Nach dem Derbysieg vor einer Woche ausgerechnet auf die Braunschweiger beim Spiel am Sonntag in Bochum setzen zu müssen, damit der Abstand für 96 nicht größer wird – das war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nun sind es also neun Punkte Rückstand auf die Aufstiegsplätze, zwei mehr als vor dem Spieltag. „Realismus ist jetzt gefordert“, sagt 96-Chef Martin Kind. „Solange wir rein theoretisch noch eine Chance haben, müssen wir versuchen, die Spiele gut zu gestalten.“
Das wird allerdings noch schwieriger in den nächsten Wochen, nicht nur weil 96 auf starke Gegner trifft. Mit Marvin Ducksch droht die 96-Lebensversicherung länger auszufallen. Die Mannschaft hängt am Tropf des Toptorjägers und auch Vorlagengebers (Zehn Treffer, sieben Assists). Der 26-Jährige hatte schon vor dem Spiel gegen Paderborn Oberschenkelprobleme. Trainer Kenan Kocak „hat versucht, ihn so gut es geht ohne Verletzung durch das Spiel zu kriegen“. Weil Ducksch eben nicht zu ersetzen ist.
Tore und Vorlagen: Das sind die Scorer von Hannover 96 in der Saison 2020/21 (Stand 23. Februar 2021)
In der Halbzeit hat Ducksch wieder „was im Oberschenkel gemerkt, wollte aber weiterspielen“, berichtet Kocak. Der Trainer sah dann aber, „dass er nicht 100-prozentig durchzieht und da ist. Insofern mussten wir ihn rausholen und hoffen, dass es nichts Schwerwiegendes ist, was die nächsten Wochen betrifft“. Nach 55 Minuten war Schluss für Ducksch, am Montag soll eine MRT-Untersuchung Aufschluss geben. Sollte es ein Muskelfaserriss sein, wäre der wichtigste Spieler in Düsseldorf, gegen Fürth und wohl auch in Aue nicht dabei. Dann hätte 96 zu viel riskiert mit dem Einsatz von Ducksch gegen Paderborn.
"Eine schwierige Phase"
Und dann wäre Hendrik Weydandt die letzte Hoffnung im Sturm, was zurzeit auch nicht besonders beruhigend klingt. Weydandt hat zuletzt am zehnten Spieltag getroffen, mittlerweile sind 21 Partien gelaufen. Drei Saisontreffer sind auch weit weniger, als sich 96 bei der Vertragsverlängerung erhofft hatte. Weydandt räumt „eine schwierige Phase“ ein, macht es aber „wie immer im Leben, da werde ich nicht aufhören“.
Er war ja auch so nah dran wie lange nicht mehr, hätte 96 nach einer Stunde zum Sieg schießen können. Weydandt bereitete seine Chance auch selbst gut vor. Er bekam den Ball noch in der eigenen Hälfte, ließ den Verteidiger ins Leere laufen, rannte den Verfolgern davon, aber Torwart Leopold Zingerle lenkte die Kugel mit dem linken Fuß zur Ecke ab.
Der Torhüter outete sich dann noch als Freund und Helfer des Stürmers. Zingerle „hat mir den Tipp gegeben, höher zu schießen“, vielleicht hilft es beim nächsten Versuch. Chef Kind sah bei Weydandt auch so schon eine Leistungssteigerung im Vergleich zu den vergangenen Flautenwochen. „Seine Körpersprache drückt aus – ich will. Sein Einsatz stimmt.“



"Was wir verhauen, ist Wahnsinn"
Das trifft auf alle 96-Spieler zu. Doch beim Fußball geht’s vor allem darum, Tore zu erzielen. „Du musst einen haben, der die Dinger reinmacht“, sagt Ex-Profi und -Torjäger Dieter Schatzschneider. „Was wir verhauen, ist Wahnsinn.“
Grund zum Ärgern gäbe es auch über die verpasste Chance, im Januar einen Stürmer zu verpflichten. Die Mannschaft hat zwar auch andere Probleme, die fehlende Torgefahr vieler Spieler ist aber eins der größten. Trotzdem glaubt Weydandt „noch an den Aufstieg, wie die ganze Mannschaft“.