18. Februar 2022 / 13:01 Uhr

Nun nimmt er Gold ins Visier: Björn Schnake geht konsequent seinen Weg

Nun nimmt er Gold ins Visier: Björn Schnake geht konsequent seinen Weg

Heike Werner
Hannoversche Allgemeine / Neue Presse
Björn Schnake steht zur Wahl zum Behindertensportler des Jahres 2022 in Niedersachsen.
Björn Schnake steht zur Wahl zum Behindertensportler des Jahres 2022 in Niedersachsen. © Markus Lampe
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Die Anfänge im Para-Tischtennis "waren fürchterlich", erinnert sich Björn Schnake. Doch der mittlerweile 40-Jährige ging diesen Weg weiter - bis zu den Paralympics in Tokio, wo er Bronze mit dem Team holte. 2024 in Paris will der ehrgeizige Sportler nun Gold holen.

Jeder Muskel ist angespannt, der Blick fixiert den kleinen weißen Kunststoffball auf der ausgestreckten Hand. Aber nur kurz verharrt Björn Schnake in dieser Haltung, schon befördert er das 2,7 Gramm leichte Sportgerät mit dem Schläger und höchster Präzision knapp über das Netz auf die andere Seite des Tisches. Was dann folgt, ist ein regelrechtes Feuerwerk. Von Schlag zu Schlag erhöht der Para-Tischtennisspieler vom TSV Thiede 1900/Team BEB das Tempo. Enormes Reaktionsvermögen steckt in jeder Bewegung.

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Zugleich verfolgt der 40-Jährige eine Taktik, um den Gegner aus dem Rhythmus zu bringen. „Bei gleichstarken Gegnern entscheidet zu 90 Prozent der Kopf, wer die Partie gewinnt“, sagt Björn Schnake. In erster Linie kämpfe man also gegen sich selbst, bzw. darum, die Konzentration während des Ballwechsels und durch das gesamte Spiel hindurch aufrecht zu erhalten. Zuletzt ist das dem Hildesheimer bei den Paralympics in Tokio hervorragend gelungen. Im Team gewann er die Bronzemedaille.

Das sind die anderen Kandidaten

Erst spät kam Björn Schnake zum Para-Tischtennis. Zwar begann er bereits im Alter von sechs Jahren mit dem Tischtennisspielen, war aber ausschließlich im Sport der Menschen ohne Behinderungen aktiv. Mit viel Talent gesegnet gewann er schon früh Turniere, in denen seine Gegner oft ein Jahr älter waren. Kreismeister, Bezirksmeister, Landesmeister standen bereits im Alter von neun Jahren auf seiner Erfolgsliste. „Daraufhin hat mich dann der Landestrainer angesprochen“, erinnert sich der 40-Jährige. Mit 13 Jahren wechselte er bereits in den Herrenbereich und wurde mit 15 in der 2. Bundesliga eingesetzt.

Norddeutsche Meisterschaften spielte er auch noch, und dann war das Ende seiner sportlichen Karriereleiter zunächst erreicht. „Die Krankheit hat mich dann doch ausgebremst“, sagt Björn Schnake. Die Krankheit, das ist eine Hypophpospathämie und eine Vitamin-D-resistente Rachitis. Heißt, der Körper von Björn Schnake baut Osteophyten an, durch die die Gelenke verknöchern. Trotz zahlreicher Operationen lautete im Kindesalter die Prognose: mit 20 Jahren im Rollstuhl. Zudem wurde ihm davon abgeraten, Sport zu treiben.

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Schnake kennt seinen Weg und hat ihn akzeptiert

Doch der sportbegeisterte Junge war davon nicht abzubringen. „Aus heutiger Sicht gilt eher: so viel Sport wie möglich“, betont der Athlet. So gesehen ist er schon immer den richtigen Weg gegangen, ist sich zugleich darüber im Klaren, dass der Rollstuhl irgendwann in seinem Leben eine Rolle spielen wird. „Ich kenne meinen Weg und habe ihn akzeptiert. Unser Haus habe ich schon barrierefrei gebaut“, sagt er.

Nachdem Björn Schnake mit 26 Jahren noch in der Regional- bzw. Oberliga gespielt hatte, folgte eine zehnjährige Tischtennispause. Beruf und Familie nahmen wertvolle Zeit in Anspruch, dazu kamen erneut Operationen. „Nur so aus Spaß“ habe er wieder mit dem Tischtennis angefangen. BSN-Landesfachwart Para-Tischtennis Johannes Urban sprach ihn dann auf die Möglichkeit an, im Para-Sport aktiv zu werden. „Bis dahin hatte ich mich gar nicht im Para-Sport gesehen, hatte halt nur eine kleine Einschränkung“, erinnert er sich.

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Sein erstes Para-Tischtennis-Turnier waren die Landesmeisterschaften, „die waren fürchterlich“, weil sie ihn nicht gefordert haben. Erst bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften fühlte er sich wohler. „Mit den anderen Wettkampfklassen und den Aktiven aus verschiedenen Ländern hat das richtig Spaß gemacht.“ Bei seinem ersten Weltranglistenturnier bezwang er den damaligen Weltranglisten-Vierten und erhielt ein hervorragendes Initialranking: Platz elf. Das war 2019.

Nach dem dritten internationalen Turnier lag er schon auf Rang neun. Das angesetzte vierte Turnier in China fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. So oder so war der Weg zu den Paralympics in Tokio aber geebnet. Und der Weg zurück in den Leistungssport vollzogen. „Im Leistungssport habe ich mich früher schon immer sehr wohl gefühlt. Die Grenzerfahrung reizt mich. Reiner Freizeitsport ist nichts für mich“, begründet er seine Rückkehr.

Nun nimmt der 40-Jährige Gold in Paris ins Visier

Doch ohne die Unterstützung seiner Frau und seiner drei Kinder könnte Björn Schnake seine sportliche Karriere nicht so erfolgreich weiterverfolgen. Sein Vollzeitjob als Group Solutions Manager und fünf Trainingseinheiten pro Woche – drei davon im Frühtraining in der Akademie des Sports in Hannover – lassen nicht viel Zeit für die Familie. „Aber sie wissen, dass es mein Traum ist, meine Leistung und mein Ergebnis in Paris 2024 zu verbessern“, sagt er. Heißt: Bei den nächsten Paralympics will er die Goldmedaille. „Wer nicht gewinnen will, der hat bei Paralympics nichts zu suchen.“

Und so geht Björn Schnake konsequent seinen Weg, in der Hoffnung, 2022 wieder sechs Turniere weltweit spielen und zur Weltmeisterschaft nach Italien seine Familie mitnehmen zu können. Die Wahl zum Behindertensportler des Jahres nimmt er auf diesem Weg gern als Motivation mit. „Die Nominierung bedeutet mir sehr viel, weil ich als Debütant eine paralympische Medaille gewonnen habe, meine Heimat Niedersachsen gern repräsentiere und Sportlern älteren Kalibers ein Vorbild sein kann.“

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