Leipzig. An sein erstes Mal mit dem Bundesjogi aus dem Schwarzwald kann sich Benjamin Henrichs noch bestens erinnern. 2016 summte sein Handy mit unbekannter Nummer, am anderen Ende war Bundestrainer Joachim Löw und lud den Jungstar von Bayer Leverkusen zur Nationalmannschaft.
Mission dieser DFB-Reise: Das WM-Qualifikationsspiel in San Marino und das Freundschaftsspiel in Italien. Am 11. November 2016 debütierte Henrichs in der Startformation, hatte als Rechtsverteidiger wenig bzw. keine Mühe mit dem Fußball-Zwerg San Marino. Henrichs und Co. gewannen 8:0.
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Nächster Halt: Beim Confed-Cup 2017 wurde der dynamische Deutsch-Ghanaer gegen Kamerun eingewechselt, spielte im Halbfinale gegen Mexiko 90 Minuten durch, stemmte am Ende zusammen mit Timo Werner den Cup. Danach hörten Löw und Henrichs lange Zeit nichts voneinander. Länderspiel Nummer vier datiert vom Oktober 2020, der Neu-Leipziger erlebte den Anpfiff auf dem Platz und konnte den Last-Minute-Ausgleich der Türken zum 3:3 nicht verhindern.
Wohl nicht bei allen Spielen mit dabei
Dass die Liebe der deutschen Fußball-Fans in Sachen Nationalmannschaft vollends erkaltet ist, glaubt Henrichs nicht. Die Enttäuschungen nach inflationären Gegentreffern kurz vor knapp kann er nachvollziehen. „Ich glaube aber, dass beispielsweise ein Spiel gegen die Türkei etwas anders besprochen worden wäre, wenn wir 3:2 gewonnen hätten.“ Eine Berufung in die Nationalmannschaft „ist nach wie vor das Größte“, sagt der einzige Rote Bulle, der von Löw zu den Länderspielen gegen Tschechien, die Ukraine und Spanien geladen werden konnte.
Dass er bei allen drei Spielen von der Partie ist, glaubt Henrichs mit Blick auf die in diesen Zeiten elementar wichtige Belastungssteuerung nicht. „Ich freue mich grundsätzlich über jede Minute, die ich auf dem Platz stehe“, sagt der 23-jährige, der sich im Mittelfeld und als Rechtsverteidiger am wohlsten fühlt. „Aber man muss natürlich auch sehen, was vernünftig und machbar ist.“
Henrichs Anpassung macht Fortschritte
Die Vierfach-Belastung aus Bundesliga, Champions League, DFB-Pokal und Nationalmannschaft stelle gerade an ihn extreme Anforderungen. „Ich kam nach Leipzig und hatte meinen letzten Einsatz für Monaco im Februar.“ Seine Zeit in Monaco will Henrichs nicht missen. „Auch wenn es am Ende alles andere als optional für mich lief, waren es zwei lehrreiche Jahre.“ Ein Mitbringsel aus Frankreich: „Ich spreche jetzt französisch, kann mich mit meinen französischen Club-Kollegen unterhalten.“



Die Anpassung an Julian Nagelsmanns Fußball bei den Rasenballern mache Fortschritte, sei aber längst nicht vollendet. „Ich will und muss mehr offensive Akzente setzen.“ Sein Nationalmannschaftskollege Florian Neuhaus (Gladbach) erinnert sich an Duelle in der Jugend gegen Henrichs. „Ich habe damals bei 1860 München und Benny bei Bayer gespielt. Es war schwer gegen ihn, Benny war kaum zu stoppen, spielte damals in der Offensive.“
Bibbern für den Erfolg
Dass die Nationalmannschaft im Umbruch und ein lernendes System ist, steht für Henrichs fest. „Um die perfekte Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern zu finden, braucht es Zeit.“ Wie auch Geduld und Verständnis der Fans. Der schnellste Weg zurück in die Fan-Herzen? „Gewinnen und möglichst gut Fußball spielen.“
Bibbern für den Erfolg: Weil die Regeneration zwischen all den Spielen und Übungseinheiten schnell vonstatten gehen muss, ist Henrichs Stammgast in der Leipziger Eiszeitlounge, friert drei Minuten lang bei 110 Grad Minus.