21. November 2022 / 09:15 Uhr

Wirbel um One-Love-Kapitänsbinde bei der WM: Ex-Referee Rafati erklärt schwierige Lage der Schiedsrichter

Wirbel um One-Love-Kapitänsbinde bei der WM: Ex-Referee Rafati erklärt schwierige Lage der Schiedsrichter

René Wenzel
RedaktionsNetzwerk Deutschland
SPORTBUZZER-Kolumnist und Ex-Referee Babak Rafati spricht über den Umgang der Schiedsrichter bei der WM mit der One-Love-Kapitänsbinde.
SPORTBUZZER-Kolumnist und Ex-Referee Babak Rafati spricht über den Umgang der Schiedsrichter bei der WM mit der One-Love-Kapitänsbinde. © IMAGO/Sportfoto Rudel/RND (Montage)
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Bei dieser Weltmeisterschaft schauen die Schiedsrichter schon vor dem Anpfiff ganz genau hin. Im Fokus stehen dabei aber nicht die Kontrolle des Schuhwerks oder anderer Teile der Ausrüstung. Es ist die Kapitänsbinde, die für eine große Debatte sorgt. Für SPORTBUZZER-Kolumnist und Ex-Referee Babak Rafati ist der Unparteiischen am Ende das "schwächste Glied" und "ärmste Schwein".

Ein großes Augenmerk liegt am zweiten Tag der Weltmeisterschaft in Katar auf den Spielen von England (14 Uhr gegen den Iran) und der Niederlande (17 Uhr gegen Senegal) - und das nicht nur aus sportlicher Sicht. "Three Lions"-Stürmerstar Harry Kane und sein holländischer Kollege Virgil van Dijk haben angekündigt, ihre Teams mit der mehrfarbigen One-Love-Kapitänsbinde aufs Feld führen zu wollen. Das könnte eine Strafe nach sich ziehen, da der Weltverband FIFA das Stück Stoff mit einem bunten Herzen, das für Vielfalt stehen soll, und der Aufschrift "One Love" weiterhin nicht offiziell akzeptiert.

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"Die Schiedsrichter stehen bei der FIFA dermaßen unter den Pantoffeln und es geht viel mehr um das Politikum – die FIFA macht was sie will. Die Schiedsrichter müssen sich den Vorgaben beugen und klar an die Regularien halten", sagt der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati im Gespräch mit dem SPORTBUZZER, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).

In der Bundesliga habe man als Schiedsrichter deutlich mehr Spielraum. "Da obliegt unter anderem die Prüfung der Kleidung dem Schiedsrichter. Da darf einem keiner reinreden", sagt Rafati: "Bei der FIFA wird alles streng bewacht. Da gibt es einen Delegierten für die Schiedsrichter, der alles steuert. Er ist der Chef im Ring und wird von der FIFA konstruiert."

Geldstrafe statt Gelber Karte

Der Ex-Referee geht davon aus, dass die WM-Schiris die Spieler bei einem möglichen Verbot der One-Love-Kapitänsbinde im Spielertunnel darauf aufmerksam machen werden. "Sollte die FIFA offiziell bekanntgeben, dass die Binde verboten ist und die Spieler sie trotzdem tragen, dürfte man dieses Vergehen nicht mit einer Gelben Karte ahnden. Es wird dann im Nachhinein eine Geldstrafe geben", sagt Rafati, der betont: "Es beruht alles auf einem großen Politikum und weniger auf einem Regelbuch."

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DFB-Keeper Manuel Neuer wird an diesem Montag genau verfolgen, ob und wie Kane, van Dijk oder gar ganze Teams oder Verbände anschließend bestraft wird. Wie aus einer Beratung zwischen der Arbeitsgruppe der Europäischen Fußball-Union und FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura am Sonntagmittag hervorging, sind Sanktionen durchaus denkbar. "Die FIFA geht voll mit den Vorstellungen der Kataris. Sie gucken dabei nicht aus westeuropäischer Sicht auf die Themen, die mit der One-Love-Binde gesendet werden sollen. Wer am meisten Geld hat, hat auch in diesem Vorgehen das Sagen", sagt Rafati.

Auch der FIFA-Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina habe keine anderen Optionen, als nach dem strikten Regelwerk des Weltverbandes zu handeln. "Er wird komplett das machen, was die FIFA abverlangt. Da geht es nicht um die eigene Meinung, da geht es eher um Zukunftsperspektiven und einen gut bezahlten Job", meint der frühere FIFA-Referee: "Der Schiedsrichter ist bei den Spielen das schwächste Glied und das ärmste Schwein. Man schwimmt bei einer WM einfach in diesem großen FIFA-Becken mit und steht strenger als sonst unter Beobachtung."

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