bundestrainer, dann seinem Mitspieler Thomas Müller. Sein Ausrüster hatte Neuer zum Jubiläum ein besonderes Paar entworfen und die Zahl 100 eingearbeitet. Vom DFB erhält die deutsche Nummer eins heute vor dem Anpfiff gegen Lettland die goldene Ehrennadel für ihren 100. Einsatz mit der 1 auf dem Rücken. "Das ist eine magische Zahl und selbst für jemanden wie ihn etwas ganz Besonderes", sagte Joachim Löw. "Darauf kann Manu wirklich stolz sein."
Immerhin 1000 Zuschauer, die Freikarten vom Verband bekommen, werden an diesem Montag in Düsseldorf (20.45 Uhr, RTL) beim Jubiläum dabei sein, Leon Goretzka kann nicht auf dem Platz stehen und wird nach seinem Muskelfaserriss auch zum EM-Auftakt am 15. Juni gegen Frankreich fehlen. Bis dahin sollte Rechtsverteidiger Lukas Klostermann seine Knieprobleme zwar überwunden haben, die optimale Besetzung scheint er jedoch nicht zu sein. Auch aus diesem Grund denkt Löw nun doch darüber nach, Joshua Kimmich aus dem zentralen Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite zu stellen. "Es gibt verschiedene Planspiele, beides ist denkbar", verriet der Coach, der seine taktische Ausrichtung "flexibel und variabel" halten will – auch abhängig vom Gegner.
Als Deutschland letztmals im EM-Halbfinale 2016 gegen den diesjährigen Auftaktgegner ausschied, machte Neuer beim 0:2 einen seiner ganz wenigen Patzer im Nationaltrikot. Nach zwei Mittelfußbrüchen ist er inzwischen längst wieder über jeden Zweifel erhaben. "Manu ist der beste Torwart, den ich je gesehen habe. Punkt!" Das sagte etwa DFB-Rückkehrer Mats Hummels. Der Verteidiger ist froh, diese "Legende" als Rückhalt hinter sich zu wissen. "Manu verteidigt Situationen anders als jeder andere Torwart", schwärmte Hummels. Ob in Eins-gegen-eins-Situationen oder als verkappter Libero, gibt es tatsächlich wohl kaum einen Keeper, der über solch einen langen Zeitraum das Torwartspiel dermaßen geprägt hat wie der Bayern-Schlussmann.
DFB-Verantwortliche schwärmen von Neuer
Neuer sei "zu Recht über Jahre schon der weltbeste Torwart", findet auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Auf der Asienreise 2009 debütierte er noch als Schalker beim 7:2 gegen die Vereinigten Arabischen Emirate und zeigte als 23-Jähriger gleich eine Topleistung. "Vom ersten Moment, den er bei uns war, hatte ich das Gefühl, das wird mal ein ganz großer Torwart in der Welt", sagte Löw zwölf Jahre später rückblickend. Jedes seiner Länderspiele hat Neuer unter diesem Bundestrainer absolviert. Löw schätzt Neuer nicht nur als Sportler, sondern auch als "Menschen mit Werten und Charakter" und machte ihn im September 2016 nach dem Rücktritt von Bastian Schweinsteiger zum DFB-Kapitän.
Ein Ende ist derweil nicht in Sicht. Neuer will auch für Deutschland so lange spielen, wie er sich körperlich dazu in der Lage sieht. "Und aktuell fühle ich mich topfit", sagt er selbst. Auch, weil er auf seinen Körper hört und ihn pflegt und immer eine Topeinstellung an den Tag legt. "Er ist ein absolutes Vorbild", sagte Kevin Trapp. Und Neuers anderer Stellvertreter Bernd Leno schwärmte über den 35-Jährigen: "Gefühlt ist Manu wie 25 und hüpft immer noch genauso durchs Tor."
Bundestorwarttrainer Andreas Köpke macht es "stolz", dass er Neuer über dessen gesamte DFB-Zeit begleiten durfte. "Es macht Spaß mit ihm." 100 Länderspiele seien "schon eine Hausnummer", sagte Köpke, der selbst auf 59 kam. Eines hat er Neuer aber voraus: Köpke wurde 1996 Europameister. Es ist der einzige Titel, der Neuer noch in seiner Sammlung fehlt – das soll sich am 11. Juli ändern.
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