Die Nummer eins der Darts-Welt konnte sein Glück kaum fassen. Als er am Dienstagabend den letzten Pfeil zum 7:4-Sieg gegen Michael van Gerwen ins benötigte Doppelfeld geworfen hatte, gratulierte Michael Smith dem unterlegenen Finalgegner brav, bog dann ab und umarmte neben der Bühne seine Frau und seine beiden Söhne. Danach schrie der Engländer vor Freude, jubelte und weinte.
Im dritten Anlauf nach den verlorenen Endspielen 2019 und 2022 hat Smith den Weltmeister-Titel geholt und die rund 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy im Darts-Tempel Alexandra Palace im Norden Londons in die Höhe gestemmt. Damit führt er nun die Weltrangliste an.
Bis November 2022 hatte Smith acht Finals bei großen Turnieren verloren. Der Knoten platzte vor rund sechs Wochen, als er den Grand Slam of Darts gewann. Nun folgte auf der größten Bühne der begehrteste Titel mit dem höchsten Preisgeld – der 32-Jährige erhält umgerechnet 570.000 Euro.
Clemens: "Auf der Bühne gut performt"
Die Geschichte von Smith könnte Gabriel Clemens als Beispiel dienen, wie ein steiler Aufstieg im Darts-Kosmos aussehen kann. Im Halbfinale war der beste deutsche Profi an ihm gescheitert, hatte aber allein mit dem Einzug in die Vorschlussrunde im "Ally Pally" schon Historisches erreicht. Der Saarländer stand vor zwei Jahren als erster Deutscher im Achtelfinale, verbesserte dies nun erst mit dem Viertelfinal- und dann mit dem Halbfinaleinzug.
Zum WM-Start war Clemens die Nummer 26 der Welt, nun hat er sich auf Rang 19 verbessert. Bislang waren die Aufritte auf großen Bühnen vor TV-Kameras nichts für den sympathischen und zurückhaltenden Profi aus Saarwellingen. "Ich glaube, ich habe dieses Mal auf der Bühne wirklich gut performt, und ich gehe davon aus, dass es so bleibt", sagte Clemens nach der Niederlage gegen den späteren Champion Smith, der im Turnierverlauf in der Runde der letzten 16 mit Martin Schindler auch Deutschlands Nummer zwei knapp geschlagen hatte.
"Diese WM war für Clemens der Aha-Moment", sagt DAZN-Kommentator Elmar Paulke, die deutsche Stimme des Darts-Sport, dem SPORTBUZZER, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). "Er hat nun verstanden, auf welchem Niveau er auch dort spielen kann." Clemens muss nun seine Topleistung der vergangenen Tage nutzen, um "den nächsten Schritt zu machen", meint Paulke.
Hierzulande fieberten so viele Fans vor den Bildschirmen mit wie noch nie: 3,78 Millionen Menschen in der Spitze schalteten bei Sport1 ein, um Clemens gegen Smith spielen zu sehen.
Auch wenn der ganz große Coup ausblieb, ist das Darts-Publikum in Deutschland gewachsen. Fragt sich nun: Wie nachhaltig ist der Hype? Es folgen zahlreiche Turniere, unter anderem die Premier League, bei der die Top 4 der Welt und vier Teilnehmer mit Wildcards dabei sind. Wird Clemens dazugehören, sind ihm und damit dem deutschen Zuschauer 16 Spieltage garantiert, unter anderem einer in Berlin.
Hype nach Clemens-Erfolg? Paulke: "Die Chance ist da"
Vieles wird davon abhängen, ob Clemens weiterhin erfolgreich sein wird, „häufiger auch mal im Viertelfinale oder Halbfinale steht“, sagt Paulke. Der deutsche Erfolg wird wie in anderen Sportarten der Faktor sein. "Die Chance ist da", ergänzt der Darts-Experte.
Smith brauchte den erlösenden Turniersieg Ende November, um das Selbstvertrauen zu haben, auch Weltmeister werden zu können. Damit Clemens der Durchbruch über diese WM hinaus gelingt, sollte der 39-Jährige an ihn denken, der nach seinem ersten großen Wurf seine nächsten Schritte machte – und nun die Nummer eins der Welt ist.
Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis