Leipzig. Finstere Wolken und ein stürmischer Wind hatten die Handball-Bundesliga (HBL) in diesem Jahr ins Chaos gestürzt. Die Corona-Pandemie dominierte den Profisport und zwang sogar die vermutlich härteste Liga der Welt in die Knie. Die logische Konsequenz der Verantwortlichen: der Saisonabbruch im Frühjahr. Doch mit neu gewonnen Erkenntnissen und reduzierten Zuschauerzahlen wagte die HBL im Oktober den Neustart und ließ sich von einem Flaggschiff mit grün-weißen Segeln in unbekannte Gewässer führen.
Der SC DHfK Leipzig hatte schlummernde Kräfte geweckt, Zuschauerkonzepte erstellt, eine Studie mit der Universität Halle ins Leben gerufen und den Neustart der Bundesliga angetrieben, wie sonst kaum ein anderer Verein. Doch in dieser Saison wollte der ambitionierte Ostclub nicht nur mit organisatorischem Talent und Solidarität in der Krise auf sich Aufmerksam machen. Unter Führung von Cheftrainer und Steuermann André Haber hatte die Sachsen ein klares Ziel ausgerufen und steuern seitdem unaufhaltsam in Richtung ihrer besten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte.



Ohne Furcht segelten die Leipziger Handballer im Oktober in den Sturm hinein. Siege gegen die Eulen Ludwigshafen und den HSC Coburg untermauerten ihre Ambitionen, ein 24:24-Remis gegen den Treppchenkanidaten Füchse Berlin setzte ein Ausrufezeichen dahinter. Doch damit nicht genug, denn am 15. Oktober dominierte das Leipziger Flaggschiff die Rhein-Neckar Löwen mit 28:23 und ankerte für einen glorreichen Moment auf dem ersten Platz der Liga.
Gutes Jahr trotz Widrigkeiten
Doch es kam, wie es kommen musste. Die erste Niederlage gegen Göppingen brachte das stolze Schiff ins Wanken. Besonders in dieser Lage hätte die Crew ihren Steuermann wohl am meisten gebraucht, doch die erste Corona-Infektion im Team der Leipziger traf ausgerechnet Coach André Haber. Ohne den 34-Jährigen gelang beim TVB Stuttgart zu wenig und eine 24:30-Niederlage war die bittere Konsequenz. Einen Tag später folgte der Schock-Moment: auch die Mannschaft hatte sich mit Corona infiziert – insgesamt neun Spieler. Die Hälfte des Profikaders war also betroffen. Zwei Wochen Quaränte wären schlimm genug gewesen, doch mehrere Führungsspieler brauchten deutlich länger für ihre Rückkehr. Allen voran Kapitän Alen Milosevic, der nach dem Restart drei Spiele und ein Derby verpasste. Ein Derby, das in dieser Saison ein weiteres Ausrufezeichen für die Leipziger sein sollte und nach der Corona-Pause neuen Kampfgeist bei den Sachsen weckte.
Mit einer überragenden sportlichen Leistung, kompakter Defensivarbeit und dem besten Angriffsverhalten des Jahres besiegten die Haber-Handballer Magdeburg mit 33:29 und meldeten sich nach ihrer Zwangspause eindrucksvoll zurück.
Durch Schwächemomente gegen Erlangen und Minden verspielten sich die Grün-Weißen ihren sonst so starken Dezember, in dem sie trotzdem drei Siege in Folge einfahren konnten. Mit 17 Punkten zogen die Leipziger kurz vor dem Jahreswechsel mit dem mehrfachen Deutschen Meister SG Flensburg-Handewitt in die Schlacht, präsentierten sich gut – verloren aber gegen den noch besseren Tabellenführer. „Es war ein gutes Jahr für uns, in dem wir mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten [...]. Wir hatten zehn Infektionen, sind wiedergekommen und haben drei Mal hintereinander gepunktet. Das hat mir schon imponiert und mir gezeigt, wie viel in uns steckt“, resümiert Coach Haber die aktuelle Saison und freut sich über die Leistung seiner Mannschaft. „Aus sportlicher Sicht rede ich da gerne über ein tolles Jahr, der Rest war aber schwierig, wirklich äußerst schwierig“, formuliert er zurückhaltend.