Ein Journalist aus Deutschland? Da ist die Aufregung natürlich groß bei einigen Fans der Niederlande auf dem Weg zum ersten WM-Spiel ihrer Mannschaft gegen den Senegal im Al-Thumama-Stadion im Süden von Doha. Wenn man sie dann aber fragt, ob sie eine Meinung dazu haben, dass die Niederlande und sechs andere europäische Nationen, darunter auch Deutschland, auf Druck der FIFA entschieden haben, auf die "One Love"-Kapitänsbinde zu verzichten, haben viele Fans plötzlich kein Interesse mehr an einer Unterhaltung.
Lieber nicht, viel Erfolg noch, einen schönen Abend, sagen sie – möglicherweise, weil sie lieber nicht zu einem so kontroversen Thema in der Zeitung stehen wollen. Vielleicht aber auch einfach nur, weil sie sich jetzt wirklich auf Fußball konzentrieren wollen.
Rogiea und Torsten, beide im Oranje-Trikot, bleiben gerne stehen, um ihre Haltung zu erläutern. "Wir müssen die Kultur hier respektieren. Wenn Menschen nach Deutschland oder in die Niederlande kommen, wollen wir auch, dass sie sich an unsere Standards halten", sagen sie. Zur Erinnerung: Die Standards, um die es hier geht, ist die Tatsache, dass Homosexualität in Katar unter Strafe steht. Und weiter: "Wir sagen nicht, dass wir mit der Situation zufrieden sind, aber wenn man die WM hierher vergibt, muss man sich auch an die Regeln halten, die hier gelten. Wir sind hier zu Gast."
Van Dijk und Kane tragen Kapitänsbinde von der FIFA
Eine andere Auffassung haben Bas und Stefan. "Natürlich sollten wir das Armband tragen", sagen sie und meinen damit natürlich die "One Love"-Binde: "Alle europäischen Nationen sollten das machen, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen." Dass das nicht geschieht, liegt daran, dass die FIFA den Spielführern mit einer Gelben Karte droht, sollten sie das bunte Stück Stoff am Körper führen. Die Verbände argumentieren, dass sie es ihren Spielern nicht zumuten könnten, vorbestraft in ein Spiel zu gehen. Bas und Stefan haben eine herrliche Idee, wie die FIFA-Drohung ihren Schrecken verlieren könnte: "Gebt die Kapitänsbinde dem Torwart. Alle europäischen Länder sollten das zusammen machen." Manuel Neuer ist schon Deutschlands Spielführer. Dass die anderen betroffenen Nationen jetzt ihre Torhüter zum Kapitän befördern, ist aber unwahrscheinlich.
Der holländische Kapitän Virgil van Dijk trug im ersten Spiel seiner Mannschaft stattdessen eine von der FIFA konzipierte Kapitänsbinde mit der Aufschrift "No Discrimination". Zuvor lief schon Englands Spielführer Harry Kane beim 6:2-Sieg seiner Mannschaft gegen den Iran mit dieser Armbinde auf.
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