Leipzig. Die Glanzzeit in der bewegten Karriere von Perry Bräutigam fand an der Ostsee statt. Der Altenburger war von 1995 bis 2002 Stammtorhüter bei Hansa Rostock, absolvierte 111 Pflichtspiele, wurde zu einem Idol der heißblütigen Fans. Am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) wird in Leipzig das Pokal-Achtelfinal-Spiel der Roten Bullen gegen Bräutigams alte Liebe angepfiffen. Bräutigam, 58, von 2009 bis 2015 Torwarttrainer bei RB und seitdem Club-Repräsentant, drückt Hansa die Daumen – aber nur in Sachen Zweitliga-Klassenerhalt.
SPORTBUZZER: Die Kogge kämpft in der zweiten Liga gegen hohen Wellengang an. Wie sehr leiden Sie mit?
Perry Bräutigam: Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass Hansa nach einer Ewigkeit in der dritten Liga endlich aufgestiegen ist, wusste, dass es schwer werden wird. Ich drücke die Daumen und bin fest überzeugt, dass sie drinbleiben. Für uns alle sind die Fans im Stadion extrem wichtig, für Hansa ganz besonders. Wenn wir zu meiner Zeit das Ostseestadion betreten haben, war da ein Fahnenmeer, eine unglaubliche Stimmung, haben wir Punkte geholt, die wir sonst nicht geholt haben. Dass Hansa damals zehn Jahre am Stück Bundesliga gespielt hat, ging nur, weil alle zusammengehalten haben. In Rostock sind mit Martin Pieckenhagen (Sportvorstand; Red.) und Jens Härtel (Trainer) gute Leute am Ruder, die behalten die Ruhe, die schaffen das.
Stimmt es, dass der Ostseestrand so manchen Transfer erst möglich gemacht hat?
Die Lebensqualität war einer der wenigen Wettbewerbsvorteile, die Hansa hatte. Wir hatten damals skandinavische Topspieler wie Magnus Arvidsson. Die haben sich wohl gefühlt, waren nicht weit weg von der Heimat, waren super Typen und Kicker.
Schlagen beim Pokalspiel zwei Herzen in Ihrer Brust?
Nein, ich bin seit 2009 Teil der RB-Familie, wir wollen und müssen weiterkommen. Wir waren zweimal im Finale in Berlin – und bekanntlich sind aller guten Dinge drei. Das Spiel hätte eine volle Red-Bull-Arena mit unseren fantastischen Fans verdient, aber die Jungs sind auch so heiß, werden Hansa nicht unterschätzen. Ich wünsche der Kogge alles Glück der Welt, außer in den Spielen gegen uns.
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Apropos Glück. Davon hatte RB in Stuttgart reichlich.
Bisher waren wir von glücklichen Fügungen nicht gerade verfolgt, sind knappe Spiele selten zu unserer Seite abgebogen. Wenn wir nach überzeugenden Partien wie zuletzt Mainz oder gegen Gladbach auch mal so gewinnen, nehmen wir das gerne mit. Auch schmutzige Siege setzen Energie frei, schweißen zusammen.
Péter Gulácsi hat in Stuttgart sensationell gehalten. Hatten Sie solche Tage früher auch, Herr Bräutigam?
Nein, Herr Schäfer, ich habe ständig Luschen reingelassen (grinst). Natürlich gab es auch bei mir Spiele, bei denen ich innerlich lachen musste, weil ich wusste, dass heute keiner reingeht, dass immer eine Hand oder ein Fuß von mir dazwischen ist oder ich angeschossen werde. Pete war fantastisch.
Die Vorrunde der Roten Bullen war …
… holprig, der Umbruch groß. Aber die ganz große Krise war das für mich nicht. Wir haben eine sehr gute Mannschaft und werden mit der Rückkehr fehlender Spieler auch wieder besser Fußball spielen. Mit einem Sieg gegen Wolfsburg wären wir in der Bundesliga schon wieder ganz gut im Geschäft. Aber erst kommt Hansa. Sie wissen schon, wir denken von Spiel zu Spiel.
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