Er trainierte den 1. FC Köln sowie den VfL Bochum und hat nach fast sechs Jahren als österreichischer Nationaltrainer im Sommer 2018 den FC Basel übernommen. Auf die Bundesliga wirft der Schweizer Marcel Koller bis heute ein besonderes Auge. Im SPORTBUZZER-Interview erklärt der Entdecker von Lukas Podolski, inwiefern eine Köln-Rückkehr des Ex-Nationalspielers Sinn ergeben würde, wieso der FC Bayern die Meisterschaft verpassen könnte – und wie seine Landsmänner auf den deutschen Trainer-Bänken ticken.
SPORTBUZZER: Herr Koller, Sie kennen die aktuelle Situation in Köln aus Ihrer Zeit als FC-Trainer in der Saison 2003/04. Trauen Sie dem Klub den Klassenerhalt zu?
Marcel Koller (59): Wichtig ist in solchen Situationen, dass Ruhe im Verein einkehrt, um seine Arbeit vernünftig machen zu können und den Kopf freizukriegen. Köln ist natürlich auch eine Stadt, wo immer was los ist. Und wenn die Ergebnisse, um über dem Abstiegsstrich zu kommen, ausbleiben, wird es schwierig. Aber klar ist es möglich, wenn man die Spiele gewinnt – wie zuletzt.


Podolski-Rückkehr zum 1. FC Köln? Koller: "Könnte Euphorie entfachen"
Es wird über eine sportliche Rückkehr von Lukas Podolski spekuliert. Sie waren damals sein erster Profi-Trainer. Denkbar?
Lukas ist in Köln ja immer noch der Heilsbringer schlechthin. Ich habe ein paar Spiele von ihm in Japan gesehen, kann jedoch nicht darüber urteilen, ob er fit genug ist. Aber allein durch seine Persönlichkeit könnte er natürlich eine Euphorie entfachen. Wenn er auf dem Platz steht und gute Aktionen hat, ist das komplette Stadion mit dabei.
Sie glauben, das könnte funktionieren?
Man müsste es natürlich mit ihm besprechen. Dass er vielleicht nicht jedes Spiel macht, oder von der Bank kommt. Gerade im Abstiegskampf muss man jede Möglichkeit nutzen – damit man die Fans nicht verliert und sie dem Team weiterhin den Rücken stärken. Vielleicht könnten dann auch die anderen Spieler mehr aus sich herauskitzeln. Das sind Kleinigkeiten, die entscheidend sein können.
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Bestand über all die Jahre Kontakt zwischen Ihnen?
Absolut. Wir gratulieren uns zu Weihnachten und dem Geburtstag, telefonieren auch ab und zu mal. Da geht es aber weniger um Ratschläge. Er ist alt genug, mittlerweile Familienvater. Er hat die Erfahrung, was er jetzt braucht.
Wo sehen Sie die Gründe für seine große Karriere?
Es gibt viele junge Spieler, die eine solche Qualität haben. Aber entscheidend ist, dass man nie damit zufrieden ist. Sonst kommt hundertprozentig ein anderer und nimmt dir den Platz weg. Da war er sehr konsequent mit sich. Er hatte alles: Kraft, Schnelligkeit, den starken Schuss, ein gutes Dribbling.
Koller zur Meisterschaft: Bayern hat die größte Erfahrung - aber Leipzig wird nicht freiwillig aufgeben
Ihr aktueller Klub, der FC Basel wurde bereits vor zwei Jahren als achtmaliger Serienmeister in der Schweiz abgelöst. Glauben Sie, dass es den FC Bayern nach sieben Titeln in Folge nun genauso ergehen könnte?
Möglich. Vielleicht verspüren die Spieler nach all den Jahren eine gewisse Befriedigung. Es sind Kleinigkeiten, die dafür sorgen können, dass man nicht immer den absoluten Hunger hat, nicht mehr in jeder Szene aggressiv genug ist. Das kann auch durch Spielerabgänge verloren gehen, wenn das wichtige Persönlichkeiten waren. Und es ist ja auch schwierig, immer sofort das gleiche Potenzial nachholen zu können – und wieder etwas aufzubauen.


Im Sommer gingen Arjen Robben und Franck Ribéry, bei allen sieben Titeln waren sie dabei.
Zum Beispiel. Als Oliver Kahn aufgehört hat, hat sich das auch bemerkbar gemacht. Zu so wichtigen Figuren wird man ja auch nicht von heute auf morgen. Es ist aber noch zu früh für ein Urteil. Leipzig wird nicht freiwillig die Segel streichen. Die Bayern haben natürlich die größte Erfahrung – und im letzten Winter lagen sie noch weiter hinter Dortmund zurück.
Das Problem von Favre beim BVB? "Er ist nun mal nicht mit Jürgen Klopp vergleichbar"
Dort ist mit Lucien Favre ein hochangesehener Schweizer Trainer im Amt – irgendwas scheint ihm beim BVB aber zu fehlen.
Er ist nun mal nicht mit Jürgen Klopp vergleichbar. Aber wer ist das schon – José Mourinho auch nicht. Wenn alle so wären wie Klopp, wäre es wahrscheinlich auch nicht gut. Es ist falsch da Parallelen zu suchen. Favre hat seine Qualitäten bereits mehrfach nachgewiesen. Der Meisterschaftskampf in dieser Saison wird eine enge Kiste bis zum Schluss.
Was halten sie von den beiden anderen Schweizern, Urs Fischer bei Union Berlin und dem etwas exotischen Martin Schmidt in Augsburg?
Urs ist sehr bodenständig, weiß genau, was er will. Union ist genau der Verein, der perfekt zu ihm passt. Sie sind auch nach dem Aufstieg gut mit dabei – und ich glaube nicht, dass sie nachlassen werden. Martin Schmidt ist vielleicht ein bisschen anders als andere und hat spezielle Ideen – aber die scheint er gut vermitteln zu können.
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Gleich sieben Bundesligisten gingen mit einem neuen Trainer in die Saison. Wird man heutzutage immer früher in Frage gestellt?
Wir müssen das akzeptieren, aber es ist natürlich nicht angenehm. Das Problem ist, dass 15 von 18 Klubs meinen, sie müssten auf den ersten vier Plätzen stehen – was nicht möglich ist. Da muss man analysieren, welche Möglichkeiten man wirklich hat und die Kirche auch mal im Dorf lassen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten Klartext sprechen, wie die Ziele aussehen, damit der Trainer nicht im Regen steht.
Kommt eine Bundesliga-Rückkehr für Sie nochmal in Frage?
Ich wollte nach meiner Zeit als österreichischer Nationaltrainer wieder zurück in den Klubfußball, mit dem FC Basel konnte ich diesen Schritt umsetzen. Natürlich ist die Bundesliga eine Topliga, die ich kenne und die ich immer für spannend halte.
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