01. April 2023 / 12:01 Uhr

System, Spielstil, Philosophie: Die Taktik-Analyse zum Bayern-Debüt von Thomas Tuchel gegen den BVB

System, Spielstil, Philosophie: Die Taktik-Analyse zum Bayern-Debüt von Thomas Tuchel gegen den BVB

Tobias Escher
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Wie lässt Thomas Tuchel beim FC Bayern spielen? Der SPORTBUZZER macht den Check.
Wie lässt Thomas Tuchel beim FC Bayern spielen? Der SPORTBUZZER macht den Check. © Getty Images (Montage)
Anzeige

Für den neuen Bayern-Trainer Thomas Tuchel geht es direkt bei seinem Debüt in München am Samstag ins Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund. Doch welchen Spielstil wird Tuchel beim FCB einfordern? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt die Wandlungsfähigkeit des 49-Jährigen. Der SPORTBUZZER macht den Taktik-Check.

Die Konkurrenz ist gewarnt. Das letzte Mal, als der FC Bayern München mitten in der Saison den Trainer gewechselt hat, gewannen er das Triple. Hansi Flick hatte die Mannschaft mit seinem offensiven Pressing-Fußball auf links gedreht. Dass Thomas Tuchel den Spielstil der Bayern ähnlich radikal verändert, erscheint unwahrscheinlich. Dass er dieselben Erfolge feiert wie Flick im Jahr 2020, ist indes keineswegs ausgeschlossen. Tuchel hat sich als Trainer von Spitzenklubs bewiesen. Seine große Stärke ist seine taktische Flexibilität.

Anzeige

Vier Profiteams hat Tuchel in seiner Karriere bisher betreut. Keine seiner Mannschaften spielte dabei wie die andere. Beim FSV Mainz 05 fokussierte sich Tuchel darauf, sein Team an die Stärken des Gegners anzupassen. Woche für Woche wechselte er das Personal und die taktische Formation. In Dortmund setzte Tuchel auf eine feste Formation. Hier ließ er offensiven Ballbesitzfußball spielen. Sein BVB erzielte pro Spiel knapp 2,5 Tore.

Tuchel: Keine Situation wie die andere

Bei Paris Saint-Germain musste Tuchel für seine Superstars Kompromisse eingehen. Sein 4-3-3-System war auf die Stärken von Neymar und Kylian Mbappé ausgerichtet. Mit der Dreierkette, die er in Dortmund liebgewonnen hatte, experimentierte Tuchel selten.

Das änderte sich beim FC Chelsea. Hier avancierte das 3-4-3 zu Tuchels Stammvariante. Die Champions League gewann Tuchel, indem er auf ein defensives 5-4-1-System setzte. Im Finale 2021 überlistete er so Manchester Citys Trainer Pep Guardiola.

Anzeige

Tuchel lässt vorsichtiger spielen als Nagelsmann

Aus den bisherigen Stationen lässt sich kein eindeutiges Spielsystem herausfiltern, für das Tuchel als Trainer steht. Während seine Teams in Dortmund und Paris häufig über 60 Prozent Ballbesitz verbuchten, standen in London die defensive Stabilität und das Umschaltspiel im Vordergrund. Mal setzte Tuchel auf eine Dreier-, mal auf eine Viererkette. Der Coach hat sich stets an die Eigenarten seiner Mannschaften angepasst.

Gemeinsamkeiten lassen sich bei Tuchels Teams dennoch finden – gerade in Abgrenzung zu Julian Nagelsmann. Tuchels Bayern-Vorgänger taktiert offensiver und kompromissloser. Die Abwehrspieler sollten mutig nach vorne verteidigen, die gesamte Elf dachte offensiv.

Tuchel lässt vorsichtiger spielen. Fünf Mann sollen eigene Angriffe absichern. Das hohe Pressing stand bei Chelsea kaum im Vordergrund. Die Positionen der Fünferkette waren meist mit defensiven Spielern besetzt. Eine solche Aufstellung würde eine Abkehr des Bayern-Spielstils bedeuten.

Bleibt Tuchel der Bayern-DNA treu?

Zugleich stellt sich die Frage, ob Tuchels Chelsea als Maßstab herangezogen werden kann. Seine Stärke in den vergangenen Jahren war, dass er die Stärken und Schwächen seiner Teams verstanden hat. Seine Taktik richtete sich nach den Eigenarten der Spieler und den seiner Klubs. Bei den Bayern würde dies bedeuten, dass Tuchel nicht vom ballbesitz- und pressinglastigen Stil seiner Vorgänger abkehrt.

Gleichzeitig würde Tuchel seine Spieler zu höherer taktischer Disziplin drillen. Er fordert von seinen Akteuren, ihre Positionen einzuhalten. So könne nicht nur der Ball besser laufen, sondern die Spieler auch schneller in ihre defensive Position zurückkehren. Auf die Bayern-Akteure wartet jede Menge taktische Arbeit.

Der Trainerwechsel bietet Spielern Chancen, die nicht in das System von Nagelsmann passten. Zugleich ist Tuchels Unberechenbarkeit vor dem Spiel gegen den BVB ein Faustpfand. Der neue Bayern-Coach ist ein taktisches Chamäleon. Wie seine Bayern spielen werden? Das weiß derzeit nur Tuchel.