Leipzig. Als sich der US-Amerikaner Jesse Marsch im Juli als neuer Assistent von RB Leipzigs Cheftrainer Ralf Rangnick vorstellte, hinterließ er einen glänzenden Eindruck und diese Botschaft: „Es ist eine Ehre für mich, Teil dieses großen Clubs zu sein. Ich freue mich auf eine große Herausforderung, möchte die Bundesliga und den deutschen Fußball besser kennenlernen und meinen Teil zum Erfolg beitragen.“ Ein stressiges halbes Jahr und 31 Pflichtspiele später fragten wir nach beim 45-jährigen Ex-Nationalspieler, 321-Erstligaspieler der Major League Soccer und Ex-Erfolgstrainer der New York Red Bulls: Alles richtig, Mister Marsch? Well done, Jesse? Und wie gut ist er denn nun, Marschs New Yorker Ziehsohn Tyler Adams, 19, der ab Januar ein Roter Bulle ist? Marsch ist mit Gattin, 46, einer Tochter, 17 und zwei Söhnen, 15 und 11, von Big Apple zu Big Ralf gezogen. Trainingsauftakt ist am 4. Januar.
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Von Big Apple zu Big Ralf. Wie ist es Ihnen in Ihrem ersten halben Jahr ergangen?
Es waren die intensivsten, lehrreichsten und schönsten sechs Monate meines Trainer-Lebens. Ralf, der Club, das Team, das Team um das Team, die Fans – das alles ist fantastisch. Ich habe meine Entscheidung, nach Europa zu gehen, in keiner Sekunde bereut, habe keine Zeit für Heimweh. Meine Zukunft liegt hier in Europa. Meine Familie fühlt sich wohl, alle haben ihre Herausforderungen und Spaß. Ohne Freude im Leben ist alles nichts wert.
Sie werden dem RB-Stab auch unter Julian Nagelsmann angehören. Der Mann ist 31, Sie sind 45.
Wann werden Sie einen Cheftrainer-Posten in Europa übernehmen?
Irgendwann. Das ist der Plan, das muss der Plan sein. Bis dahin will ich in Leipzig (Vertrag bis 2020; Red.) helfen und lernen.



Wie würden Sie das Niveau der Major League Soccer einstufen?
Die MLS entwickelt sich gut, ist aber natürlich noch kein Vergleich zu einer Topliga wie der Bundesliga. Vor allem in Sachen Tempo.
Demnach darf sich Leipzig auf Neuzugang Tyler Adams freuen, dem in der Bundesliga alles zu schnell geht?
No, no, no. Tyler kann schnell und ausdauernd laufen. Er hat eine großartige Mentalität, ist ein guter Fußballer und Mensch, kommt aus einer wunderbaren Familie. Für einen Trainer ist er ein Traum. Sehr wissbegierig, braucht und will viel Input, viele Informationen, setzt alles schnell um. Er hat mit seinem Wechsel eine große Entscheidung getroffen. Er lernt schon seit Wochen Deutsch, hat sich eine Wohnung in Leipzig besorgt. In der Nachbarschaft von Matheus Cunha und Marcelo Saracchi.
Und Tyler ist ein Wettkampftyp, sagt man.
Ja, auf ihn kannst du dich verlassen, ein tolles Gesamtpaket. Er ist erst 19, spielt aber wie ein Mann.
Wahrscheinlich spielt er auch noch da, wo ihn der Trainer hinstellt.
Er kann auf der Sechs, Acht, als Rechts- und Linksverteidiger spielen.
Auf einigen Videos sieht man den Sportkameraden lustig tackeln. Das mit der eingesprungenen Grätsche könnte er von Ihnen haben, Mister Marsch.
Erstens: Tyler ist ein fairer Spieler. Zweitens: Er lässt sich nichts gefallen.
Und drittens existiert ein legendäres Video aus dem Jahr 2007, in dem Sie beim Spiel Los Angeles Galaxy gegen Chivas Usa einen gewissen David Beckham altdeutsch fällen.
Altdeutsch ist hart?
Ja.
Ja, das war hart und hat Becks nicht gefallen. Beim Thema Grätsche sind Sie ja Fachmann.
Kommt Adams mit Frau, Freundin?
Er ist solo. In den ersten Monaten wird seine Mutter bei ihm wohnen.
Am 4. Januar ist Trainingsauftakt. Hat Tyler bei Herrn Rangnick bessere Karten, weil Sie da sind?
Glauben Sie im Ernst, dass Ralf sich beeinflussen lässt? Ich helfe Tyler beim Eingewöhnen, das ist part of the job eines Assistenztrainers. Das tue ich aber auch bei allen anderen neuen Spielern. Es gibt Spieler, die haben Hemmungen, direkt mit dem Cheftrainer über eventuelle Probleme zu sprechen. Robert Klauß und ich sind dann Ansprechpartner. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ralf gibt jedem Spieler ein gutes Gefühl, er hat eine gute Beziehung zu den Spielern, das Klima ist insgesamt sehr gut. Aber es gibt wie gesagt Spieler, die suchen trotzdem eher das Gespräch mit dem Co.
Früher waren Co-Trainer Hütchenaufsteller und schleppten Ballnetze.
Wir stellen auch heute noch Hütchen auf, bereiten das Training vor, führen Trainingsinhalte selbstständig durch. Wir unterstützen unseren Boss Ralf in vielerlei Hinsicht. Auch bei der Gegner-Analyse.
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Wie ist die Arbeit mit dem Boss? Lässt er selbigen raushängen?
Was heißt raushängen?
Zeigt er, wer die Airforce one ist?
Das muss er nicht. Ralf ist schon lange und sehr erfolgreich im Geschäft, hat eine natürliche Autorität. Er sitzt im Cockpit vorne links.
Und er fliegt ziemlich schnell.
Ja, aber mit viel Gefühl, Können und Intelligenz. Die Arbeit mit ihm ist sehr intensiv, vertrauensvoll und inspirierend.
Und nicht ganz erfolglos.
Wir sind sehr zufrieden mit der Vorrunde, wären aber natürlich noch gerne international dabei.
Was ist für Sie schön an und in Deutschland?
Regeln, Disziplin, Struktur, Ehrgeiz. All das ist für mich auch eine Art Schönheit. Ich mag übrigens Wiener Schnitzel. Und Rote Bete. Wie heißt happy new year noch gleich?
Prost.