Bad Düben. Eigentlich wäre Steffen Brost an diesem Samstagvormittag mit rund 100 Aktiven und Betreuern aus der Abteilung Gerätturnen des TV Blau-Gelb Bad Düben zum Wettkampf in Mügeln. Stattdessen steht der Vereins-Chef und Trainer auf dem Marktplatz, vor sich ein Mikrofon. Über 100 Kinder, Frauen und Männer von TV, SV Bad Düben, Tennis-, Freizeitsport-, Reitverein Heidehof und Hammermühler Karnevalsverein sind gekommen – mit Mund-Nasen-Schutz und ausreichend Abstand. Würden die Infektionszahlen nicht wieder bedrohlich ansteigen, wären noch mehr da. Auch die Abordnung des SV Bad Düben ist kleiner ausgefallen. Vereins-Chefin Susanne Windisch macht dennoch deutlich: „Wir wollen ein Zeichen setzen und zeigen, dass es uns noch gibt.“
3500 Euro für Tests in der Woche – wer soll das bezahlen?
Der stürmische Wind lässt den Schriftzug „Wir brauchen Sport“ Schwarz auf Weiß energisch auf und ab flattern. Schwebebalken, Bock, Matten und Co. sind auf dem Pflaster drapiert. Sie bleiben unbenutzt. Ein Bild mit Symbolcharakter. „Tausende Mitglieder traten und treten mangels Trainingsmöglichkeiten aus, es findet kein Sportunterricht mehr statt, Vereine stehen teilweise am Abgrund und ganz vielen Menschen fehlt seit Monaten die Bewegung“, sagt Steffen Brost.



Die Vereinsaktion richte sich keineswegs gegen die corona-bedingt verbundenen Restriktionen oder gegen die Stadt: „Nein! Wir wollen heute zeigen, dass wir Vereine noch da sind und existieren. Und ja, wir wollen wieder auf unsere Sportplätze und in die Turnhallen zurück. Wir wollen erreichen, dass alle Vereine bei den schrittweisen Lockerungen der Maßnahmen nicht vergessen werden und nicht erst an letzter Stelle stehen.“ Lockerungen mit Regeln, so fordert der Chef des 550 Mitglieder starken Turnvereins, die „umsetzbar sind und nicht mit komplizierten realitätsfernen Varianten unmöglich werden.“ Wenn bei gesunkener Inzidenz Gruppensport im Innen- und Außenbereich wieder erlaubt würde, dies aber einen aktuellen negativen Test voraussetze, sei dies realitätsfern und nicht umsetzbar. „Mein Verein bräuchte in der Woche ca. 700 davon, weil viele Sportler mehr als einmal zum Training kommen. Das wären rund 3500 Euro. Wer soll das bezahlen?“
Stadt will helfen, wo es nur geht
Doch der Stillstand betrifft nicht nur die Sportvereine. Zwölftklässlerin Elisa Lachmann spricht für den Hammermühler Karnevalsverein, findet für das Anliegen, das alle eint, eindrucksvolle Worte. „Vereine stellen für viele junge Menschen die Gelegenheit dar, Fähigkeiten, Stärken und Fertigkeiten zu entdecken und weiterzuentwickeln. Wir wollen uns auspowern, Talente zeigen, Menschen dafür begeistern, was wir können, was wir lieben und was uns Spaß macht.“
Bürgermeisterin Astrid Münster (FWG) zollt den Menschen auf dem Markt ihren Respekt. „Ich verstehe eure Situation. Wo wir helfen können als Stadt, werden wir es tun. Aber auch wir sind an Regularien des Landes und Bundes gebunden.“ Münster versicherte, „sobald wir als Stadt entscheiden können, werden wir versuchen, für die Kinder und Jugendlichen einiges zu ermöglichen und vielleicht sogar einiges mehr. Das ist mein Versprechen.“
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