17. Dezember 2022 / 16:47 Uhr

Von Benzema bis Nkunku: Ohne diese Superstar-Elf geht Frankreich ins WM-Finale

Von Benzema bis Nkunku: Ohne diese Superstar-Elf geht Frankreich ins WM-Finale

Redaktion Sportbuzzer
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Unter anderem Karim Benzema und Christopher Nkunku fehlen dem französischen Team bei der WM.
Unter anderem Karim Benzema und Christopher Nkunku fehlen dem französischen Team bei der WM. © IMAGO/ZUMA Wire
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Didier Deschamps ist zu beneiden: Der Trainer von Weltmeister Frankreich hat ein enormes Spieler-Reservoir, aus dem er schöpfen kann. Doch die Mission Titelverteidigung muss er ohne eine ganze Reihe Superstars zum Ende führen. Nicht nur Weltfußballer Karim Benzema gehört zu den prominenten Profis, die das Finale gegen Argentinien nicht im Trikot der Equipe Tricolore erleben werden.

Frankreich greift am Sonntag im Duell mit Argentinien nach dem dritten Titel bei einer Weltmeisterschaft - nach 1998 und 2018 soll es auch bei der WM in Katar mit dem Titelgewinn klappen. Immer dabei: Didier Deschamps. Vor 26 Jahren führte er die Equipe Tricolore als Mittelfeld-Lenker im eigenen Land zum ersten Mal auf den Olymp des Weltfußballs, vor vier Jahren stand er als Trainer an der Seitenline. Auch diesmal ist der 54-Jährige mit seinem pragmatischen Stil wieder der Architekt des Erfolges, könnte Frankreich erstmals seit Brasilien 1962 zu einer WM-Titelverteidigung führen. Doch in diesem Jahr gestaltet sich Deschamps' ohnehin schon schwierige Mission noch um einiges kniffliger als sie es ohnehin wäre: Nicht nur, dass vor dem WM-Finale am Sonntag (16 Uhr/ARD und MagentaTV) eine Viruserkrankung die Vorbereitung erschwert - nein, der Trainer muss auch auf etliche Superstars verzichten.

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Viele bekannte Namen des Fußballs werden fehlen, wenn die Equipe im Lusail Iconic Stadium auf den Platz gehen wird - sei es, weil sie sich vor der WM oder während der Gruppenphase schwerer verletzt haben, oder sie wegen eines Überangebots (vom dem Deschamps' deutscher Kollege Hansi Flick nur träumen kann) gar nicht im 26 Mann starken Kader berücksichtigt werden konnten. Der SPORTBUZZER, das Sportportal des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), nennt elf prominente Profis, ohne deren Hilfe Deschamps in Katar auskommen muss.

Tor

Im Kasten der Franzosen gibt es seit Jahren einen absoluten Platzhirsch: Hugo Lloris von Tottenham Hotspur hütete schon 2018 das Tor, hat mit seinen nunmehr 144 Länderspielen den großen Lilian Thuram als Rekordnationalspieler seines Landes abgelöst und ist trotz seiner 35 Jahre weiterhin die unangefochtene Nummer 1. Er zahlt das Vertrauen, das Deschamps in in setzt, bei der WM mit Leistung zurück, präsentiert sich trotz gelegentlicher kleinerer Schwächen in der Strafraumbeherrschung als großer Rückhalt - etwa, als er im Halbfinale gegen Marokko (2:0) einen Fallrückzieher von El Yamiq an den Pfosten lenkte. Die Omnipräsenz von Lloris hat allerdings einen bitteren Nebeneffekt: Die anderen überzeugenden Keeper der Franzosen erhalten kaum Einsatzchancen: Alphonse Areola (29, West Ham) und Steve Mandanda (37, Stade Rennes) stehen immerhin im Kader, mit Mike Maignan von der AC Mailand fehlt ein ganz starker Torwart aber im Aufgebot: Der 27-Jährige hatte sich Ende September einen Wadenmuskelriss zugezogen und konnte folglich nicht berücksichtigt werden.

In der Rückrunde will der Ex-Lille-Profi aber wieder im Tor des Italienischen Meisters stehen - während der Vorrunde postete Maignan, der als potenzieller Erbe von Lloris im Tor der Blauen gilt, auf Twitter Schnappschüsse einer offensichtlich schweißtreibenden Fitness-Einheit mit dem Wort "Patience", Geduld.

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Abwehr

Raphaël Varane, Ibrahima Konaté, Dayot Upamecano, Jules Koundé und Theo Hernandez - die Alternativen, die Deschamps in der Verteidigung sein Eigen nennen kann, sind hochkarätig. So hochkarätig, dass er mit Benjamin Pavard einen Star des FC Bayern sozusagen "auf Eis" legen kann und man beinahe vergisst, dass zahlreiche andere große Namen gar nicht (mehr) dabei sind. Da wäre zum einen Lucas Hernandez, der ältere Bruder von Linksverteidiger Theo. Dieser rückte erst in die Mannschaft, als sich Bayern-Rekordeinkauf Lucas im ersten Gruppenspiel gegen Australien (4:1) nach nur 14 Minuten schwer verletzte - die Horror-Diagnose: Kreuzbandriss, WM- und wohl auch Saisonaus. Für Deschamps zwar ohne Frage schmerzlich, aber doch ein Luxusproblem, hat er mit Theo doch einen qualitativ im Grunde ebenbürtigen Spieler zur Hand, der mit seinem 1:0 gegen Marokko den Weg ins Finale ebnete.

Dass sich Upamecano und Konaté in der Mitte in Deschamps' Plänen festspielen konnten, liegt auch daran, dass mit Presnel Kimpembe von Paris Saint-Germain ein langjähriger Nationalspieler (und Stamm-Innenverteidiger bei der EM vor anderthalb Jahren) nicht in der Form früherer Jahre ist und noch in dieser Spielzeit noch dazu von hartnäckigen Verletzungsproblemen heimgesucht wurde. Ein weiterer großer Name, den man im WM-Kader Frankreichs vergeblich sucht, ist Wesley Fofana vom FC Chelsea. Der 21-Jährige, für dessen Dienste die Londoner im August die Kleinigkeit von 80 Millionen Euro an Leicester City überwiesen, laboriert seit Oktober an einer Knieverletzung, findet unter Deschamps aber ohnehin noch gar nicht statt: Bisher spielte er lediglich für die U21.

Und dann wäre da noch Ferland Mendy, Linksverteidiger von Real Madrid. Deschamps konnte sich erlauben, den 27-Jährigen, dessen Marktwert von transfermarkt.de auf 40 Millionen Euro taxiert wird und der an der Seite von Toni Kroos immerhin Spanischer Meister und Champions-League-Sieger wurde, gar nicht zu berücksichtigen. Bisher absolvierte Mendy nur neun Länderspiele.

Zentrales Mittelfeld

Im Mittelfeld muss Deschamps ohne zwei Stützen der Weltmeister-Mannschaft von vor vier Jahren auskommen. Sowohl N'golo Kanté vom FC Chelsea als auch Paul Pogba von Juventus Turin können aus Verletzungsgründen in Katar nicht dabei sein. Während Pogba nach seinem Sommerwechsel von Manchester United zurück nach Turin wegen einer Oberschenkelverletzung noch gar nicht spielen konnte und Ende Oktober seine WM-Hoffnungen begraben musste, fehlt Kanté mit einer ganz ähnlichen Verletzung bereits seit August. Eine konservative Behandlung hatte nicht angeschlagen, Kanté musste unters Messer. "Menschlich geht sein Einfluss zudem über seine fußballerischen Qualitäten hinaus", zeigte sich Deschamps traurig über den Ausfall des defensiven Ankers, der 53-mal für die Equipe Tricolore spielte. "Er ist so ein liebenswerter kleiner Mann, der immer ein Lachen auf den Lippen hat und in jedem Team, in dem er gespielt hat, eine zentrale Rolle eingenommen hat."

So schwer die beiden Ausfälle der 2018er-Weltmeister Deschamps auch offenkundig getroffen haben mögen, sie erlauben dem Trainer auch einen vergleichsweise eleganten Generationenwechsel ohne großes Stühlerücken: An Stelle des 31 Jahre alten Kanté und des zwei Jahre jüngeren Pogba nehmen bei dieser WM so Aurélien Tchouameni (22) und Yossouf Fofana (23) wichtige Rollen ein, während Eduardo Camavinga (20) als Teil des Kaders erste WM-Minuten sammeln darf - das wäre mit dem prominenten Duo in der Form wohl nicht möglich gewesen.

Offensives Mittelfeld und Außenbahnen

Sehr gefreut auf seine erste WM hatte sich Christopher Nkunku, der bei RB Leipzig seit längerer Zeit in begeisternder Form ist und sich derzeit wohl als bester Spieler der Bundesliga fühlen darf. Und tatsächlich schaffte der 25-Jährige erstmals den Sprung in einen Turnierkader der Franzosen. Doch wenige Tage vor dem Start die Hiobsbotschaft: Bei einem Zweikampf mit Camavinga verletzte sich Nkunku, zog sich einen Außenbandriss im linken Knie zu - und musste abreisen. Dabei hätte er angesichts von zwölf Toren in der Bundesliga-Hinrunde wohl auf reichlich Einsatzzeiten hoffen können. Der für ihn nachnominierte Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt (Tor im Halbfinale gegen Marokko) deutet an, welche Joker-Rolle wohl auf Nkunku gewartet hätte...


Auch für einen weiteren Bundesliga-Profi erfüllte sich der Traum von der Weltmeisterschaft nicht: Moussa Diaby. Dabei spielte der pfeilschnelle Rechtsaußen von Bayer 04 Leverkusen noch im Sommer eine größere Rolle in der Equipe Tricolore, stand in den Nations-League-Spielen gegen Kroatien und Österreich (jeweils 1:1) in der Startelf. Dem 23-Jährigen wurde indes möglicherweise der katastrophale Saisonstart der Werkself zum Verhängnis. Nach dem Trainerwechsel von Gerardo Seoane zu Xabi Alonso drehte Diaby zwar auf (sechs Tore und zwei Assists in den letzten sieben Ligaspielen), die Galaform kam jedoch für eine WM-Nominierung zu spät.

Angriff

Wohl dem, der auf den amtierenden Weltfußballer verzichten kann und dessen Offensive trotzdem zum Nonplusultra in Europa zählt. Als sich Karim Benzema unmittelbar vor Turnierbeginn verletzte und die Heimreise antreten musste, war dies wohl die schlimmste der nicht eben wenigen schlechten Nachrichten, die Deschamps personell verkraften musste. Doch nicht nur Kylian Mbappé (fünf Tore) füllte die große Lücke, die Benzema riss - auch der inzwischen 36 Jahre alte Olivier Giroud (vier Tore), schon vor vier Jahren ein zentraler Baustein in Abwesenheit des seinerzeit geschassten Real-Torjägers, sprang vorbildlich in die Bresche. Benzema wird am Sonntag übrigens im Stadion sein - allerdings nicht auf dem Platz. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron wolle gemeinsam mit dem Ballon d'Or-Gewinner und Pogba nach Katar reisen, teilte die Sportministerin des Landes am Freitag mit.

Wer verpasste sonst noch den Sprung ins Aufgebot? Zu nennen wäre Wissam Ben Yedder, der bei der EM im Sommer 2021 noch berufen wurde und auch in diesem Jahr einige Länderspiele absolvierte, dort aber unter den Erwartungen blieb. Der 32 Jahre alte Stürmer von der AS Monaco bleibt damit ein Unglücksrabe, was große Turniere angeht: Vor vier Jahren wurde er beim Titelgewinn ebenfalls gar nicht nominiert, beim Kontinentalturnier blieb er ohne Einsatz.

Die Elf auf einen Blick

(Marktwerte in Euro: transfermarkt.de)

Mike Maignan (27, AC Mailand, 35 Mio.)

Lucas Hernandez (26, FC Bayern, 50 Mio.)
Presnel Kimpembe (27, Paris Saint-Germain, 40 Mio.)
Wesley Fofana (21, FC Chelsea, 65 Mio.)
Ferland Mendy (27, Real Madrid, 40 Mio.)

N'golo Kanté (31, FC Chelsea, 30 Mio.)
Paul Pogba (29, Juventus Turin, 35 Mio.)
Moussa Diaby (23, Bayer Leverkusen, 50 Mio.)
Christopher Nkunku (25, RB Leipzig, 80 Mio.)

Karim Benzema (34, Real Madrid, 35 Mio.)
Wissam Ben Yedder (32, AS Monaco, 20 Mio.)

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