26. Januar 2022 / 19:18 Uhr

RB Leipzigs Fans klagen: Sachsens Fan-Obergrenze landet vor Gericht

RB Leipzigs Fans klagen: Sachsens Fan-Obergrenze landet vor Gericht

Antje Henselin-Rudolph und Kai Kollenberg
Leipziger Volkszeitung
Eintausend Fans durften in die Arena - DFB Pokal Achtelfinale Fussball Saison 2021-2022 RB Leipzig vs. FC Hansa Rostock in der Red Bull Arena in Leipzig - Mann,Männer,19.01.2022
Viel Stadion, kaum Fans: In der Red Bull Arena bleiben aktuell fast alle Plätze leer, wird nur ein Block geöffnet. © Imago / Christian Schroedter
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Zwei Dauerkarten-Besitzer von RB Leipzig haben Verfassungsbeschwerde gegen die Zuschauerbegrenzung bei Sport-Großveranstaltungen in Sachsen eingereicht. Das Richterkollegium lehnte den gleichzeitig gestellten Eilantrag zwar ab, forderte von der Landesregierung aber eine "willkürfreie" Begründung der aktuell gültigen Grenze von 1000 Besuchern. Das Verfahren an sich läuft weiter. Noch ist unklar, ob der Freistaat die liefern wird.

Leipzig. Was RB Leipzigs Vorstandschef Oliver Mintzlaff jüngst über verschiedene Medien ankündigte, haben zwei Fans des Bundesligisten in die Tat umgesetzt. Die Dauerkarteninhaber wollten mit einer Klage beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof die Zuschauerbegrenzung in den Stadien des Freistaats kippen. Die liegt derzeit bei maximal 1000. Zu diesem Zweck reichte das Ehepaar Verfassungsbeschwerde ein und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Letztere lehnten die Richterinnen und Richter unter Vorsitz von Matthias Grünberg einstimmig ab.

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Gericht warnt Politik

Die LVZ erreichte einen der beiden Fans am Mittwoch. Beide wollen anonym bleiben. Sie sind froh darüber, dass der Gerichtshof sich der Sache angenommen hat. Zwar habe das Gericht den Eilantrag abgelehnt. „Die Verfassungsbeschwerde als solche wurde aber noch nicht entschieden. Wir haben Hoffnung. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, möchten wir uns aber nicht weiter dazu äußern.“

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Hoffnung macht den Fans das Richterkollegium selbst. Denn in der Begründung des online veröffentlichten Beschlusses nehmen die Juristen die Landesregierung ganz klar in die Pflicht. Bei einer Verlängerung der aktuellen Beschränkung über den 6. Februar hinaus, sei der Wert von 1000 „in Ansehung des dann aktuellen epidemiologischen Erkenntnisstandes jedenfalls willkürfrei zu begründen“.

Für die Anhänger, die seit der Saison 2010/11 RB-Spiele besuchen, ist genau das der Ansatzpunkt. „Die Corona-Notfallverordnung regelt Grundrechtseingriffe. Grundrechte hat jeder sein ganzes Leben lang. Die können nicht einfach aberkannt werden. Wenn sie eingeschränkt werden sollen, muss das gut und nachvollziehbar begründet sein. Und zwar in diesem Fall und nach fast zwei Jahren wissenschaftlich begründet.“

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Ministerium hält an Plan fest

Wie genau Sachsens Regierende die ganz konkreten Zuschauerobergrenzen ermitteln, ist bis dato unklar. Eine Anfrage der LVZ zu diesem Thema beantwortete das zuständige Sozialministerium jüngst so: „Entscheidungsgrundlage für getroffene oder zu treffende Corona-Maßnahmen ist das Infektionsgeschehen bzw. dessen prognostizierte Entwicklung. Mit der derzeit geltenden Verordnung sollte den niedrigen Infektionszahlen Rechnung getragen werden, ohne dabei jedoch das bisher Erreichte zu verspielen.“ Nach LVZ-Informationen kam die aktuell geltende 1000er-Grenze tatsächlich durch Verhandlungen zwischen Politikern am Kabinettstisch zustande.

Das könnte nun zum Problem werden. Denn wie Sozialministerin Petra Köpping am Dienstag mitteilte, bleibt es auch in der kommenden Verordnung, die ab 6. Februar bis zum 6. März gelten soll, bei der genannten Obergrenze. Eine Anpassung aufgrund der jüngsten richterlichen Entscheidung sei nicht vorgesehen. „Das Kabinett hat sich dazu entschieden, die angekündigten bundeseinheitlichen Regelungen für Großveranstaltungen abzuwarten.“

Für das Ehepaar, das seit neun Jahren RB-Dauerkarten besitzt, ist diese Begründung nicht nachvollziehbar. „Da soll auf eine Entscheidung gewartet werden, die für die Länder überhaupt nicht rechtlich bindend ist“, argumentieren sie. Tatsächlich haben die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenzen den Status von (schriftlich fixierten) Absichtserklärungen, von denen die Teilnehmer regelmäßig abweichen. So beschloss Bayern beispielsweise in dieser Woche, eine Stadionauslastung von 25 Prozent, maximal aber 10.000 Personen zu erlauben.

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RB beobachtet und prüft

Am Cottaweg beobachtet man die jüngsten Entwicklungen genau. RB Leipzig teilte am Mittwoch auf LVZ-Anfrage mit, vom Verfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof und dessen Ergebnis Kenntnis zu haben. Kommentieren wollte der Club die Entscheidung ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Richterinnen und Richter in ihrer Begründung einen deutlichen Warnschuss in Richtung Landesregierung schickten. Nach LVZ-Informationen hat RB dieses und Urteile aus anderen Bundesländern intensiv geprüft und wird noch diese Woche über ein mögliches rechtliches Vorgehen gegen die aktuelle Regelung entscheiden.

Neben RB hatten in den vergangenen Tagen zahlreiche andere Profisportclubs die Kapazitätsbeschränkungen im Freistaat kritisiert. Als Vertreter der „Initiative Teamsport Sachsen“ suchte Handball-Manager Karsten Günther deshalb am Mittwoch das Gespräch mit Ministerpräsident Michael Kretschmer und Petra Köpping. Wie die LVZ erfuhr, stellte der Geschäftsführer des SC DHfK in Dresden den Corona-Stufenplan der Initiative vor, der am Donnerstag bekannt gemacht werden soll. Die Vereine wollen mit der Landespolitik auf einen gemeinsamen Nenner kommen - am besten ohne eine absolute Obergrenze der Zuschauerzahl.

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