Einmal führte ich ein Interview und wünschte mir danach, nicht mehr Journalist zu sein. Ich wäre in dem Moment lieber Fußballprofi gewesen. Thomas Tuchel hatte mit solch einem ungeheuren Fachwissen über seine Trainerlehre geredet, dass ich am liebsten sofort für seine Mannschaft gespielt hätte. Als Tuchel beim FC Chelsea anheuerte, dachte ich: Der auch noch. Denn mit ihm arbeiten fast alle der innovativsten Trainer in der englischen Premier League. Fehlen nur noch Julian Nagelsmann und Luis Enrique. Ohne dass wir es im Alltag realisieren, ist die Premier League auf dem Weg, die NBA des Fußballs zu werden. Eine Weltliga wie die amerikanische Basketballliga, in der sich das höchste Niveau findet.
Schon vor zehn Jahren hatte die Premier League das meiste Geld, mittlerweile aber kauft sie nicht mehr nur teure Spieler ein, sondern das höchste Wissen. In ihren Duellen in England inspirieren sich Spitzentrainer wie Pep Guardiola, Jürgen Klopp oder Marcelo Bielsa gegenseitig, denn Fußballtrainer kopieren und klauen mehr Ideen voneinander als Industriespione. So erreichten englische Teams einen neuen Standard. Wenn Gladbach am Mittwoch in der Champions League gegen Manchester City spielt (21 Uhr, DAZN), wird man es sehen. City variiert Guardiolas berühmtes Dauerpassspiel längst mit jähen Angriffen.
Bayern, Real und Co. werden auf lange Sicht froh über eine Super-Liga sein
Einzelne Teams vom Kontinent wie der FC Bayern München werden immer mit den Engländern mithalten können. Als Liga allerdings enteilt die Premier League dem Rest. Irgendwann werden die elf, zwölf verbliebenen ausländischen Konkurrenzklubs froh sein, mit sechs englischen Teams in einer Liga spielen zu dürfen. Das Ganze nennt sich dann europäische Superliga, NBA des Fußballs.
Immer dienstags wechseln sich an dieser Stelle Bestsellerautor Ronald Reng, der Ex-Schiedsrichter und heutige Motivationscoach Babak Rafati, Sky-Kommentator Wolff Fuss und Jochen Breyer, Moderator des ZDF-"Sportstudios", mit Meinungsbeiträgen ab. Sie sind alle Kolumnisten des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).