Dresden/Leipzig. Als am Freitagabend die Eckpunkte für die noch im Landtag zu beschließende neue sächsische Corona-Schutzverordnung bekannt wurden, da reagierten die Verantwortlichen der großen Sportvereine im Freistaat enttäuscht und fassungslos, denn die darin angedachte Wiederzulassung von 250 Zuschauern bei Sportveranstaltungen mildert die wirtschaftlich prekäre Situation für die Großvereine keineswegs. Sie kommt gerade bei den besonders publikumsträchtigen Fußball-Profivereinen praktisch einer Fortführung des aktuell noch gültigen Zuschauerausschlusses gleich. Doch nicht nur Dynamo Dresden oder RB Leipzig sind frustriert und hoffen auf Nachbesserungen, auch kleinere Vereine aus anderen Mannschaftssportarten wünschen sich eine Korrektur.
Jürgen Wehlend, kaufmännischer Geschäftsführer von Dynamo, ist mit den bisher bekannten Vorschlägen der Landesregierung nicht glücklich: „Wenn sie sehen, dass 1000 Leute bei einer Messe zugelassen sind und auf der anderen Seite Fußballstadien mit ausgewiesenen und bewährten Sicherheitskonzepten nahezu leer bleiben, dann stößt man an seine Grenzen, was das Verständnis angeht.“ Das Hygienekonzept bei Dynamo sei sicher: „Wir haben ein 32.000-Mann-Stadion – wenn man da 20 Prozent reinlässt, dann sind die gemeinsam mit den Behörden erarbeiteten Sicherheitsvorschriften so ausreichend, dass da kein Infektionsgeschehen zustande kommt.“ Dass man große Stadien wie in Dresden, Leipzig, Aue, Chemnitz oder Zwickau mit kleineren Sporthallen auf eine Stufe stellt, sei nicht nachvollziehbar. Mit 250 Fans im Harbig-Stadion könne man zwar diesen einen Gefallen tun, schließe aber viele, viele andere aus. Eine wirtschaftliche Hilfe sei das für Dynamo ohnehin nicht.



Lösungen für Menschen
Auch bei RB Leipzig bliebe es praktisch bei Geisterspielen. Bei 250 Fans in einem Rund mit über 40.000 Sitzplätzen hätte jeder Zuschauer gut 150 freie Schalen um sich herum. „Der aktuelle Entwurf, der zur Folge hat, dass wir unsere kommenden Heimspiele vor den Augen von lediglich 250 Zuschauern unter freiem Himmel im Stadion durchführen dürfen, ist für uns enttäuschend und nicht nachvollziehbar“, so die Roten Bullen auf Anfrage. Sie hoffen auf ein Umdenken der Politik und eine Zulassung von deutlich mehr Fans. „Wir brauchen Lösungen für Menschen, die sich haben impfen lassen, die sich testen lassen – wir müssen ein Leben und eine Freizeitgestaltung mit der bald zwei Jahre andauernden Pandemie ermöglichen. Das gibt den Menschen Zuversicht und positive Energie und schafft gleichzeitig eben auch Anreize, sich impfen und testen zu lassen.“
Hermann Winkler, der Präsident des Sächsischen Fußballverbands, forderte: „Wir brauchen keine willkürlich festgelegte Zuschauerzahl von 250, sondern eine den örtlichen Möglichkeiten entsprechende praktikable und sinnvolle Lösung.“ Der 58-Jährige fordert eine Gleichbehandlung des Sports mit den Messen ein, also eine Zulassung von mindestens 1000 Zuschauern.
„Fühle mich verarscht“
Auch Karsten Wöhler, der Manager des Handball-Zweitligisten HC Elbflorenz, hat einen klaren Standpunkt: „Natürlich sind 250 Zuschauer zu wenig. Das rechnet sich überhaupt nicht. Natürlich sind wir froh, überhaupt wieder Stimmung in der Halle zu haben und auch unsere Sponsoren zu empfangen. Schön wären zumindest 30 Prozent der Kapazität. Eigentlich haben wir ja auch ein genehmigtes Hygienekonzept, nach dem 980 Zuschauer erlaubt wären. Das wäre unser Wunsch, selbst wenn das auch nicht wirklich kostendeckend ist.“
Rico Gottwald, der Geschäftsführer des Basketball-Drittligisten Dresden Titans, tut sich schwer, die unterschiedliche Bewertung von Sportevents und anderen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen nachzuvollziehen: „Dass Messen mit bis zu 1000 Leuten zulässig sind, bei Sportveranstaltungen über drei Stunden und mit Hygienekonzept aber nur 250 Zuschauer reindürfen, finde ich nicht sehr charmant gelöst. Ich finde das unlogisch, dass man das so bewertet. Ich fühle mich da ein Stück weit verarscht.“ Er würde die Möglichkeit, 250 Fans in die Margon-Arena zu lassen, nutzen, um wenigstens die bei den Titans noch überschaubaren Dauerkartenbesitzer und zudem die Sponsoren zu bedenken, „aber was machen die größeren Clubs wie die Chemnitz Niners oder die DHfK-Handballer aus Leipzig?“ Die Erstligisten hätten nicht nur 250 ViPs. Mit 1000 Plätzen in der Halle und 2000 im Freien wäre schon vielen Vereinen geholfen.
Karsten Günther, Manager der Leipziger Handballer und Sprecher der „Initiative Teamsport Sachsen“, war entsetzt, als er am Freitag von der geplanten Neuregelung erfuhr: „Meine erste Reaktion war Ungläubigkeit. Ich konnte nicht fassen, dass am Ende all unserer Bemühungen und konstruktiver Gespräche diese Zahl stand“, so Günther, der hinzufügt: „Wir hatten eindeutig aufgezeigt, dass eine Auslastung von 25 Prozent mit personalisierten Tickets, regionaler Zuordnung, 2G plus und dauerhaftem Tragen der FFP2-Maske völlig pandemieneutral funktionieren kann.“
Mit: ah, tik, fs, ahr
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