Vielleicht lässt sich das alles einfach so zusammenfassen: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Oder auch wie 96-Martin Kind meint: „Das Ganze war überflüssig wie ein Kropf.“
Aber mal von vorn, in diesem Fall vom „Anstoß“. Bei der Talkrunde der Neuen Presse am 17. November, zwei Tage vor dem Heimspiel gegen Paderborn, ist Ex-Stürmer Martin Harnik zu Gast. Ex-Torjäger Dieter Schatzschneider kritisiert dabei den damaligen Trainer Jan Zimmermann. Er sagt unter anderem: „Es steckt so gutes Potenzial in der Mannschaft, das müsste auch mal einer wecken – mit der richtigen Aufstellung und der richtigen Taktik.“ 96 spielt nur 0:0 gegen Paderborn.



Am 23. November wird Schatzschneider in die 96-Geschäftsstelle gebeten. Sportchef Marcus Mann und Justiziar Reinhold Vogelsang überreichen dem Scout eine Abmahnung – seine erste. Die Begründung: „Diskreditierende Äußerungen“ beim NP-Talk „über die Arbeit von Cheftrainer Zimmermann“. Fünf Tage später, am 27. November, verliert Zimmermann 0:4 in Karlsruhe und wird zwei Tage später freigestellt. Inhaltlich deckt sich nun Schatzschneiders Kritik an Zimmermann ziemlich mit der von 96.
Abmahnung wird aus der Akte entfernt
Schatzschneider lässt den Fall nicht auf sich beruhen und zieht vors Arbeitsgericht. An diesem Dienstag teilt dessen Direktor Kilian Wucherpfennig per Mail mit: Die Parteien haben einen Vergleich geschlossen, der Gütetermin am 18. Februar entfällt. „Inhalt des Vergleichs ist, dass das Abmahnungsschreiben vom 23.11.2021 mit Ablauf des 30.05.2022 aus der für den Kläger geführten Personalakte entfernt wird.“
Schatzschneider hält sich an die gesichtswahrende und mit 96 vereinbarte Sprachregelung. „Jeder weiß, ich rede häufig einfach frei drauflos. Im Nachhinein würde ich diese Wortwahl allerdings so nicht wiederholen.“ Dabei will er es belassen. 96-Chef Kind würde den Vorgang auch nicht wiederholen wollen. Intern sei aber der Druck damals so groß geworden, Schatzschneider sanktionieren zu müssen. Auch wenn der 96-Angestellte „sich so nicht hätte äußern dürfen“, hätte man das anders regeln können.
Zimmermann sei jedoch „in einer hochsensiblen Phase“ und entsprechend angeschlagen gewesen. Kind hat das aber nicht nur vom Ex-Havelser, sondern von diversen Trainern und Managern erfahren müssen: „Sie kritisieren alle gern. Wenn sie aber selbst kritisiert werden, werden sie sensibel und fordern einen auf zu reagieren.“ Mittlerweile sind die taktischen Defizite von Zimmermann bekannt und werden von den Spielern auch offen angesprochen. Es rechtzeitig öffentlich zu sagen, hat sich aber nur einer getraut.
Anzeige: Erlebe die Relegation zwischen dem Hamburger SV und VfB Stuttgart auf WOW und fiebere live mit!