Durch die 0:2-Niederlage gegen den VfB Stuttgart hat der VfL Wolfsburg die obere Tabellenhälfte der Fußball-Bundesliga erstmals in dieser Saison verlassen, ist jetzt Elfter. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, dass wir Punkte sammeln und die Tabellen-Situation vielleicht mal komplett außen vor lassen“, findet Trainer Florian Kohfeldt. Zwei Partien stehen bis zur kurzen Winterpause noch an – am Dienstag (20.30 Uhr) daheim gegen Köln, am Freitag (20.30 Uhr) bei den Bayern live im Free-TV (Sat1). Wie geht’s der Coach angesichts der Krise an? „Wir müssen Stabilität reinbekommen – und das geht nur über Punkte. Denn sehr viele Dinge, die jetzt gerade passieren, spielen sich natürlich im Kopf ab.“ Darum müsse man den „Umgang mit Frust-Erlebnissen thematisieren“ und „uns auch davon verabschieden, dass wir uns bis Weihnachten ständig durchkombinieren werden“. Ähnlich sieht es Sportdirektor Marcel Schäfer: „Am Dienstag werden wir wohl keinen Fußball zelebrieren, sondern einfachen und ehrlichen Fußball zeigen, um zurück in die Erfolgsspur zu kommen.“
Schwierig - denn der VfL befindet sich weiter in einer Negativspirale. Der Verweis auf die Anzahl der Punkte, die die Wolfsburger von Relegationsplatz 16 trennen, wäre vor zwei Wochen noch Panikmache gewesen. Jetzt gehört er zur Bestandsaufnahme dazu. Es sind vier. Und der VfL ist nicht nur in der Krise - er hat auch Probleme, diese Krise zu erklären.
Noten und Einzelkritik zum Spiel des VfL Wolfsburg gegen Stuttgart
Schon unmittelbar vor dem Spiel hatte Manager Jörg Schmadtke eine Diskussion um Trainer Florian Kohfeldt als „unredlich“ bezeichnet, im ZDF-Sportstudio holte er anschließend etwas weiter aus: „Florian muss Dinge ausbaden, die er nicht zu verantworten hat. Wir werden mit ihm da herauskommen, weil er die Dinge erkennt, weil er sie klar anspricht und weil wir sie – wenn die Zeit dafür ist – auch verändern werden.“
Was für Dinge? Man könne nicht alles öffentlich besprechen, merkte Schmadtke an. Was darum unausgesprochen bleibt: Schon in der Sommervorbereitung wurde das Wolfsburger Team auf einen völlig falschen Kurs gebracht - physisch, spieltaktisch, mental. Bedenken zur Arbeit von Mark van Bommel kamen darum intern sehr früh auf, wurden durch vier Siege zum Liga-Start überdeckt und führten dann doch zur schnellen Trennung vom Niederländer. Das in dieser Situation laut und deutlich zu sagen, würde wie Nachtreten in Richtung Ex-Coach klingen - und außerdem den formschwachen Spielern ein Alibi geben. Darum sagen es weder Schmadtke noch Sportdirektor Marcel Schäfer so deutlich, sondern deuten es nur an. „Es ist nicht komplett neu“, so Schäfer, „dass wir nicht die Leistung auf den Platz bringen, die unser Anspruch ist - als Klub, als Mannschaft und als jeder Einzelne.“ Und: „Wir müssen die Balance finden zwischen sachlicher und emotionaler Ansprache.“




Kohfeldt hatte eine Mannschaft übernommen, die die Tugenden der Vorsaison - hohe Intensität, stabile Defensive - verloren hatte, ohne neue Tugenden dazuzugewinnen. Und das mit der Zusatzproblematik, in nur wenigen Trainingseinheiten in den englischen Wochen, Grundlagen vermitteln zu müssen. Kohfeldt: „Es ist nicht so einfach zu sagen: Ihr macht das jetzt wieder und dann funktioniert das. Es ist nicht so einfach, gewisse Anker in der Mannschaft zu finden ohne Trainingsarbeit.“ Anker - das wären Leistungsträger auf normalem Leistungslevel. Die hat der VfL im Moment nicht, das zieht sich von Wout Weghorst über Maximilian Arnold bis Maxence Lacroix durch alle Mannschaftsteile.
Wobei Arnold immerhin noch derjenige ist, der sich nach den Spielen regelmäßig tapfer vor die Mikrofone stellt, wo er dann um Erklärungen ringt. Am Samstag fiel es ihm besonders schwer. „Keine Ahnung, was ich dazu noch sagen soll; wir tun und machen, aber es gelingt einfach nichts“ – sein letzter Satz im Interview mit Sky-Reporter Yannick Erkenbrecher passte zu der Ratlosigkeit, die auch im Wolfsburger Spiel zu sehen war. Zuvor hatte er versucht, Sinnvolles über das Spiel zu sagen: „Mit der ersten Chance geht Stuttgart 1:0 in Führung, wir kriegen das Scheiß-Ding nicht ins Tor rein, somit stehen wir wieder mit leeren Händen da. Wir sind in einer Phase, in der nichts gelingt.“
Und er schaut auf das Heimspiel am Dienstag gegen Köln: „Wir haben die Möglichkeit, in drei Tagen das Ding wieder in eine positive Richtung zu drehen. Alles andere können wir eh nicht beeinflussen.“ Und dann sagte er noch den Satz, der die aktuelle Lage wohl am besten zusammenfasst: „Vom Quatschen wird’s nicht besser.“