Wie schnell sich die Stimmung im modernen Fußball ändern kann, lässt sich in diesen Tagen an RB Leipzig und aufgrund seiner Position besonders an Julian Nagelsmann verdeutlichen. Während der Coach vor einer Woche ob der vermeidbaren 1:2-Niederlage gegen Freiburg und dem vierten sieglosen Liga-Spiel die Spitzenqualität seiner Mannschaft in Frage stellte, ging es exakt sieben Tage später – nach dem 8:0-Sieg gegen Mainz und dem Galaauftritt im Pokal in Wolfsburg – darum, die Roten Bullen am Boden zu halten.
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Folglich versuchte der 32-Jährige die Rückschlüsse aus dem höchsten Sieg der Vereinsgeschichte einigermaßen in seriösen Bahnen zu halten: "Es war nah dran am perfekten Spiel, wenn man den Standard wegnimmt, bei dem Alexander Hack frei zum Kopfball kommt und einen Standard in Halbzeit zwei, wo der Ball knapp am Pfosten vorbeigeht. Dann gab es noch ein bisschen die Restverteidigungs-Problematik. Sonst wären wir beim perfekten Spiel. Aber das ist nicht möglich."
Halbzeit zwei als Charaktertest
Ein besonderes Lob verteilte der Coach dabei für den Beginn der zweiten Halbzeit, den das Team trotz der mehr als beruhigenden Führung extrem diszipliniert und vor allem mit zwei weiteren Treffern bewältigt hatte: "Mir haben die zehn Minuten nach der Pause gut gefallen, weil wir da nicht aufgehört haben. Wir haben uns nicht dem Trugschluss hingegeben, dass es, wenn wir jetzt lockerer spielen, weniger anstrengend wird."
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Bei aller Zufriedenheit ließ Nagelsmann eine leichte Kritik an der öffentlichen Beurteilung seiner Arbeit nicht aus: "Ich weiß, dass die Bewertungszeiträume im Fußball extrem kurz sind. Dass wir mit den Ergebnissen nicht zufrieden waren, weiß ich auch. Dass wir viele gute Momente in allen Bundesliga-Spielen hatten, die wir dann nicht gewonnen haben. Auch das weiß ich. Man versucht sich freizumachen von dem, was außen herum ist. Das ist in dieser Branche, selbst wenn du es probierst, nicht ganz einfach."
Spieler sind stolz
Seine Spieler gingen in der Analyse des Spiels teilweise ein Stück weiter: "Wir haben acht Tore geschossen, keins gekriegt und ich habe ein Tor gemacht. Ich glaube, das war ein perfekter Tag", schwärmte Marcel Halstenberg. Wie schon am Mittwoch nach dem Wolfsburg-Spiel, brachen die Profis erneut eine Lanze für das Verhalten der Verantwortlichen in der zurückliegenden Ergebniskrise: "Wir haben die letzten Jahre gezeigt, dass wir es können. Wir haben gegen Freiburg versäumt, das auf den Platz zu bringen und es analysiert. Da wurden die richtigen Worte gefunden und wir haben die richtige Antwort gegeben."



Keeper Gulacsi, der sich sichtlich über ein Spiel ohne Gegentor freute, machte mit Blick auf die Leistung Hoffnung auf mehr: "Das war heute und am Mittwoch viel besser. Vor allem die Aggressivität und die Zielstrebigkeit gegen den Ball. Wir haben tollen Fußball gespielt. Das zeigt uns, was möglich ist, wenn wir konzentriert spielen." Wie sein Trainer wollte der Keeper den zweiten Gala-Auftritt binnen weniger Tage aber nicht zu hoch hängen: "Wir haben zwei Spiele gewonnen, nicht die Meisterschaft. Uns ärgert noch, was wir liegen gelassen haben. Die Füße sind auf dem Boden.“
Gulacsi zeigt Mitgefühl
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Statt abzuheben, hatte Gulacsi tröstende Worte für den Pechvogel des Abends, sein Gegenüber Robin Zentner: "Da kommt so ein Spiel, wo er nichts machen kann. Das ist sehr bitter für einen Torwart. Natürlich wünsche ich das niemand. Aber ich habe mich über unsere tolle Offensivleistung gefreut." Bereits am Dienstagabend haben die Roten Bullen die Möglichkeit, ihre Form zu bestätigen. In St. Petersburg steht der vierte Spieltag der Champions League auf dem Programm. RB geht mit sechs Punkten und zwei Zählern Vorsprung auf Zenit als Tabellenführer in das Duell.