DFB-Direktor Oliver Bierhoff zieht nach dem desaströsen Jahr der deutschen Nationalmannschaft mit dem Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft in Russland und dem Abstieg aus der höchsten Klasse der Nations League eine ernüchternde Bilanz. "Es war ein sehr schwieriges Jahr für uns. Als wir bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die EM nur aus Topf 2 gezogen wurden, war das sehr schmerzhaft", wird der 50-Jährige in der englischen Sun zitiert: "Ich würde sagen, wir sind bei einigen Dingen faul und oberflächlich geworden. Aber ich habe nicht gedacht, dass es so brutal werden würde."


Bierhoff weiter: "Es passiert in allen Ländern und im Geschäftsleben, dass es Zyklen gibt. Das ist normal. Jetzt müssen wir einige Dinge ändern. Aber vielleicht muss man eine Krise haben und unten ankommen, um zurückzukommen." Der Europameister von 1996 gab zu, dass man derzeit "ein wenig neidisch" nach England schaue: "Die Nationalmannschaft ist ein sehr interessantes, junges Team. Sie ist noch nicht ganz an der Spitze, kann aber weitere Fortschritte machen."
WM 2018: Nicht-Nominierung von Sane ein "Fehler"
Bierhoff sprach zudem über Leroy Sané, der bei Manchester City derzeit erneut groß aufspielt, vom DFB aber aus dem endgültigen WM-Kader gestrichen worden war. Eine Entscheidung, die "ein Fehler" gewesen sei. "Die Probleme mit Leroy sind positiv geklärt. Man sieht, wie er spielt. Vielleicht war es sogar ein positives Zeichen für ihn", sagte Bierhoff: "Er hat gespürt, was es bedeutet, nicht zum Team zu gehören." Sané sei jetzt "sehr motiviert" und konzentriere sich darauf, gut zu spielen.
Bierhoff über Mesut Özil: "Das Kapitel ist beendet"
Auch zum Fall Mesut Özil, der nach der WM aus dem DFB-Team zurücktrat und dabei unter anderem Rassismus-Vorwürfe gegen den Verband erhob, bezog Bierhoff kurz Stellung. Ein Comeback des Spielmachers in der Nationalmannschaft schloss er dabei aus: "Ich bin traurig, wie es zu Ende gegangen ist, aber das Kapitel ist beendet." Zuletzt hatte sich auch Bundestrainer Joachim Löw zu Özil geäußert und dabei betont, dass er es in diesem Jahr nicht noch einmal versuchen werde, Kontakt zu dem Arsenal-Profi aufzunehmen. In der Vergangenheit hatte Özil die DFB-Verantwortlichen wiederholt abblitzen lassen.
Der Ablauf der Özil-Erdogan-Affäre in Zitaten
Die Bundesliga sieht Bierhoff im Vergleich mit der Premier League derweil offenbar als abgehängt an - zumindest, was die wirtschaftlichen Möglichkeiten betrifft. Seine Schlussfolgerung: "Es scheint so, dass die Bundesliga mehr eine Ausbildungs-Liga geworden ist. Wir können die Gehälter, die in England gezahlt werden, nicht zahlen." Dabei bewertet der DFB-Manager positiv, dass mehr und mehr Top-Talente aus den großen Fußball-Nationen nach Deutschland wechseln. Davon könne auch die Nationalmannschaft profitieren.
Bierhoff freut sich über Top-Talente in der Bundesliga
"Es kommen jetzt junge Spieler aus England und Frankreich, die in ihren Ländern nicht zum Zuge kommen", sagte Bierhoff: "Unseren Klubs bietet sich dadurch die Möglichkeit, interessante junge Spieler zu bekommen." Dies helfe auch den deutschen Spielern dabei, besser zu werden.