06. April 2020 / 06:05 Uhr

Sonderbehandlung für die Bundesliga? Deshalb ist die Rückkehr ins Training so problematisch

Sonderbehandlung für die Bundesliga? Deshalb ist die Rückkehr ins Training so problematisch

Frank Hellmann
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Bayern, Dortmund und Co. nehmen das Training nach und nach wieder auf. Eine bedenkliche Entwicklung?
Bayern, Dortmund und Co. nehmen das Training nach und nach wieder auf. Eine bedenkliche Entwicklung? © imago images/Nordphoto/Montage
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Der FC Bayern nimmt das Training am Montag auf, Borussia Dortmund steht schon länger wieder auf dem Platz. Während Kinder aufs Bolzen verzichten müssen, trainieren Profis in Kleingruppen – ein schmaler Grat.

Der wichtigste Mediziner für den deutschen Profifußball sitzt im Saarland. Tim Meyer, Direktor des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der Universität Saarland, steht jener medizinischen Taskforce vor, die derzeit im Auftrag der Deutschen Fußball Liga (DFL) an den Rahmenbedingungen tüftelt, wie die Fortführung des Spiel- und Trainingsbetriebs aussehen könnte. Interviews soll der langjährige Arzt der Nationalmannschaft vorerst keine geben. Dennoch ist das öffentliche Interesse groß, wie denn möglichst ab Mai die Geisterspiele in einer virenfreien Sonderzone ablaufen könnten; und wie sichergestellt wäre, dass nicht weitere Corona-Fälle die Saisonfortsetzung konterkarieren.

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"Machbar ist natürlich alles. Man könnte theoretisch die Spiele speziell absichern", sagte der Virologe Alexander Kekulé im ZDF-Sportstudio und erklärte, dies sei für die Profis mit drakonischen Maßnahmen verbunden: Sie müssten unter "ganz besonderen Sicherheitsbedingungen" leben, "damit man Infektionen vermeidet, weil auf dem Spielfeld unmöglich zu verhindern ist, dass sie miteinander in Kontakt kommen. Man hätte dann so eine Art spezielle Blase für die Fußballspieler." Jede Mannschaft müsste in "Spezialquarantäne". Der Experte glaubt nicht, dass es 2020 noch Spiele mit Fans gibt: "Es sieht nicht so aus, als könnten wir dieses Jahr ernsthaft so was ins Auge fassen."

Sonderbehandlung für den Profifußball politisch gewollt?

Der Virologe hält die Durchführung von Geisterspielen zeitnah für möglich, die Frage sei nur, "wie man den Menschen erklärt, dass der Fußball eine Spezialbehandlung bekommt und die Menschen in vielen Dienstleistungsbereichen in größeren Schwierigkeiten stecken. Ich weiß nicht, ob das politisch gewollt ist." Die DFL wird nicht nur die medizinischen Parameter, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz für eine Sonderbehandlung schaffen müssen. Die Liga steht selbst unter Druck, denn offenbar sind vier Erst- und neun Zweitligisten von der Insolvenz bedroht, falls nicht bald wieder gespielt wird.

Fortsetzung oder Abbruch: So ist der Stand in den internationalen Topligen

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Die Liga samt Chef Christian Seifert wehrt sich vehement gegen den Eindruck, der Profifußball bekomme eine Extrawurst. Kekulé hat überschlagen, dass für die Spieler und deren direktes Umfeld vom Trainer, Betreuer, Zeugwart bis zum Masseur rund 20 000 Tests bis Saisonende nötig seien – derzeit schaffe Deutschland ungefähr 100 000 Tests am Tag. Virologe Kekulé weiß: "Es handelt sich nicht um die typischen Risikogruppen, sondern es sind junge, gesunde Menschen." Vertretbar ist das eigentlich erst, wenn es keine Engpässe bei den Testkapazitäten und Arbeitsmaterialien gibt.

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Der Professor wies auf einen weiteren Widerspruch bei einer Sonderlösung hin: "Es gibt ja auch andere Sportarten, die betroffen sind. Die würden dann zuschauen, wie die Fußballer besser behandelt werden."

Werder Bremen soll keine Ausnahme gestattet werden

Dass ein Wirtschaftszweig mit rund 56 000 Mitarbeitern, davon 500 gut bezahlte Erstliga-Kicker, eine andere Behandlung erfährt als der Rest der Bevölkerung, wird in diesen Tagen zu beobachten sein: Während Eltern ihren Kindern noch bis nach Ostern erklären müssen, dass das Bolzen mit den besten Kumpels untersagt ist, nehmen viele Klubs in Kleingruppen das Training wieder auf. Nicht überall erteilen die Behörden dafür ihre Zustimmung: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer beispielsweise ist nicht gewillt, dem SV Werder irgendwelche Ausnahmen zu gestatten. Sein Standpunkt: "Das ist kein gutes Signal an die Republik, das ist ein Sonderweg." Den richtigen zu finden, wird vermutlich zur neuen Kernaufgabe für alle Beteiligten.

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