25. November 2022 / 14:52 Uhr

Niederländisches Fußball-Märchen: Wie es Andries Noppert vom Nobody zum WM-Keeper schaffte

Niederländisches Fußball-Märchen: Wie es Andries Noppert vom Nobody zum WM-Keeper schaffte

Hendrik Buchheister
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Andries Noppert absolvierte bei der WM 2022 sein erstes Länderspiel.
Andries Noppert absolvierte bei der WM 2022 sein erstes Länderspiel. © IMAGO/Agencia MexSport (Montage)
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Vor einem Jahr kannte ihn noch niemand. Andries Noppert schaffte es vom ewigen Bankdrücker ins WM-Tor der Niederlande. Eine Geschichte, die Stoff für eine Hollywood-Verfilmung bietet.

Louis van Gaal ist bekannt für unvorhersehbare Manöver. Ein schönes Beispiel dafür war bei der WM 2014 zu bestaunen, im Viertelfinale gegen Costa Rica. Vor dem Elfmeterschießen holte er seinen Stammtorwart Jasper Cillessen vom Feld und brachte Ersatzmann Tim Krul. Cillessen war nicht erfreut, doch der riskante Wechsel erzielte die gewünschte Wirkung. Krul wurde mit seinen Psychotricks gegen Costa Ricas Schützen und zwei gehaltenen Elfmetern zum Helden und verhalf den Niederlanden zum Weiterkommen. Van Gaal lag wieder einmal richtig, wie er überhaupt immer richtig liegt, zumindest sieht van Gaal selbst das so.

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Bei der WM in Katar überrascht der exzentrische Trainer mal wieder mit der Wahl seines Torwarts. Er verwehrte dem mittlerweile 33 Jahre alten Cillessen einen Platz im Kader und begründete das mit dessen schwacher Form ("Ich weiß nicht, ob Sie zuletzt seine Leistungen gesehen haben"). Auch den Freiburger Mark Flekken ließ van Gaal zu Hause. Das niederländische Tor hütete beim 2:0 zum WM-Start gegen den Senegal ein Mann namens Andries Noppert, und wenn man bei dem umstrittenen Turnier ein Fußballmärchen sucht – seine Geschichte ist eins. Sie bietet Stoff für Hollywood.

Die kuriose Karriere von Andries Noppert

Noppert machte gegen den Senegal sein erstes Länderspiel überhaupt, dabei ist er schon 28 Jahre alt. Seine Karriere schien mehrfach vorbei zu sein, insgesamt hat er erst 45 Profieinsätze im Lebenslauf stehen, seine Jobbezeichnung war lange: Bankdrücker. Noppert kommt aus der Jugend von Heerenveen, schaffte es dort aber nicht in den ­A-Kader. Stattdessen tingelte er durchs fußballerische Niemandsland, stand bei NAC Breda unter Vertrag, war Ersatz beim italienischen Zweitligisten Calcio Foggia und wurde an den FC Dordrecht aus der zweiten Liga der Niederlande ausgeliehen, wo er sich ebenfalls nicht durchsetzen konnte. Ein halbes Jahr hatte Noppert keinen Klub. Die Legende besagt, dass seine Familie ihn anflehte, den Traum vom Leben als Profi aufzugeben und stattdessen Polizist zu werden.

Anfang 2021 fand Noppert eine Anstellung bei den Go Ahead Eag­les Deventer, doch auch da war er lange nur zweite Wahl – bis sich Stammtorwart Warner Hahn im Januar dieses Jahres einen Patzer leistete. Noppert bekam seine Chance und nutzte sie. Er verhalf dem Klub zum Klassenerhalt in der Eredivisie und verdiente sich eine Rückkehr zu seinem Heimatverein Heerenveen. Dort ist er zum ersten Mal in seiner Karriere Stammspieler, empfahl sich für die WM und erhielt beim 2:0 gegen den Senegal den Vorzug vor den Torhütern der niederländischen Riesen Ajax Amsterdam (Remko Pasveer) und Feyenoord (Justin Bijlow).

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Noppert glänzt gegen den Senegal

Bei seinem Debüt im Nationaltrikot zeigte Noppert eine starke Leistung, während auf der Gegenseite der amtierende Welttorhüter Édouard Mendy bei beiden Gegentoren schlecht aussah. Mit mehr als zwei Metern ist Noppert der größte Spieler der WM. Er ist stark in der Luft und erstaunlich explosiv bei Paraden. Mit seiner Statur erinnert er an den legendären Edwin van der Sar, der mit Ajax und Manchester United die Champions League gewann und nach Wesley Sneijder die meisten Einsätze für die Niederlande gemacht hat.

Beim zweiten Spiel der WM in Katar an diesem Freitag gegen Ecuador (17 Uhr, ARD und Magenta TV) dürfte Noppert das nächste Kapitel seiner Geschichte schreiben. Er weiß, wem er dafür zu danken hat. Es sei egal, ob seine Nominierung logisch sei oder nicht, sagt er: "Es gibt nur einen Mann, der so eine Entscheidung trifft." Natürlich, dieser: Louis van Gaal.

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