Mit Kurt Kresse als Cheftrainer geht Dynamo im Sommer 1968 das Unternehmen Wiederaufstieg an. Die Spieler wollen den „Betriebsunfall“ vom Frühjahr korrigieren, sind motiviert. Sie folgen Kresse, der viele von ihnen schon aus der Fußballschule kennt. „Für den hätten wir alles gemacht, der war nie hintenrum“, lobt ihn Gerhard Prautzsch noch heute. Kresse imponiert den Spielern mit seinem Einsatz. „Er war ein penibler Arbeiter und sich auch nicht zu schade, den Hartplatz vom Eis oder vom Schlamm zu befreien. Der hat von früh bis abends für Dynamo gelebt“, berichtet Gert Heidler, der sich damals im Steinhaus am Stadion ein Internatszimmer mit Siegmar Wätzlich teilt.
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Erstmals in Schwarz-Gelb
Doch nicht nur Kresse wegen und um ihren verletzten Stolz zu heilen, strecken sich alle. Es gibt auch noch einen anderen Grund: Dynamo ist jetzt endlich Leistungszentrum und die Mannschaft verdient besser. Eine neue Sonderzulage zwischen 200 und 800 Mark schafft neue Anreize. Spitzenverdiener ist Hans-Jürgen Kreische, der ab dem 1. August 1968 insgesamt 1840 Mark einstreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist das eine stattliche Summe für einen Spieler, der nur in der zweithöchsten Liga dem Ball nachjagt.
Anfang August laufen die Dynamos in der Liga-Staffel Süd noch dreimal in weinrot-weißer Spielkleidung auf. Im zweiten Heimspiel gegen Aktivist Kali Werra Tiefenort tragen sie am 8. September 1968 erstmals schwarze Hosen und gelbe Trikots. Den Spielern wird der Farbwechsel von der Vereinsführung so verkauft: „Wir sind jetzt der Schwerpunktclub in Dresden, da müsst ihr auch in den Stadtfarben spielen!“ Schon die Premiere im neuen Outfit glückt, Dynamo gewinnt vor 9500 Zuschauern gegen Tiefenort mit 4:0.


Mittendrin stürmt ein junger Görlitzer in seinem allerersten Pflichtspiel für die 1. Mannschaft: Hans-Jürgen Dörner. 17 Jahre ist „Dixie“ erst alt, der jüngste von vier fußballverrückten Brüdern. Er bekommt 73 Minuten lang das Vertrauen von Kresse, der ihn schon bei den Junioren ein Jahr lang trainiert hat. Und Dörner macht sich im Sturm. „Ein technisch begabter junger Spieler, der sich sofort gut in das Mannschaftsspiel einfügte, dem es nur noch am schnellen Antritt und der Zweikampfhärte fehlt“, werden die Sächsischen Neuesten Nachrichten später schreiben. Als der Dreher-Lehrling vom Feld geht, führt der Favorit durch Tore von Sturmtank Siegfried Gumz und Mittelfeld-Pferdelunge Meinhard Hemp. Die gerade erst aufgestiegenen Thüringer sind bei Dörners Auswechslung schon platt und kassieren in der Schlussphase noch Gegentreffer durch Hansi Kreische und Bernd Hofmann.
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Am 27. April 1969 ist alles klar
Dass sie nun neue Trikots tragen, ist für die Spieler aber kein großes Thema. Von der Qualität sind die Hemden nicht besser als die alten: „Man hat in denen unheimlich geschwitzt, der Stoff hat an den Brustwarzen geklebt und das hat sich alles entzündet. Es gab damals ja noch keine Unterziehhemden“, schmunzelt Dörner heute.
Eine Woche nach der Premiere schießt „Dixie“ am 15. September 1969 beim 3:0 in Eisleben die dort beheimatete Dynamo-Mannschaft im Alleingang ab. In der 17. Minute umkurvt er zwei Verteidiger und vollendet, vier Minuten danach erhöht er aus zehn Metern per Fallrückzieher. In der 72. Minute nimmt der Halbrechte noch einen Querpass auf und spielt gekonnt den Torwart aus. Spätestens jetzt weiß jeder, was der Senkrechtstarter alles drauf hat.


Weil die FSV Lok Dresden obendrein Schrittmacherdienste leistet, indem sie vor 7000 Fans den bislang ungeschlagenen Spitzenreiter Steinach mit 2:1 überrumpelt, ist Dynamo nun Tabellenerster – und wird es bis zum Schluss bleiben. Selbst Lokalrivale Lok kann den nun privilegierten Nachbarn im ersten Ortsderby nach viereinhalb Jahren nicht aufhalten: Am 8. Dezember 1968 gewinnt Dynamo an der Lennéstraße durch Tore des ehemaligen Lok-Spielers Eduard Geyer und von Hansi Kreische mit 2:0. Bereits am 27. April 1969 macht die Kresse-Elf im Spitzenspiel gegen Vorwärts Meiningen die Rückkehr in die DDR-Oberliga klar Nach dem 4:0-Sieg haben die Schwarz-Gelben nun drei Spieltage vor Schluss acht Punkte Vorsprung. Zu Hause bleiben sie bis zum Schluss in 15 Partien ungeschlagen.
Dieser Text und weitere Folgen unserer Serie entstammen dem Buch "Einmal Dynamo, immer Dynamo! 111 Geschichten aus der Historie von Dynamo Dresden", erschienen 2017 im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf Berlin.
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