Die Liste ist lang: Fußball-Europameisterschaft, Eishockey-Weltmeisterschaft, etliche Tennis-Turniere inklusive der renommierten French Open, Formel-1-Rennen. Man könnte diese Aufzählung fast endlos fortführen. Das Corona-Virus hat die Welt im Griff und der Sport zieht die unvermeidbaren und richtigen Konsequenzen aus dieser Umklammerung. Veranstaltungen werden verschoben oder ganz abgesagt. Unzählige Euro-Millionen gehen verloren, in vielen Ligen kämpfen Vereine um die nackte Existenz. Einzig ein Event versperrt sich weiterhin unverrückbar auf die momentante Ausnahmesituation adäquat zu reagieren: Die Olympischen Spiele.


Thomas Bach, Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), betonte erst am Samstag beim SWR erneut: "Eine Absage steht nicht auf der Tagesordnung." Klar, man spielt auf Zeit und hofft auf ein Wunder. Die Argumentationen, die dieses Hoffen untermauern sollen, werden dabei zunehmend absurder. Bach liefert das beste Beispiel, indem er sagt: "Olympische Spiele können Sie nicht verschieben wie ein Fußballspiel am nächsten Samstag. Das ist ein sehr komplexes Unternehmen, bei dem Sie nur dann verantwortlich handeln können, wenn sie verlässliche und klare Entscheidungsgrundlagen haben und die beobachten wir tagtäglich, 24 Stunden."
Die UEFA entschied sich bei der EM für den einzig richtigen Schritt
Dabei vergisst der IOC-Boss, dass es auch andernorts inzwischen um weit mehr als "ein Fußballspiel am nächsten Samstag" geht. So hat die UEFA die komplette EM um ein Jahr verschoben. Ein Turnier, das in insgesamt zwölf Ländern in Europa und Asien ausgetragen wird. Man kann diese Veranstaltung also durchaus ebenfalls als "komplexes Unternehmen" verstehen. Allerdings entschied man sich hier für den einzig richtige Entschluss: Die Gesundheit aller Beteiligten geht vor.
Internationale Pressestimmen zur Verschiebung der EM 2020
Bach argumentiert weiter, dass eine Olympia-Absage die Träume von Atheleten "zerstören" würde und die "am wenigsten faire Lösung" wäre. Doch sind zerstörte Sportler-Träume in diesen Zeiten nicht vielleicht ein akzeptabler Preis für die Gesundheit der Bevölkerung? Und was bedeutet "fair"? Die Vorbereitung auf die Spiele kann derzeit wohl kaum ein Athlet wie geplant durchführen. Und: Sogar zahlreiche Sportler selbst fordern inzwischen eine Verschiebung.
Bach und IOC tragen Verantwortung für Tausende von Menschen
Das Flair Olympischer Spiele geht zudem nicht allein vom Sport aus. Die Veranstaltung ist eine unbeschwerte Zusammenkunft von Fans aus aller Welt. Ein derzeit schwer vorstellbares Szenario - auch wenn die Spiele in Tokio "erst" am 24. Juli eröffnet werden sollen. Man könnte jetzt sagen: In vier Monaten kann sich doch tatsächlich noch vieles zum Guten wenden. Ja, das kann man. Wenn man Virologen und Experten weltweit glaubt, wird das Virus die Menschheit aber noch lange in Schach halten. Das Motto "Augen zu und durch" kann helfen, mit so einer Krise umzugehen. Aber nicht dann, wenn man die Verantwortung für Tausende von Menschen trägt. Bach und das IOC müssen ihr unwürdiges Zeitspiel beenden.
[Anzeige] Kein Bundesliga-Spiel verpassen: Checke hier die aktuellen Streaming-Angebote von WOW/Sky und DAZN.