Markranstädt. Die U23 der Rasenballer auf Abschiedstournee. Am Mittwochabend daheim gegen Energie Cottbus. Das Spiel geht verdientermaßen 2:0 für RB aus, Alexander Siebeck (49.) und Patrick Strauß (87.) treffen. Die beiden Trainer, Robert Klauß und Pele Wollitz, liefern sich während der Partie heiße Wortgefechte, sind hinterher wie Deckchen. Wollitz: „Hochverdienter Sieg für RB, wir haben unsere Form nicht gebracht.“ Klauß: „Tolle Leistung gegen gute Cottbusser.“
Am Saisonende ist Sense, dann gehen die RB-Talente, die nicht talentiert genug für ganz oben sind, auf Jobsuche. Es sind gut ausgebildete Jungs. Interessant für die dritte und zweite Liga. Torjäger Federico Palacios, 21, hat beim 4:2 gegen Lok den Unterschied gemacht, wäre beim 0:1 der Hasenhüttler in Dortmund um ein Haar zum Helden geworden. Verwendung hat Bundesliga-Coach Ralph Hasenhüttl für den Ex-Wolfsburger Palacios keine.
Gilt auch für Torhüter Benny Bellot. Der ist seit Club-Gründung 2009 dabei, hat den Aufstieg von der fünften in die erste Bundesliga als zuverlässiger Ersatzmann miterlebt. Manche behaupten, dass Hasenhüttls aktuelle Truppe mit Bellot im Tor nicht schlechter stünde.
Der Traum von einem Bundesliga-Einsatz für RB wird sich für den 26-Jährigen nicht mehr erfüllen, die U23 wird abgewickelt. Doch wer darf zu welchen Konditionen wohin? Bellots Vertrag läuft noch bis 2018, Palacios Kontrakt ebenso lang. Beide sind ablösepflichtig. Kommt Sportdirektor Ralf Rangnick den jungen Männern entgegen und klebt allen die Briefmarke ablösefrei auf den Hintern? Jetzt, da die Geschäftsgrundlage wegbricht? Eher weniger. Die Nachfrage regelt alles, auch den Preis. Der Hallesche FC denkt über Bellot nach, auch der 1. FC Magdeburg ist im Rennen.
Stadion am Bad am Mittwochnachmittag. Cottbus und Pele Wollitz sind da. Energie kämpft im Fernduell mit Jena um den Titel in der Regionalliga. In der kommenden Saison spielt hier im Idyll nur noch Sachsenligist SSV Markranstädt. Die Revolution hat Teile der Großfamilie verspeist, der Appetit lässt nicht nach.
Stadion am Bad, Anfang und Ende.

In der sächsischen Provinz fängt im Sommer 2009 alles an. Fußball im Namen der Dose, Angriff auf die Bundesliga, auf Europa. Bevor der Ball fünftklassig rollt, rollt ein Red-Bull-Monstertruck an und lädt einen futuristischen Container ab. Die Interimsgeschäftsstelle und Stätte der ersten Pressekonferenz der Roten Bullen beflügelt Fantasien. „Raumschiff RB Leipzig gelandet“ liegt bei der Beschreibung weit vorne. RB-Chef Andreas Sadlo und Manager Joachim Krug kaufen ein. Bälle, Trikots, Klopapier, Kopierpapier, Fußballer. Fußballer wie Ingo Hertzsch oder Thomas Kläsener. Im Spätherbst ihrer Karriere, aber immer noch zu gut für die piefige Oberliga.
Energie Cottbus, im März 2017 Zweiter der Regionalliga, ist im Sommer 2009 aus der Bundesliga abgestiegen.
Das Leipziger Torhüter-Talent Benny Bellot ist zarte 18 und stößt vom FC Sachsen zu RB. Wenn der 31-jährige Sven Neuhaus mal nicht kann, darf BB ran.
"Im Mai ist Schluss für mich." (Benjamin Bellot)
Bellot kommt zu Einsätzen in der fünften, vierten, dritten und zweiten Liga, hält glänzend. Ändert nichts an der Tatsache, dass man ihm in festen Abständen neue Nummer Einsen vorsetzt. Neuhaus, Pascal Borel, Fabio Coltorti, Peter Gulacsi. Im Sommer 2016 wird Bellot delegiert. Von der ersten in die zweite Mannschaft. Die soll, so die Bosse im Brustton der Überzeugung, perspektivisch in der dritten Profiliga spielen. Mit diesem Gedanken freundet sich Bellot, letzter Mohikaner der 2009er Goldgräberzeit, an. RB ist sein Verein, hier will er alt werden.
Dann das Umdenken von ganz oben, das Ende für die U23. „Natürlich war das ein Schock“, sagt Belllot über das jähe Ende. „Im Mai ist Schluss für mich.“
Auf der Abschiedstournee will und muss er sich zeigen, sich anbieten. Beim 2:0 gegen Cottbus kann er das nicht. Profi-Keeper Marius Müller braucht Spielpraxis, steht im Tor. Stefan Böger, Sportdirektor des HFC, und Andreas Rettig, Sportdirektor vom FC St. Pauli, machen sich auf der Tribüne fleißig Notizen.
Ralf Rangnick hat Termine, ist nicht in Markranstädt. Ralph Hasenhüttl übt zeitgleich mit den Profis. Am Sonnabend empfängt RB Wolfsburg. Bundesliga. Ausverkaufte Hütte. Das ist jetzt wichtiger als die in den letzten Zuckungen liegende U23.
Im Stadion am Bad verlieren sich 799 Zuschauer.
RB: Müller – Gipson, Vogel, Barylla, Franke – Wagner, Ernst – Siebeck, Strauß (92. Becher), Beiersdorf (82. Mitzelfeld) – Mauer (68. Martinovic)
SR: Steven Greif (Westhausen). Zuschauer:799. Tore: 1:0 Siebeck (47.), 2:0 Strauß (87.)
Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis