Einen Tag nach dem Skifahren im österreichischen Zillertal bei strahlendem Sonnenschein wurde Julian Nagelsmann kalt erwischt. Die Meldung, dass der Trainer des FC Bayern seinen Job los sein wird und Thomas Tuchel ihn unmittelbar ersetzen soll, machten die Runde, ohne dass der 35-Jährige davon gewusst hat. "Nein", sagte Nagelsmann auf Kicker-Anfrage, ob er schon von einer bevorstehenden Entlassung erfahren habe. Und diese Riesen-Überraschung kam direkt vor dem Bundesliga-Kracher gegen den aktuellen Tabellenführer Borussia Dortmund am 1. April.
Mittlerweile ist das Nagelsmann-Aus bei den Bayern offiziell. Am Freitagnachmittag vermeldete der deutsche Rekordmeister die sofortige Trennung. Thomas Tuchel übernimmt – wie zuvor berichtet – das Amt an der FCB-Seitenlinie. Der 49-Jährige wird bereits am Montag sein erstes Training leiten. Bis zum Topspiel gegen den BVB bleibt dem ehemaligen Chelsea-, PSG- und Dortmund-Coach nicht mehr viel Zeit.
Sicher ist: Öffentlich hatte zuletzt keiner der Verantwortlichen des deutschen Rekordmeisters die Personalie Nagelsmann in Frage gestellt – im Gegenteil taten die Münchener Bosse die Unruhe rund um den jungen Coach als von den Medien gemacht ab. Der SPORTBUZZER, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), fasst einige Aussagen aus der Führungsetage des deutschen Rekordmeisters zusammen, die sich nun als leere Worthülsen entpuppen.
Hainer über Nagelsmann: "Trainerdiskussion kam von außen"
Noch am Montag - also drei Tage vor der Entlassung - erschien ein großes Interview mit Vereinspräsident Herbert Hainer im Kicker. Der ehemalige Adidas-Chef sagte dort wörtlich: "Die Trainerdiskussion zwischendurch kam von außen, die haben nicht wir vom Zaun gebrochen." Stattdessen plane Bayern "mit ihm langfristig", was der Klub "mit einem Fünfjahresvertrag dokumentiert" habe, weil Nagelsmann "unheimlich gut" zu den Münchenern passe.
Salihamidzic über Nagelsmann: "Alle Diskussionen unnötig"
Als Bayern vor rund einem Monat mit 2:3 gegen Borussia Mönchengladbach verloren hatte, stand der Ex-Leipziger nicht nur wegen des Ergebnisses besonders unter Druck. Gerade war es ein wenig ruhiger geworden nach der Entlassung von Torwarttrainer Toni Tapalovic, die dazu führte, dass Kapitän Manuel Neuer in einem Interview die Klubbosse öffentlich attackierte. Dann kam Nagelsmanns Schimpftirade gegen Schiedsrichter Tobias Welz im Kabinentrakt des Gladbacher Stadions. Trotzdem stellte sich Sportvorstand Hasan Salihamidzic hinter den Trainer und sprach in der Sport Bild betont von einem "Langzeitprojekt" mit Nagelsmann. Mehr noch: "Es nervt mich! Es ärgert mich! Alle Diskussionen sind unnötig. Ich wünsche mir, dass man unseren Trainer in Ruhe arbeiten lässt!"
Bayern-Boss Kahn: "Das ist ein bisschen übertrieben"
Vorstandschef OIiver Kahn hatte Nagelsmann ebenfalls jüngst noch aus der Schusslinie genommen. Vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Paris Saint-Germain sagte der Ex-Weltklassetorhüter bei Amazon Prime Video: "Das jetzt immer auf den Trainer zuzuspitzen, das ist ein bisschen übertrieben."
Hoeneß mit kurioser Nagelsmann-Prophezeihung
Nun also der Sinneswandel. Besonders kurios ist eine Aussage von Uli Hoeneß vor dem Rückspiel gegen PSG in München. Er sprach sogar von einer "Kampagne" gegen Nagelsmann. "Wenn alles so kommt, wie ich das glaube, werden wir in sechs bis acht Wochen das Thema Nagelsmann nicht mehr diskutieren", sagte der FCB-Ehrenpräsident der Abendzeitung. Was wie eine Prophezeihung klang, war von Hoeneß zu jenem Zeitpunkt sicherlich aber noch anders gemeint.
Nagelsmann und seine Freizeitgestaltung
Fast schon ironischerweise äußerte sich Nagelsmann selbst gerade in der Welt am Sonntag über seine Freizeitgestaltung: "Meinen Flugschein habe ich abgebrochen und mein Leichtflugzeug verkauft – ohne Flugstunde, wegen mangelnder Zeit." Weil ihn der Trainer-Job oft daran hindere, andere Interessen und Hobbys auszuleben, schloss er für sich auch aus, bis ins hohe Alter an der Seitenlinie zu stehen. Zunächst wird er das auch nicht mehr tun und stattdessen mehr Zeit für seine extravaganten Hobbies haben.
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