04. Mai 2022 / 16:04 Uhr

Pro und Contra zum Ginter-Transfer: Ist der SC Freiburg ein guter Schritt für den DFB-Star?

Pro und Contra zum Ginter-Transfer: Ist der SC Freiburg ein guter Schritt für den DFB-Star?

Heiko Ostendorp und Christian Müller
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Wird in der kommenden Saison für den SC Freiburg auflaufen: Nationalspieler Matthias Ginter.
Wird in der kommenden Saison für den SC Freiburg auflaufen: Nationalspieler Matthias Ginter. © IMAGO/RHR-Foto
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Mit der Rückholaktion von Matthias Ginter ist dem SC Freiburg ein echter Transfer-Coup gelungen. Der 28 Jahre alte Nationalspieler wechselt im Sommer von Borussia Mönchengladbach, wo er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängert, zurück in seine Heimatstadt. Ein guter Schritt für Ginter? RND-Sportchef Heiko Ostendorp und SPORTBUZZER-Redakteur Christian Müller diskutieren.

PRO: Ja, man kann allen nur gratulieren – außer Gladbach

Von RND-Sportchef Heiko Ostendorp

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Der SC Freiburg verpflichtet einen aktuellen deutschen Nationalspieler im besten Alter. Einen Weltmeister, Olympia-Silbermedaillen-Gewinner, einen unumstrittenen Stamm- und Führungsspieler von Borussia Mönchengladbach, dazu auch noch ablösefrei – Hut ab! Das erste Kompliment gilt den Verantwortlichen des Sportclubs für den Transfercoup von Matthias Ginter, das nächste dem Spieler selbst. Denn Ginter hat sich keineswegs – wie von vielen behauptet – verzockt, sondern bewusst für die Rückkehr zu dem Verein entschieden, für den er schon als Elfjähriger kickte, sich in der A-Jugend unter Christian Streich zum Profi entwickelte und 2012 sein erstes Bundesligaspiel machte – Argumente dafür gibt es aus Sicht des 28-Jährigen genug.

Beispiele? Dass sein Entdecker und Förderer Streich heute Chefcoach ist und eine Mannschaft formte, die es mit begeisterndem Fußball bis ins Pokalfinale geschafft hat und in der Liga aktuell auf Champions-League-Platz 4 steht. Das neue, hübsche Stadion, in dem nächste Saison auf jeden Fall europäisch gespielt wird. Die Tatsache, dass er mit Kumpeln wie Christian Günter unweit seines Heimatortes kicken und der Arbeit an seiner Stiftung nachgehen kann, die ihm sehr am Herzen liegt.

Es klingt im rauen Fußball-Business fast ein wenig kitschig, denn Ginter hat sich gegen perspektivisch sicher bessere sportliche Aussichten bei Gladbach, Bayern München oder Inter Mailand entschieden, wo er unbestritten auch mehr verdient hätte als im beschaulichen Breisgau - zu diesem ungewöhnlichen Weg kann man ihm nur gratulieren. Einziger Verlierer in der Wechsel-Romanze ist Borussia Mönchengladbach. Die taumelnde Elf vom Niederrhein hat es verpasst, eine zentrale Figur zu binden, die in den letzten Jahren sportlich herausragte und perfekt zum Klub passte. Das Ginter nun nicht den Schritt in die große Fußballwelt, sondern zurück zum "kleinen" Sportclub macht, muss sich für die Gladbacher Verantwortlichen anfühlen wie eine schallende Ohrfeige.

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CONTRA: Nein, weil Freiburg nicht konstant international spielen wird

Von SPORTBUZZER-Redakteur Christian Müller

Vordergründig ist der Wechsel von Matthias Ginter zum SC Freiburg erst einmal ein naheliegender Schritt. Der 28-Jährige wurde in Freiburg geboren, startete unter Trainer Christian Streich seine Profi-Karriere bei den Breisgauern und kennt den Klub folglich in- und auswendig. Zudem könnte die laufende Saison für den Sportclub die erfolgreichste der Vereinsgeschichte werden: Als Bundesliga-Vierter würde Freiburg sich erstmals für die Champions League qualifizieren und zusätzlich im Finale am 21. Mai gegen RB Leipzig erstmals den DFB-Pokal gewinnen. Nicht nur persönlich, sondern auch sportlich scheint der Schritt zurück in die Heimat für Ginter also absolut naheliegend.

Allerdings bringt der aktuelle sportliche Erfolg durchaus auch Fragezeichen für einen etablierten Profi wie Ginter mit sich. Zwar ist unbestritten, dass Freiburg nicht erst unter Streich seit Jahren das Maximum aus seinen Möglichkeiten macht, attraktiven Fußball bietet und regelmäßig Talente aus dem eigenen Nachwuchs ans Profiteam heranführt, um diese oftmals für viel Geld an vermeintlich namhaftere Klubs weiter zu verkaufen (wie jüngst das Beispiel Nico Schlotterbeck zeigte, der im Sommer wie einst Ginter vom SCF zu Borussia Dortmund gehen wird). Das Freiburger Modell funktioniert also und wird es unabhängig vom Ginter-Transfer auch in Zukunft tun.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Auch wenn eine Europapokal-Teilnahme in der kommenden Spielzeit nicht die erste der Freiburger Klubgeschichte wäre - konstant halten konnten die Schwarzwälder dieses hohe Niveau über einen längeren Zeitraum noch nie. In drei von bisher vier Fällen stiegen die Breisgauer ein oder zwei Jahre nach einer Europapokal-Teilnahme aus der Bundesliga ab (1997, 2002, 2015). Zu nachhaltigen Schäden hat das nie geführt, weil der Verein an seiner Philosophie festhielt und seine wirtschaftlichen Möglichkeiten stets realistisch einzuschätzen wusste. Ob der ambitionierte Nationalspieler Ginter aber auch über die kommende Saison hinaus mit Freiburg regelmäßig international auflaufen kann, muss insofern jedoch bezweifelt werden.

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