Julian Nagelsmann machte für seine Verhältnisse einen angefressenen Eindruck. Der Grund für den kleinen emotionalen Ausbruch des Coaches von RB Leipzig auf der Pressekonferenz vorm Frankfurt-Gastspiel (Samstag/15.30 Uhr) heißt Hannes Wolf. Der österreichische Nationalspieler hatte zuletzt bei Sportdirektor Markus Krösche um eine Leihe gebeten. Der 20-Jährige, der vergangenen Sommer für 12 Millionen aus Salzburg nach Leipzig kam, blieb in den letzten drei Partien gegen Dortmund, Augsburg und auch zum Rückrundenstart gegen Union Berlin ohne Einsatz. Erst vor rund drei Monaten war der Flügelspieler nach überstandenem Sprunggelenksbruch wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen, sein Bundesliga-Debüt feiert er am 7. Dezember gegen Hoffenheim.
Wolf fürchtet angesichts der starken Konkurrenz im offensiven Mittelfeld bzw. auf dem Flügel offenbar darum, dass er sich nicht ausreichend um einen Einsatz bei der Europameisterschaft im Sommer empfehlen kann. Der mögliche Zugang des spanischen U21-Nationalspielers Dani Olmo (Dinamo Zagreb) würde die Situation noch verschärfen. Auch Matheus Cunha (Hertha BSC?) und Ademola Lookman (zurück nach England?) liebäugeln mit einem Transfer.
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Nagelsmann: Spieler müssen schwierige Phasen durchstehen
Eine Sichtweise, die Nagelsmann am Donnerstag nur bedingt nachvollziehen konnte. Er kritisierte den Trend, dass junge Spieler viel zu schnell einen Wechsel anstreben, wenn sie mal eine schwierige Phase durchzustehen haben. Es müsse „eine Tugend sein, auch mal stetig an etwas dranzubleiben, auch wenn eine Phase in der Karriere nicht so gut verläuft“, forderte Nagelsmann. Keinem Menschen im Leben würde es weiterbringen, „wenn ich immer nur weglaufe, wenn etwas nicht gut funktioniert. Dann habe ich 24 oder 27 Vereine und mich nirgendwo durchgesetzt. Es gehört auch mal dazu, was Negatives durchzustehen, dranzubleiben, Gas zu geben und nicht zu hadern.“ Doch Nagelsmann war mit seiner Rede noch nicht fertig. „Ich verstehe den Aufruhr nicht so ganz, ehrlich gesagt“, sagte er über Wolf. „Es ist ja noch gar nichts passiert, es ist ja nicht so, dass er sechs Monate auf der Bank saß.“



Poulsen als positives Beispiel
Der Coach war möglicherweise auch deshalb angefressen, weil er Wolf am Ende der Hinrunde nach langer Verletzungspause zwei „Zuckerl“ – soll heißen: Kurzeinsätze für die Moral – geschenkt hatte. Und das in einer Saisonphase, so Nagelsmann, „,die sehr bedeutend war“. Teamkollegen, die anstelle Wolfs auf der Bank sitzen mussten, obwohl sie deutlich häufiger trainieren konnten, hätten sich im Anschluss auch nicht gleich beschwert.
Der 32-Jährige schloss es schließlich aus, Spieler, die mal etwas unzufrieden aufgrund ihrer Einsatzzeit sind, gleich zu verkaufen oder zu verleihen. „Du kannst A nicht nur mit elf, zwölf Spielern eine Rückrunde bestreiten und B gehört es auch mal dazu, ein Tal in seiner Karriere zu durchlaufen.“ Als lobendes Beispiel nannte Nagelsmann Yussuf Poulsen. Der Däne habe seine zuletzt gesunkenen Einsatzenzeiten professionell hingenommen. Gegen Frankfurt hat der Stürmer gute Chancen, erstmal seit Anfang November wieder in der ersten Elf zu stehen.
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Und Nagelsmanns Rat an Hannes Wolf? „Einfach arbeiten. Einfach mal sechs, sieben Wochen trainieren, die Dinge übernehmen, die ich sehen will.“ Der junge Österreicher wird sich in nächster Zeit vermutlich extra hart anstrengen müssen, um seinen enttäuschten Trainer wieder von sich zu überzeugen...
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