Er sorgt dafür, dass der Halm steht. Dass der Fußball rollt – nicht zu schnell, nicht zu langsam. Dafür, dass beim Anpfiff alles so ist, wie es sein soll. Und das schon seit 30 Jahren. Die meisten der 1700 Einwohner von Hiddestorf im Süden der Region kennen Klaus „Stacho“ Regber. Er ist der Eintracht-Platzwart mit einem Hauch von Kultstatus.
Zu verdanken hat der Verein Regbers Engagement „einem Engpass Mitte der Achtzigerjahre“, als die Eintracht keine Ü32-Mannschaft mehr für den Spielbetrieb melden konnte, erzählt Regber. Um seinem Klub weiterhin treu zu sein, übernahm der heute 74-Jährige kurzerhand das Amt des Platzwarts.
Lediglich einmal "fremdgespielt"
Gerne erinnert er sich auch an seine Anfangszeit als Fußballer bei der Eintracht zurück. „Ich habe alle Mannschaften hier durchlaufen. Von der Knabenmannschaft über die B-Jugend bis zum Herrenbereich. Damals mussten wir noch die Ziegen von der Wiese verjagen, um Fußball spielen zu können“, sagt der Hiddestorfer.
Nur in der A-Jugend musste Regber – aufgrund einer Unterbesetzung im Hiddestorfer Kader – für ein Jahr im benachbarten Arnum spielen. Seine Zuneigung für den Verein blieb jedoch bestehen, zum Start der neuen Saison kehrte er nach Hiddestorf zurück, wo er fortan in der 1. Männermannschaft spielte.
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„Nach dem Training saßen wir alle immer noch bei einem Bier und guter Laune zusammen und stimmten die Vereinslieder an“, erinnert sich der Platzwart, „das vermisse ich bei der heutigen Generation ein wenig.“ Nach vielen erfolgreichen Jahren mit einer starken Gemeinschaft kam der Tiefpunkt in Regbers Fußballerlaufbahn.
Vom Altherren-Kicker zum Platzwart
Das Team der Ü32-Männer bekam aufgrund vieler Absagen keine Mannschaft mehr für den Spielbetrieb zusammen. Einige Mitspieler hängten daraufhin die Fußballschuhe an den Nagel, auch Regber zog einen Schlussstrich. „Ich wollte aber trotzdem noch etwas für den Verein tun. Das Amt des Platzwarts bot sich an, die Stelle war frei.“
Zu Beginn seines Engagements hat er sich mit ehemaligen Mitspielern bei der Arbeit abgewechselt. „Bei Aufgaben wie der Bewässerung rotierten wir damals aus zeitlichen Gründen durch“, sagt der Hiddestorfer. Eine Vertretung hat der gelernte Estrichleger heute nicht mehr. „Bei den Jahreshauptversammlungen haben immer mal wieder Leute Hilfe angeboten. Leider habe ich bis heute nie einen von denen auf dem Sportplatz gesehen.“

Dass er seine Arbeit eher im Schatten der Mannschaften erledigt, stört den 74-Jährigen nicht. „Ich bekomme oft Komplimente für den Zustand des Platzes. Einmal kam sogar der Torwart der gegnerischen Mannschaft zu mir und sagte, dass er am liebsten auf meinem Rasen liegen bleiben würde, wenn er einen Schuss pariert hat,“ erinnert sich Regber: „Da bin ich dann schon stolz und freue mich, dass meine Arbeit geschätzt wird.“
Manchmal muss Regber sich auch ein bisschen ärgern
Ab und an musste sich der Platzwart aber auch über die Spieler ärgern. „Manchmal wurde es einfach ignoriert, wenn ich gerade frisch gedüngt oder gewalzt und darum gebeten hatte, nicht auf dem A-Platz zu trainieren.“ Das Ergebnis war ärgerlich: „Nach der Trainingseinheit war der Rasen wieder hinüber und meine Arbeit komplett umsonst. Also musste ich noch einmal von vorne anfangen“, berichtet Regber.
Es kam auch vor, dass dem 74-Jährigen nicht mitgeteilt wurde, wann die Nachholspiele stattfinden sollten. „Ich habe dann eine Stunde vor dem Anpfiff einen Anruf erhalten, warum der Platz nicht abgekreidet sei. Dann musste eben improvisiert und Hütchen als Spielfeldumrandung genutzt werden“, sagt er.



Hütchen aufzustellen oder den Platz abzukreiden, das kann sich Regber zurzeit schenken. Der Spielbetrieb ruht, die Fußballer schwitzen zu Hause oder beim Joggen. Endlich mal eine Pause für den Platzwart – könnte man meinen. Doch auch während der aktuellen Corona-Krise hat Regber keine Zeit, die Füße hochzulegen. Mähen, walzen, wässern, Woche für Woche, denn der Platz muss weiterhin gepflegt und instandgehalten werden.
Ein solche Zwangspause? Nicht in 30 Jahren!
Die Corona-Zwangspause ist auch für Regber eine Situation, die er in 30 Jahren Platzwart noch nicht erlebt hat. Auch für ihn gilt: Mach das Beste draus. „Ich bin froh, dass momentan kein Training und keine Spiele stattfinden. So kann ich mich auch anderen Tätigkeiten widmen, die sonst meist zu kurz kommen. Und manchmal, wenn nicht so viel zu tun ist, setze ich mich vor meine Garage, genieße die Ruhe und schaue in die Ferne“, sagt er.
Ein paar zusätzliche Pausen können nicht schaden, denn seit einiger Zeit machen ihm Knieprobleme zu schaffen. Doch auch hier weiß Regber sich zu helfen: Er hat seinen Trecker so umgebaut, dass er mit ihm sowohl den Rasen mähen als auch das Spielfeld abkreiden kann. „Das erleichtert die Arbeit auf dem Platz erheblich“, sagt der 74-Jährige.

Über seine Zukunft im Verein ist sich Regber auch im Klaren: „Aktuell gibt es keinen Grund für mich, übers Aufhören nachzudenken“. Demnach darf sich der SV Eintracht Hiddestorf auch nach der Zwangspause auf einen tollen Fußballplatz und einen engagierten Platzwart freuen. „Wenn mein Körper mir erste Anzeichen gibt, dass die Belastung zu groß wird, erst dann werde ich mir meine Gedanken dazu machen.“
Bis dahin wird er dafür sorgen, dass der Halm steht und nicht nur gegnerische Torhüter seine Arbeit zu schätzen wissen.
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