26. März 2023 / 11:26 Uhr

Schiedsrichter-Debüt von Stach und Petersen: Rafati spricht von Aktionismus und fordert Umdenken

Schiedsrichter-Debüt von Stach und Petersen: Rafati spricht von Aktionismus und fordert Umdenken

René Wenzel
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Ex-Schiedsrichter Babak Rafati spricht über die aktuelle Lage im Schiedsrichterwesen.
Ex-Schiedsrichter Babak Rafati spricht über die aktuelle Lage im Schiedsrichterwesen. © Getty Images/RND (Montage)
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Bundesliga-Profis als Referee im Amateurfußball: Der DFB ließ unter der Aktion "Jahr des Schiedsrichters" die beiden Spieler Anton Stach und Nils Petersen bei einer Bezirksliga-Partie als Unparteiische auflaufen. SPORTBUZZER-Kolumnist und Ex-Referee Babak Rafati empfiehlt dem Verband einen anderen Weg, um Nachwuchs im Schiedsrichterwesen zu gewinnen.

Die Amateurfußballer des VfR Nierstein und dem TSV Mommenheim haben eine Premiere im deutschen Fußball erlebt. Im Rahmen der DFB-Aktion "Jahr des Schiedsrichters" schickte der DFB mit Mittelfeldspieler Anton Stach vom FSV Mainz 05 und Stürmer Petersen vom SC Freiburg zwei Profis als Schiedsrichter zu dieser Bezirksliga-Partie. Doch wie nachhaltig ist diese Maßnahme?

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Ex-Referee Babak Rafati ist von der Aktion des Deutschen Fußball-Bundes eher wenig angetan. "Für mich ist das eine reine Werbekampagne und Aktionismus zugleich", sagt Rafati im Gespräch mit dem SPORTBUZZER, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Man könne nicht davon ausgehen, dass Ex-Profis eines Tages einen Schiedsrichterjob in der Bundesliga übernehmen werden: "Der Weg bis nach ganz oben ist total steinig. Auch Ex-Profis müssten ganz unten anfangen. Und für das wenige Geld und viele Geschimpfe wird es keiner machen."

Petersen und Stach gaben in der Bezirksliga-Partie zwar eine sehr souveräne Figur ab, werden wohl in Zukunft aber weniger über eine Karriere als Referee nachdenken. "Es ist ja auch so, dass nicht jeder gute Fußballer gleich ein guter Schiedsrichter ist. Wichtig ist, dass man die ganzen Erfahrungen als junger Schiri im Startalter von 13 oder 14 Jahren schon mitmacht. Man kann mit Mitte 30 sich nicht komplett umprogrammieren und hätte einen ganz anderen Blickwinkel als ein erfahrener Schiedsrichter und das prägt", meint Rafati.

Ex-Profis als VAR einbinden

Der ehemalige FIFA-Referee hofft, dass der DFB in Zukunft einen anderen Weg einschlägt, um sich in diesem Bereich wieder besser aufzustellen. "Es wäre förderlicher und gewinnbringender, wenn man Ex-Profis in das Kerngeschäft einbindet und sie beispielsweise als VAR vor die Bildschirme setzt. Diese Leute kennen die Abläufe viel besser: War es ein absichtliches Handspiel? War der Ellenbogeneinsatz im Luftzweikampf strafbar? Das kann ein Ex-Profi besser beurteilen als ein Schiedsrichter, der nie als Profi-Fußballer aktiv gewesen ist", sagt Rafati. Er glaubt aber, dass sich der DFB weiter gegen eine mögliche Zusammenarbeit mit Ex-Profis stemmen wird.

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Rafati ist davon überzeugt, dass man junge Menschen mit anderen Ideen von der Schiedsrichterrei begeistern kann. "Man muss die Schiedsrichter wieder zu Vorbildern aufbauen. Wichtig wäre es, dass man den Job beim Nachwuchs interessanter macht", betont Rafati und nennt direkt ein paar Beispiele: "Die Bundesliga-Schiedsrichter sollten auch mal im Vereinstraining mit dabei sein, die Pressekonferenzen begleiten und mehr die Nähe zu den Teams suchen. So würde man eine viel bessere Beziehung aufbauen und zeigen, dass der Schiedsrichter auch nur ein Mensch ist. Aktuell läuft alles zu distanziert ab", meint der ehemalige FIFA-Referee.

Rafati würde Schiri-Job nicht empfehlen

In der heutigen Zeit würde Rafati aufgrund der aktuellen Entwicklungen eher vom Schiedsrichter-Job abraten. "Würde mich mein Sohn eines Tages fragen, ob er Schiedsrichter werden kann, würde ich ihm sagen: 'Mach das bloß nicht'", sagt der 52-Jährige: "Diese Jagdszenen auf den Amateurplätzen und ständigen Auseinandersetzungen schrecken ab. Man muss es hinkriegen, dass der Schiedsrichter wieder mehr Akzeptanz geschenkt bekommt. Und da ist die Schiedsrichter-Spitze gefordert. Es muss nach außen hin ein anderes Bild abgegeben werden. Ein Bild, mit denen sich junge Menschen identifizieren können und zugleich die Eltern bereit sind ihre Kinder dort hinzuschicken." Gerade in der Zeit eines Überangebots an Freizeitaktivitäten sei die Perspektive im Schiedsrichterwesen "erschreckend".

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