Am vergangenen Dienstag war das Stadion in Lusail für Lionel Messi & Co. von einem der wohl ungemütlichsten Orte der Karriere endgültig zur Wohlfühloase geworden. Nach dem Einzug ins Endspiel der Weltmeisterschaft in Katar hatten die Spieler einen Kreis in der Nähe der eigenen Auswechselbank gebildet, sprangen in die Luft und sangen. Einige von ihnen hatten ihr Trikot ausgezogen. Auf den Rängen das gleiche Bild: Argentiniens Fans wollten die Arena nicht verlassen. Das größte Stadion der WM ist eng mit den Argentiniern verbunden. Am Ende des Turniers werden sie fünf ihrer sieben Spiele dort bestritten – und dort vielleicht den Pokal in Höhe gehoben haben.
Es wäre der Abschluss einer Mission, die kaum schlimmer hätte beginnen können. Auch ihr Auftakt vor etwas mehr als drei Wochen fand in Lusail statt. Es war eine Veranstaltung, nach der wenig auf einen argentinischen Triumphzug hindeutete. Im Gegenteil – der Traum von Messis Krönung zum Weltmeister bei seiner fünften und letzten WM drohte früh zu platzen. Das 1:2 gegen Saudi-Arabien war Argentiniens erste Niederlage seit 36 Spielen und eine der größten Sensationen der WM-Geschichte. Von einer "Schande" fabulierte die Presse in der Heimat. Doch die Pleite war ein entscheidender Wendepunkt.
Der Schock zum Start hat den Argentiniern ins Finale verholfen – so sehen sie das jedenfalls selbst. Trainer Lionel Scaloni sprach nach dem Halbfinal-Sieg gegen Kroatien darüber, wie die Mannschaft im Anschluss an den traumatischen Auftakt "die Liebe und die Unterstützung der Fans und des ganzen Landes gespürt" habe. "Das hat uns die Kraft und Energie gegeben, um uns von der Niederlage zu erholen." Messi bezeichnete den Betriebsunfall gegen Saudi-Arabien als "Feuerprobe für unseren Kader" und sagte: "Wir haben das Spiel wegen kleiner Details verloren, aber es hat uns geholfen, stärker zu werden und als Mannschaft zu wachsen."
Die Niederlage zum Start hatte Argentinien unter Druck gesetzt, die Mannschaft durfte sich danach keine Ausrutscher mehr leisten. "Jedes Spiel war wie ein Finale, und wir haben glücklicherweise alle unsere Finals gewonnen", sagte Messi. Daran hatte er entscheidenden Anteil. Er war es, der Argentinien rettete. Auch im zweiten Vorrundenspiel gegen Mexiko tat sich die Mannschaft schwer. Dann fand Messi nach etwas mehr als einer Stunde eine Lücke, die außer ihm niemand sah. Sein Flachschuss aus 20 Metern schlug im mexikanischen Tor ein, am Ende gewann Argentinien mit 2:0. Die blau-weiße WM-Kampagne hatte Feuer gefangen.
Messi ist auf einer Mission in Katar. Er will seinem Land den dritten WM-Titel schenken und endlich jene Trophäe gewinnen, die ihm noch fehlt. Und er geht voran mit seinen Leistungen. Vor dem Finale steht er bei fünf Toren und drei Vorlagen. Wenn sich Argentinien schwertut, schaut die Mannschaft zu Messi, und er liefert magische Momente – wie im zweiten Gruppenspiel gegen Mexiko, im Viertelfinale gegen die Niederlande, als er den ersten Treffer mit einem genialen Pass gegen die Laufrichtung vorbereitete, oder im Halbfinale gegen Kroatien. Er verwandelte den Elfmeter zum 1:0 und legte das 3:0 nach einem Dribbling fürs Kunstmuseum auf.
Das Finale wird Messis 26. WM-Spiel sein. Damit überholt er Lothar Matthäus und steigt zum alleinigen Rekordhalter in dieser Kategorie auf. Und es wird sein letzter Aufritt bei einer WM sein, das hat er nach dem Sieg über Kroatien bestätigt. Messis WM-Karriere könnte mit seiner Krönung enden. Danach hatte es nach dem Start gegen Saudi-Arabien nicht ausgesehen.
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