Leipzig. Die spektakulärste Transfermeldung des Sommers bei RB Leipzig war eine für die Zukunft: Julian Nagelsmann übernimmt im Sommer 2019 den Trainerposten. Am Samstag (15.30 Uhr) trifft er mit der TSG Hoffenheim erstmals unter diesen Vorzeichen auf seinen neuen Arbeitgeber. Ein Blick auf die Verbindungen zwischen dem jüngsten Bundesligacoach aller Zeiten und seinem 29 Jahre älteren RB-und TSG-Vorgänger Ralf Rangnick.
Trainerhistorie und Verbindungen
Kennengelernt haben sich beide 2010 bei der TSG Hoffenheim, damals wurde der 23-Jährige der Nachwuchscoach, Rangnick trainierte die Profis, führte sie von der Drittklassigkeit in die Bundesliga. Der inzwischen 60-jährige erinnert sich: „Er hat mit der U16 von Hoffenheim gegen die Jugend von Backnang gespielt, bei der mein jüngerer Sohn gespielt hat. Julian hat sich danach bei mir Feedback eingeholt. Es war damals schon absehbar, dass es sich bei ihm um ein großes Trainertalent handelt. Dass er es dann aber so früh in der Bundesliga unter Beweis stellt, war noch nicht absehbar.“
Fünfeinhalb Jahre kämpfte sich der im bayrischen Landsberg am Lech geborene Nagelsmann durch die Nachwuchsstationen – bis er mit 28 als jüngster Coach der Bundesligageschichte Hoffenheim im Fußball-Oberhaus übernehmen durfte. Das verdankt er auch Rangnick: „Natürlich sind Dinge von ihm übrig geblieben, wie das Trainingszentrum, das er geplant hat und das Emporkommen in die Bundesliga. Das sind große Erfolge und wir tragen immer noch die Früchte“, sagt Nagelsmann.
Inzwischen hat der 31-Jährige die TSG in die Champions League geführt – ist auch jüngster Coach der Königsklasse. „Sich nacheinander für die Europa League und dann für die Champions League zu qualifizieren, sagt einiges aus. Obwohl es bei Hoffenheim personellen Aderlass gab, hat er es immer wieder geschafft, die Mannschaft weiter zu entwickeln. Dazu brauchst du gerade als junger Trainer nicht nur fachliches Knowhow sondern auch klare Führungsqualitäten“, lobt Rangnick.
Gewinnergen und Loyalität
Am 21. Juni 2018 platzte die Bombe: Nagelsmann wird im Sommer 2019 Trainer bei RB Leipzig, mit einem vierjährigen Arbeitspapier. Der Noch-Hoffenheim-Coach findet die Konstellation nicht außergewöhnlich: „Das ist schon oft da gewesen, nur hat es keiner gesagt." Telefonate mit seinem künftigen Club habe es seit der Vertragsunterschrift nicht gegeben. Das bestätigt sein baldiger Sportdirektor Rangnick: „Es gibt nur so viel Kontakt, wie nötig ist. Ab und an eine Gratulations-SMS. Im Moment ist Ruhe, es gibt ja nichts Planerisches zu besprechen.“



Nagelsmanns Ziel gegen seinen neuen Verein: „Ich will mit meinem jetzigen Arbeitgeber drei Punkte holen, das steht über allem“, sagt der TSG-Coach, der inzwischen seit acht Jahren in Sinsheim unter Vertrag steht. Sein Gegenüber Rangnick meint: „Wir wollen auf jeden Fall auch nach dem Spiel in der Tabelle vor ihnen stehen“ – dazu würde RB mit einem Punkt Vorsprung auf den Neuntplatzierten ein Remis reichen. „Für mich geht es nicht per se darum zu zeigen, wer in dem einen Spiel der bessere Trainer ist. Das zeigt sich sowieso erst am Ende der Saison“, fügt der 60-Jährige hinzu.
Spielstil und Stärken
Perfektes Umschaltspiel, eigentlich die Stärke schlechthin von RB Leipzig. Doch mit dieser Waffe demontierte Hoffenheim die Rasenballer vergangene Saison zweimal mit 4:0 und 5:2. Gegen kein anderes Team der Liga gingen die Leipziger im letzten Jahr als doppelter Verlierer vom Platz. „Wir haben sechs oder sieben Kontertore kassiert. Das waren Situationen, wo wir von der Offensive in die Defensive richtig schlecht umgeschaltet und zu viele Räume gegen haben“, erinnert sich Rangnick.



Diesmal soll das anders aussehen: „Unser Anspruch ist auch, dass wir zu Null spielen. Dass wir es können, hat die Partie gegen Stuttgart gezeigt. Ich werde nicht darauf eingehen, wie wir das Spiel angehen. Ähnlich wie Julian versuchen wird sich etwas einfallen zu lassen, werden wir das auch tun“, sagte der RB-Coach. Ob Nagelsmann dominant daherkommt oder wie im Vorjahr tief verteidigt und auf überfallartiges Umschalten setzt? Übrigens haben beide Teams dieselbe Schwäche: Hoffenheim sowie Leipzig erzielen kaum Tore nach ruhenden Bällen, kassieren dafür häufig Treffer nach Standards.
Wortgewand und Zweiradantrieb
Beide Trainer sind in ihrer Freizeit gerne auf zwei Rädern unterwegs. Während Rangnick eher gemütlich auf seiner kleinen Vespa fährt, mag sein künftiger Nachfolger in Leipzig die schnellere Variante, ist passionierter Motorradfahrer. Wendig sind beide aber nicht nur auf der Straße unterwegs, sondern auch rhetorisch. Angesprochen auf das Duell gegen seinen baldigen Chef Rangnick sagte Nagelsmann bei der Pressekonferenz: „Mein künftiger Chef ist Oliver Mintzlaff, wenn mich nicht alles täuscht.“
Der RB-Sportdirektor und Coach in Personalunion konterte das einen Tag später ganz galant: „Ich habe bei der Aussage ein bisschen an mich denken müssen, als junger Trainer“ und fügte hinzu: „Es kann natürlich auch sein, dass wir uns morgen ein bisschen an der Seitenlinie fetzen werden. Das gehört dazu.“ Beide sind nicht auf den Mund gefallen. Eine spannende Konstellation für die Zukunft. Doch zunächst geht es darum, wer am Samstag ab 15.30 Uhr auf dem Rasen das letzte Wort hat.