Leipzig. Abwechselnd machen sich Tim und Tillmann startbereit. Konzentriert blicken sie nur geradeaus und stemmen ihre Füße gegen das Holzbrett, bevor sie sich ruckartig abstoßen und den Bob mit schnellen, kurzen, kraftvollen Schritten nach vorne wuchten.
Vom einsetzenden Schneeregen bekommen die beiden jungen Bobsportler nichts mit. Denn heute stehen sie nicht im Starthaus der Bobbahn in Altenberg, sondern in der Sprinthalle am Leipziger Sportforum, vor Wind und Wetter geschützt. Der Bob: Ein Metallgestell auf Rollen. Tim und Tillmann sind Teil eines Projekts des SC DHfK. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Bobanschieber und Skeletonfahrer auszubilden – in der Messestadt. Dafür kooperiert der SC DHfK mit dem Bob und Skeleton Club Sachsen Oberbärenburg, der schon Bobgrößen wie Francesco Friedrich hervorgebracht hat, der sich an diesem Dienstag bereits zum dritten Mal Olympiagold sichern konnte.

„Für so manche Leichtathleten, die den Sprung in die absolute Spitze nicht schaffen, gibt es kaum eine sportliche Perspektive. Also habe ich überlegt, welches sinnvolle Angebot man den Sportlern machen könnte und bin so bei der Idee mit dem Bob gelandet“, sagt René Hecking, Abteilungsleiter für Leichtathletik des SC DHfK. Sein Traum: In vier Jahren soll es bei den olympischen Winterspielen in Cortina d’Ampezzo einen Bob mit Beteiligung des SC DHfK geben.
Neue Talente finden
Dass das durchaus realistisch ist, bekräftigt auch David Friedrich, Landestrainer im Skeleton und Bruder von Francesco Friedrich. Auch er steht an diesem Tag in der Sprinthalle im Schatten der Red-Bull-Arena. „Viele Leichtathleten wechseln erst später in den Bob. Das ist ja kein Sport, den schon kleine Kinder machen. Auch weil es ein Mindestalter gibt“, erklärt David Friedrich. Für den Erwerb der für internationale Wettkämpfe benötigten Rennlizenz liegt es bei 15 Jahren.

„Die größte Herausforderung für die Quereinsteiger ist das Bergablaufen und der neue, eisige Untergrund“, sagt Friedrich. Vor allem Sprinter und Weitspringer bringen aber mit ihrer Schnellkraft optimale Voraussetzungen für den Eiskanal mit. „Das Projekt des SC DHfK ist sehr interessant. Das Leipziger Land ist aus Sicht des Kufensports noch nicht erschlossen und relativ unbefleckt. Ich hoffe, dass wir hier nun neue Talente finden können“, sagt der Landestrainer.
Weg zum Bobsport
Während René Hecking und David Friedrich ihre Pläne erklären, spulen der 18-jährige Tim und der erst 14-jährige Tillmann weiter ihr Trainingsprogramm ab. Tim war eigentlich Weitspringer und zunächst nicht von der Idee überzeugt, zukünftig einen Bob in die Bahn zu schieben. „Als mein Trainer das vorgeschlagen hat, habe ich mich zuerst darüber lustig gemacht. Nach dem Motto: Zum Bob geht nur, wer es in der Leichtathletik nicht schafft.“ Doch dann probierte er es einfach aus und war sofort begeistert. „Das ist schon ein enormer Kick, gegen so ein 165 Kilo Gerät zu drücken.“ Bei den Deutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende schafften Tim und sein Team es bei den Junioren schon auf das Treppchen und belegten Rang drei, bei den Senioren immerhin Rang vier.
Auch Tillmann fand eher zufällig seine neue Leidenschaft. Eigentlich ist er Judoka. Doch im Urlaub in Altenberg besichtigte er mit seiner Familie die dortige Bobbahn und wollte es einfach einmal probieren. Als er dann am Start im Monobob, den auch schon 13-Jährige fahren dürfen, saß, bekam er Zweifel. „Als ich gefragt wurde, ob ich bereit bin, dacht ich nur: Was mach ich hier überhaupt?“, beschreibt der 14-Jährige seine Gefühle vor der ersten Fahrt. Doch inzwischen ist das flaue Gefühl im Magen längst der Leidenschaft für den Bob gewichen. Tillmann hat eine Bobpilotenausbildung begonnen und wird zum kommenden Schuljahr ans Sportinternat nach Altenberg wechseln, um seinen Zielen ein Stückchen näher zu kommen.
Er träumt davon, irgendwann an Olympischen Spielen teilzunehmen. „Beim Judo sollten wir einmal aufschreiben, was unsere Träume und Ziele sind. Da habe ich das auch geschrieben – in welcher Sportart habe ich aber für mich behalten“, sagt der 14-Jährige mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Info: Wer es Tim und Tillmann gleichtun und sich in den Eiskanal stürzen will – egal ob im Bob oder auf dem Skeleton – kann sich einfach unter info@scdhfk-laz.de melden. Und vielleicht schaffen es die ersten sogar am 5. März nach Altenberg zum nächsten Sichtungstermin.
Tim Herholz
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