15. Mai 2021 / 16:01 Uhr

Nagelsmann rechtfertigt Entscheidungen im Pokalspiel: „Analyse ist Aufgabe des Trainers“

Nagelsmann rechtfertigt Entscheidungen im Pokalspiel: „Analyse ist Aufgabe des Trainers“

Elena Boshkovska
Leipziger Volkszeitung
Cheftrainer Julian Nagelsmann von RB Leipzig schaut vor dem DFB-Pokal-Endspiel zwischen RB Leipzig und Borussia Dortmund im Olympiastadion am 13. Mai 2021 in Berlin zu. Sportstadien in ganz Deutschland unterliegen aufgrund der Coronavirus-Pandemie weiterhin strengen Beschränkungen, da die Gesetze der Regierung zur sozialen Distanzierung Fans in Veranstaltungsorten verbieten, was dazu führt, dass Spiele hinter verschlossenen Türen gespielt werden.
Julian Nagelsmann kann nachvollziehen, dass die Fans nach der Niederlage im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund verärgert sind. © Filip Singer - Pool/Getty Images
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Schon über die Startaufstellung von RB Leipzig beim Pokalfinale gegen Borussia Dortmund wurde heiß diskutiert, im Spiel wurde die Kritik dann nur noch schärfer. Die Fans und Nutzer sozialer Medien stellten die Entscheidungen von Julian Nagelsmann in Frage. Nun erklärt er, was dahinter steckte.

Leipzig. Nach dem Pokalfinale hagelte es Kritik an RB Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann. Bei der Startaufstellung bemängelten viele Fans, dass Leistungsträger, wie Emil Forsberg und Yussuf Poulsen nicht von Anfang an spielten. „Grundsätzlich kann ich jeden Frust der Fans verstehen“, so der Bullen-Coach nach der verpatzten Chance auf den ersten Titel. Die Nächte nach dem Finalspiel seien nicht berauschend gewesen. „Man macht sich ja Gedanken, auch über Aufstellungen und Entscheidungen, die man getroffen hat“, gab Nagelsmann zu.

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Ohne Forsberg und Poulsen in der Startelf

Nicht jede seiner Entscheidungen könne er bis ins Detail erklären, sagte er im Nachgang des Spiels. Aber alles habe seine Gründe. „Emil hat zuletzt sehr starke Spiele gemacht, aber nicht von Beginn an, sondern erst wenn er eingewechselt wurde und der Gegner nicht mehr diesen vollen Elan hatte. Zum Beispiel im Halbfinale gegen Bremen. Er hat die Spiele entschieden, wenn er nicht von Beginn an selbst einen extremen Abnutzungskampf hat.“ Der Schwede fiel sechs Wochen aus und der Trainer betonte oftmals, dass er nach seinen Verletzungen auch noch ein bisschen Zeit brauche, um wieder reinzukommen, wie auch im vergangenen Jahr. „Seine stärksten Spiele nach seiner Verletzung waren aus der Joker-Rolle und nicht von Anfang an.“

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Für die Entscheidung gegen Yussuf Poulsen habe die Tatsache gesprochen, dass der Däne etwa drei Wochen nicht trainiert hatte. „Er hatte eineinhalb Einheiten hinter sich und war kollektiv noch nicht so weit.“ Zudem habe die Spielanalyse der bisherigen Begegnungen gegen Dortmund ergeben, dass die Duelle zwischen Poulsen und BVB-Verteidiger Mats Hummels „speziell“ gewesen seien. „Wir haben den Fokus drauf legen wollen, wer Hummels mehr Probleme bereitet. So kamen wir relativ schnell auf Hee-chan Hwang, weil er es im Liga-Spiel zuvor sehr gut mit seinem Tempo, mit seinen tiefen Laufwegen und mit seiner Torvorlage gemacht hat. Er hat Hummels und auch Akanji extrem beschäftigt.“

Sørloths Startelfeinsatz und Position werden heiß diskutiert

Was die Fans zudem noch beschäftigt habe, sei der Einsatz von Alexander Sørloth. „Wenn er nicht spielt, heißt es, ich gebe dem teuersten Neuzugang kein Vertrauen. Jetzt habe ich es ihm gegeben.“ Zudem hätten die RB-Anhänger auch die Position des Norwegers in Frage gestellt. „Warum spielt er auf dem rechten Flügel? Auch das ist relativ leicht erklärt: Er hatte nicht allzu viele Top-Spiele, die er bei uns gemacht hat. Aber viele, in denen er auf dem richtigen Weg war. Und dann hat er zwei sehr gute Spiele gemacht: Einmal gegen Wolfsburg – auf dem rechten Flügel. Und zum anderen gegen Hoffenheim nach der Einwechslung – auf dem linken Flügel. Gegen Borussia Mönchengladbach hat er in den letzten 20 Minuten das Spiel entschieden – auf dem rechten Flügel.“

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Auch die Analyse, wo der BVB die meisten Tore kassiert, habe ergeben, dass sich Sørloth für die angedachte Position eigentlich hätte eigenen sollen. „Dortmund kassiert sehr viele Tore in den Spielen auf dem zweiten Pfosten, gerade gegen Raphael Guerreirro, der ein sehr offensiver Verteidiger ist. Deshalb haben wir Alex mit seiner Kopfballstärke und seinem Tempo ins Spiel gebracht. Mit seinen 35 Kilometern pro Stunde ist er deutlich schneller, als die beiden Verteidiger, die links hinten bei Dortmund spielen.“ Dass die Performance nicht so gewesen sei, wie erhofft, habe dann die Reaktion zur Halbzeit ausgelöst. Für ihn kam Poulsen, für Hee-chan Hwang bestritt Christopher Nkunku die Partie.

„Stimmung zwischen Trainer und Mannschaft kann nicht so schlecht sein“

Trotz aller Rechtfertigungen und Erklärungen betonte Nagelsmann am Samstag bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Wolfsburg (Sonntag, 20.30 Uhr/Sky) erneut, dass er den Frust verstehe. „Ich hätte auch gerne gewonnen. Das haben wir aber nicht. Wir haben zweimal in vier Tagen gegen Dortmund verloren. Die Aufgabe des Trainers ist aber immer noch, das alles sachlich und objektiv zu betrachten und die Spiele zu analysieren. Das ist nicht die Aufgabe der Fans.“

Zudem beklagte er die Annahmen der Anhänger, dass die Stimmung in der Mannschaft unter seinem Wechsel zum FC Bayern gelitten habe. „Wenn ich die zweite Halbzeit sehe und welche Charakterleistung die Jungs gebracht haben – da war ich übrigens auch noch dabei – dann kann die Stimmung zwischen Trainer und Mannschaft nicht so schlecht sein“, gab der Bullen-Coach den Einblick in seine Strategie und die Gedanken danach.