Nein, das, was die RB-Anhängerschaft in Schottland erledigt hat, nicht mit dem zu vergleichen, was die Fans der Glasgow Rangers vor Wochenfrist in Leipzig abgerissen haben. Schon allein die Zahlen lügen nicht. 1000 Sachsen kamen nach Glasgow, den umgekehrten Weg waren acht Mal so viele Rangers gegangen. So lauten jedenfalls die offiziellen Zahlen.
Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, hier finden zwar immer wieder kleine Grüppchen zueinander. Ein großes Miteinander, wie es die Schotten gerade vorgemacht und zelebriert haben, das fehlt. Mag man sich auch noch so sehr mit Trikots, Fanschals, Hörnern und ähnlichen Utensilien ausstatten, nahezu alles verläuft sich in den Untiefen der City. Und wenn die Masse fehlt, leidet die Lautstärke. Statt ohrenbetäubend-ausufernder Fanparty erinnert all das eher an einen gesitteten Familienausflug. Tagebuch einer Reise mit, zwischen und neben den Fans von RB Leipzig.
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Kapitel 1 – der Flug
Den ersten Applaus des Tages erheischt Jasmin vom Reisebüro, die die Fans an Bord begrüßt. Kein Wunder: Schließlich gewährleistet Jasmin die rundum-sorglos Betreuung, wird alle Mann vom Flugzeug in acht Busse verfrachten, in der Innenstadt freie Zeit verordnen und dann wieder alle gemeinsam in Bussen zum Stadion befördern. So zumindest lautet der Plan.
In der Luft herrscht dann verdächtige Stille. Die meisten gönnen sich nach dem frühen Aufbruch zwei bis drei Mützen Schlaf. Immerhin gehört mein Sitznachbar zur unterhaltsamen Sorte. Er bestellt bei der italienischen Stewardess in feinstem angelsächsisch "Orangen Juice, please". Höflichkeit überwindet grammatikalische Hürden. Irgendwo zwischen Groningen und Perth kommt aber auch er nicht an der Erkenntnis vorbei: "die komplette Ruhe hier." Da herrschte am frühen Morgen in der S-Bahn irgendwie mehr (Miss-)stimmung.
Größter Aufreger bis dato: Mit der Landung öffnet sich eine Gepäckablage ungefragt. Zum Glück stand keine Kiste Bier da oben. Das wäre den Schotten nicht passiert. Was in diesem Fall Glück und Pech zugleich bedeutet.
Kapitel 2 – die Busfahrt
Klingt unspektakulär, aber schon der Einstieg lässt Großes erwarten. Damit niemand Jacke oder Hut ablegen muss, hat der umsichtige Fahrer die Klimaanlage auf etwa zehn Grad heruntergeregelt. Gelebte schottische Gastfreundschaft. Er selbst trägt übrigens ein T-Shirt. Womöglich deshalb, weil er eine altertümlich anmutende Tätowierung präsentieren möchte, die vermutlich ein Leichtmatrose bei schwerer See mit einer Rouladennadel gestochen hat.



Dann beginnt das große Warten. Fast eine Stunde dauert es, ehe sich die Kolonne in Bewegung setzt. „Hauptsache, es regnet nachher nicht“, sagt ein älterer Herr und blickt besorgt dem natürlich Wolken verhangenen schottischen Himmel entgegen. Ob das womöglich ein Vorteil für Glasgow wäre? "Es wird so oder so schwer." Hier finden Fußball- und Lebensweisheiten auf engstem Raum zusammen.
Kapitel 3 – das Pub
Der Bus hält nahezu direkt neben einem Pub, der in jeder Ecke Celtic huldigt, dem ewigen Rangers-Rivalen. Wobei es sich in diesem Fall wohl eher um eine ausgewachsene Feindschaft handelt. Für die RB-Fans heute der passende Ort. Sie schlürfen das, was der Brite so für Bier hält. In dieser Atmosphäre erfreuen sich die Leipziger einer ungeahnten Beliebtheit. Immer wieder stellen sich Menschen mit glänzenden Augen neben die Tische, wünschen „good luck“ und schütteln Hände.
Und es wird noch besser: Nebenbei laufen Höhepunkte der bisherigen RB-Saison. Zwischendrin verteilt eine Kellnerin Sandwiches – kostenlos. Das stellt selbst die Gastfreundschaft des Busfahrers in den Schatten.
Kapitel 4 – der Platz
Georges Square heißt der prunkvolle zentrale Platz der Stadt. Von hier aus soll am frühen Abend der Fanmarsch gen Stadion ziehen. Doch am Nachmittag sind Einheimische und einheimische Tauben eindeutig in der Überzahl. „Das ist alles ein bisschen blöd gelaufen mit der Organisation. Eigentlich wollten sich ja alle hier treffen“, erzählt einer in RB-Kluft.
Nur kommen eben die meisten vereinzelt an, ziehen dann wieder ab und verteilen sich in den umliegenden Pubs. Eine konzertierte Aktion sieht anders aus. Der Fanmarsch, der um 17 Uhr Ortszeit beginnen soll, ist die einzige Orientierungszeit. Und auch der fällt schließlich aus. Laut Aussage eines Fans wegen fehlender Orga Auch ansonsten gibt es offenbar keine Absprachen. Das macht eine Stimmung, wie sie die Rangers-Fans vor Wochenfrist auf Leipzigs Marktplatz verbreiteten, schlicht unmöglich. Die Tauben auf George Square freut es. Fortsetzung folgt am Freitag mit Teil 5 – das Stadion.