Die freche und polemische Einschätzung des Transfers von Patrick Twumasi könnte so lauten: 96 hat ja schließlich eine Stürmer-Flop-Tradition zu verteidigen. Begründet wurde sie von Jonathas, für den zehn Millionen Euro versenkt wurden. 96 könnte diese Summe heutzutage gut gebrauchen – es ist ziemlich genau der Verlust, mit dem 96 aus der aktuellen Saison herausgehen wird.
„Nie wieder“ will 96-Chef Martin Kind so viel Geld für einen Spieler ausgeben, das hat er oft genug betont. Die knapp 800.000 Euro, die für Twumasi an Ablöse an den spanischen Erstligisten Deportivo Alaves gezahlt wurden, sind allerdings auch der Rekordpreis der Saison. Kein 96-Spieler ist teurer gewesen, keiner enttäuscht mehr als der Königstransfer.



Und jetzt ist die Frage – wie wird 96 den Flop wieder los? Das ist der Plan, der intern feststeht. Trotz Vertrags bis Juni 2023 soll Twumasi abgegeben werden. Allerdings möglichst kostenneutral: „Abfindungen zahlen wir nicht mehr“, hat Kind festgelegt. Auf Ablöse darf 96 allerdings nicht hoffen. Vor dieser Saison flossen 1,5 Millionen an Abfindung auf die Konten von Marvin Bakalorz, Edgar Prib und Felipe. Am Gehalt von Ron-Robert Zieler beteiligt sich 96 auch.
Um einen Markt für Twumasi zu schaffen, stellt Trainer Kenan Kocak ihn ins Schaufenster und lässt ihn spielen. Wie zuletzt auch beim 3:3 gegen den HSV. Das Problem dabei: Wenn’s darum geht, Ergebnisse zu erzielen und zu gewinnen, dürfte Kocak ihn nicht aufstellen. Ginge es nur nach Leistung, wäre Twumasi raus. Er war an allen drei Gegentoren beteiligt – jeweiliger Grund: unterlassene Hilfeleistung.
Twumasi stets bemüht
Kocak schätzte die Leistung so ein: „Er hat alles gegeben, mehr kann er nicht machen.“ Die nette Formulierung kennt man aus Zeugnissen: Er hat sich stets bemüht, aber es reicht halt nicht. „Bei Lauf- und Passwegen muss er effektiver werden“, meint Kocak noch.
Die interne Einschätzung steht fest: Twumasi versteht das Spiel nicht, läuft hilflos umher, hat nie gelernt, was in der 2. Liga gefordert ist. Laufintensives Spiel, auf Zweikämpfe ausgerichtet. Und darauf, mitzuarbeiten, einander auszuhelfen. Mike Frantz hat es im SPORTBUZZER mal freundlich so ausgedrückt. „Patrick war zuletzt in der Türkei, davor in Spanien. Der Fußball ist da anders als bei uns.“
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Wer hinter dem 26-Jährigen verteidigt wie Sei Muroya, der kann nicht darauf hoffen, dass ihm Twumasi beiseite springt. Wenn der Ghanaer gegen Würzburg wieder spielen sollte, dann wohl auf einer Position, wo er am wenigsten Schaden anrichten kann. Das wäre als mögliche zweite Spitze neben Marvin Ducksch. Seine Stärken hat Twumasi im Torabschluss, auch Standards tritt er ordentlich.
Sollte er noch mal treffen wie beim 4:0 gegen Sandhausen, dann könnte er wieder an die Seitenlinie laufen und dem 96-Sportchef um den Hals fallen. Er postete sogar bei Instagram ein Foto davon, Arm in Arm mit Gerhard Zuber, dem Motor hinter der Verpflichtung. Jetzt soll Zuber dafür sorgen, den Stürmer wieder loszuwerden – und muss versuchen, bei der nächsten Verpflichtung mit der 96-Flop-Tradition zu brechen.