"Jetzt ist der Teufel los, bei uns in Drochtersen", dröhnt der eigens regionalisierte Schlager von Tobee aus den Boxen. Was dort genau los ist im Kreis Stade, sehen an diesem Tag nicht nur Fans des örtlichen Regionalligisten SV Drochtersen/Assel. Die Partie gegen den 1. FC Germania Egestorf/Langreder ist das erste Amateurspiel, das auf der vom DFB unterstützten Plattform Sporttotal.tv gezeigt wird.
Als Test sollen zunächst für ein halbes Jahr Spiele der Regionalliga Nord, der Bayernliga und der Oberliga Niedersachsen übertragen werden. Der Clou ist die Technik: Die fest installierte Kamera soll das Spiel aufzeichnen und ins Netz übertragen, ohne dass die Vereine damit Arbeit haben. Auch Kosten sollen den Vereinen in der Testphase nicht entstehen - abgesehen von Strom und schnellem Internetzugang.
Technisch läuft die Übertragung über Youtube. Wer will, kann das Spiel auch direkt dort schauen. Links zum jeweiligen Livestream finden sich auf fussball.de, zudem gibt es ein Sporttotal-App für iOS und Android. Zugucken ist kostenlos, später soll es auch eine kostenpflichtige, aber dafür werbefreie Version geben.
Wie sieht die Übertragung aus? In der Galerie findet Ihr einige Eindrücke vom Premieren-Spiel:
Bei komplexer Technik sind Anlaufschwierigkeiten normal, und so erwischt es auch die Livestream-Macher: In der ersten Halbzeit ist die Übertragung zweimal für einige Minuten unterbrochen. Der Stream steht und zeigt eine Fehlermeldung. Künstlerpech: Genau in diesen beiden Phasen fallen die einzigen Treffer der Partie.

Ob die Übertragung nun tatsächlich, wie für Sporttotal.tv angekündigt, komplett automatisch läuft oder ob die Macher in der Anfangsphase noch händisch eingreifen, lässt sich für den Zuschauer nicht erkennen. Zumindest für die Ergebnis-Anzeige war offensichtlich ein Mensch im Einsatz. Sonst wäre die Uhr kaum exakt mit dem Anpfiff losgelaufen, und sonst wäre das Egestorfer Kürzel nicht im Laufe der Übertragung zweimal verändert worden.
Falls die Kamera auch bei diesem ersten Spiel schon komplett autark schwenkt und zoomt, dann ist die Technik beeindruckend. Zwar ist der Bildausschnitt relativ groß. Gesichter sind selbst auf dem PC kaum zu erkennen. Aber man kann dem Spiel gut folgen. Die Kameraführung ist so, wie wohl auch ein Mensch sie gemacht hätte. Ist eine Mannschaft im Vorwärtsdrang, zoomt das Bild heran. Ruht der Ball, wird der Ausschnitt größer und zeigt mehr von dem Bereich, in den der Freistoß gleich gehen wird. Laut Verband wertet das System dafür die Schwarmbewegungen der Spieler aus. Laufen alle nach rechts, dann schwenkt auch die Kamera dorthin.
Dem kann man problemlos auch für längere Zeit zugucken oder die Übertragung nebenbei laufen lassen.
Auch der Ton ist gut, vermittelt authentisch die Atmosphäre aus dem Stadion. Da kommen dann auch vereinzelte "Auf geht's, Germania"-Rufe durch, der Stadionsprecher ist klar zu verstehen. Und wenn es spannend wird, dann hört man das auch. Ob man als Auswärtiger auch den Vereinshymnen-Schlager so deutlich hören will, ist dann eher eine Geschmacksfrage...
Ist die Liveübertragung ein Segen für den Amateurfußball, oder kommen dann noch weniger Fans ins Stadion? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Technisch macht das neue Angebot bei seinem Start auf jeden Fall einen guten Eindruck. Bei der Premiere sind in der Spitze mehr als 300 Zuschauer gleichzeitig dabei.
Darunter sind sicherlich viele, die sich nicht für die beiden Teams, sondern für die Übertragung an sich interessiert haben. Spannend wird es, wie die Zugriffszahlen sich entwickeln, wenn viele Spiele gezeigt werden. Welches die nächsten Partien sind, erfahren die Fans allerdings vorerst nicht: Der entsprechende Link führt zu einer Fehlermeldung.
Wer sich noch einmal die ganze Übertragung des Spiels anschauen möchte (inklusive der Möglichkeit, vor- und zurückzuspulen), findet hier das komplette Video:
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