In der Fußball-Bundesliga geht es oft darum, die offensichtlichen Dinge so auszudrücken, dass sie gar nicht mehr so offensichtlich erscheinen. So wie das Urs Fischer, der Trainer des 1. FC Union Berlin, gerne macht, der eben nichts davon hält, seine Mannschaft vor dem Spiel bei Arminia Bielefeld zum Favoriten zu erklären.
Angesichts von 16 Punkten Vorsprung, die Union als Tabellensiebter vor dem 16. Bielefeld liegt, scheint die Favoritenstellung offensichtlich. Fischer, der das Hinspiel mit seiner Elf 5:0 gewann, nennt die Arminia aber eine „anspruchsvolle Aufgabe“, denn: „Wir wissen nicht, was uns erwartet.“
In Bildern: Die Trikots vom 1. FC Union Berlin seit 2000.
Letzteres stimmt natürlich nur zur Hälfte, weil bei der Arminia immer noch jene Spieler angestellt sind, die lediglich einen Punkt aus den vergangenen fünf Spielen sammelten. Allerdings tauschten die Bielefelder Verantwortlichen in dieser Woche den Trainer aus: Frank Kramer ersetzte Uwe Neuhaus, dem man zumindest das Heimspiel gegen seinen langjährigen Herzensverein Union noch gegönnt hätte.
So aber fallen die gegenseitigen Liebeserklärungen aus und Union darf sich nicht auf Offensivfreund und Ex-Coach Neuhaus einstellen, sondern auf eine möglicherweise andere Arminia; eine, die etwas tiefer stehen könnte, wie Fischer bei der Pressekonferenz am Freitag mutmaßte, eine, die mehr „über den zweiten Ball“ kommen könnte. „Neuer Trainer, neue Ideen“, sagte Fischer treffend.
Neue Ideen könnte auch die Berliner Offensive vertragen, im Heimspiel gegen Hoffenheim tat sich im Angriff trotz Rückkehrer und Kreativkraft Max Kruse äußerst wenig. Da Sheraldo Becker und Taiwo Awoniyi weiterhin ausfallen und damit auch Unions schnellste (Becker) und wuchtigste (Awoniyi) Option, müssen zuletzt indisponiert wirkende Spieler wie Joel Pohjanpalo oder Marcus Ingvartsen wieder mehr Esprit zeigen.
Geklärt hat Fischer am Freitag die Frage, wer gegen Bielefeld im Tor stehen wird – nämlich Andreas Luthe, der damit Stellvertreter Loris Karius nach drei Spielen wieder auf die Bank verdrängt. „Loris hat es gut gemacht, aber er hat auch profitiert von den Umständen“, sagte Fischer, der Luthe einen guten Eindruck in dieser Trainingswoche attestierte.



Aus privaten Gründen hatte Luthe aussetzen müssen, Karius durfte ran. Die Leihgabe aus Liverpool bekräftigte in dieser Woche via „Bild“ noch mal: „Klar will ich spielen, aber wäre das anders, dann hätte ich hier auch nichts verloren.“ Und obwohl Fischer die Rollen längst klar verteilt hat, liebäugelt Karius offenbar mit einer sportlichen Zukunft in Berlin.
Selbstverständlich könne er sich vorstellen, in Berlin zu bleiben, „ich bin ja nicht auf der Durchreise hier“. Der Vorteil, den die Berliner und Manager Oliver Ruhnert in Sachen Karius und anderen Personalien haben, liegt auf der Hand: Sie können bereits jetzt sicher für die Bundesliga planen, auch wenn Trainer Fischer sagt, dass die Aufgabe Klassenverbleib noch nicht erledigt sei. „Daher behalten wir unseren Fokus“, erklärte der Coach.
Grundsätzlich würde Union mit Leihspielern wie Awoniyi, Pohjanpalo und dem entwicklungsfähigen Nico Schlotterbeck wohl gerne weiterarbeiten. Inwiefern das finanziell passen könnte, hängt auch davon ab, ob Union Transfererlöse generieren kann. Vor allem der torgefährliche Innenverteidiger Marvin Friedrich hat sich in dieser Saison ins Rampenlicht gespielt, einen Wechsel kann er sich durchaus vorstellen, Abnehmer dürfte es geben.
Mehr Spielraum und bessere Karten hätten die Berliner, wenn sie sich für die Europa League qualifizieren würden. Nur drei Punkte beträgt der Rückstand auf die schwächelnden Leverkusener. Aber in diesem Rennen liegt die Favoritenrolle dann doch bei den besser besetzten Rheinländern, das ist auch ganz offensichtlich so.
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