16. November 2021 / 15:58 Uhr

WM in Leipzig statt in Katar: "Man kann Fußball einfach nicht mehr ohne schlechtes Gewissen schauen"

WM in Leipzig statt in Katar: "Man kann Fußball einfach nicht mehr ohne schlechtes Gewissen schauen"

Johannes David
Leipziger Volkszeitung
Wollen eine WM-Alternative organisieren: Julius Klaer (von links), Lea Quandt, Anton Kämpf und Christian Gedicke.
Wollen eine WM-Alternative organisieren: Julius Klaer, Lea Quandt, Anton Kämpf und Christian Gedicke (v.l.). © privat
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Eine Hand voll Studierender plant Großes. Sie wollen eine Alternative zur Fußball-WM im kommenden Jahr in Katar organisieren. Steigen soll das Turnier in Leipzig. Was die jungen Leute dafür als Erstes brauchen ist Geld. Die Crowdfunding-Aktion für den Global Cup startet am 21. November.

Leipzig. Vier Studierende wollen es mit der Fifa aufnehmen und eine Fußball-Weltmeisterschaft in Leipzig organisieren – parallel zum Turnier in Katar. Unter dem international-schmissigen Namen Global Cup soll die Alternativ-WM den Winter 2022 erhellen, ganz ohne Scheich-Millionen. Während der sportliche Wert überschaubar bleiben dürfte, soll das Umfeld mit Live-Übertragungen, Interviews und sonstigen Wohlfühl-Extras professionell daherkommen.

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Dafür braucht es zunächst einmal Geld, viel Geld. 500.000 Euro sind das hehre Ziel einer Crowdfunding-Kampagne, die am 21. November beginnt. Die Hälfte der dort gesammelten Scheine geht direkt als Spende an gemeinnützige Projekte.

Die Organisatoren v.l. Christian Gedicke , Julius Klaer und Anton Kmäpf für eine alternative Fußball-WM in Leipzig
Die Organisatoren v.l. Christian Gedicke , Julius Klaer und Anton Kmäpf für eine alternative Fußball-WM in Leipzig © Andre Kempner

Und so sehen die Organisatoren Lea Quandt, Christian Gedicke, Julius Klaer und Anton Kämpf ihr Projekt zuvorderst als Symbol gegen die an mancher Stelle fragwürdigen Auswüchse des Fußballgeschäfts. „Ich war einfach hart genervt von der Situation, hatte schon vor drei Jahren keinen Bock, die WM in Russland zu gucken“, sagt Julius Klaer, der im Quartett als „der Schöpfer“ des alternativen WM-Gedankens gilt. „Ursprünglich war es nur für unseren Freundeskreis gedacht. Die Reaktionen waren so gut, dass wir mehr draus machen wollen“, erzählt Klaer.

Doch wovon sind er und seine Mitwisser eigentlich derart „hart genervt“? „Man kann Fußball einfach nicht mehr ohne schlechtes Gewissen schauen. Irgendwann summiert es sich“, antwortet Christian Gedicke. „In Katar herrschen menschenverachtende Zustände, die Bundesliga sieht sich in einer Sonderrolle. Zuletzt hat das Joshua Kimmich mit seiner Impfweigerung gezeigt. Das ist das Gegenteil von einem Vorbild.“

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Mit Stil und Herzblut

Vorbildliche Bilder und Töne will dagegen die Viererbande von ihrer eigenen WM aus Leipzig um den Globus schicken. „Journalistisch aufbereitet, im großen Stil und mit viel Herzblut“, berichtet Klaer. Herzblut allein finanziert freilich keine Mitarbeiter, Übertragungs-Technik, Kameras, Bälle oder Platzmieten. Auch die „faire Bezahlung“ aus dem Spendentopf sieht Klaer als Zeichen gen Fifa und Katar. Mehr noch: „Wir wollen niemanden ausschließen, alle dürfen mitmachen.“

Der Weg führt also zurück zu den Ursprüngen des Fußballs und all seinen Facetten. „Mit kindlichem Blick auf die WM schauen, genießen, die eigenen kleinen Geschichten erleben.“ Das möchte Anton Kämpf. Mit Leistungssport wird der Global Cup dagegen wenig gemein haben. „Der Spaß ersetzt die Qualität der Profis. Wir wollen einen Raum schaffen, in dem sich alle wohlfühlen“, sagt Klaer.

Scheitern nicht ausgeschlossen

Der Spielplan sieht 16 Mannschaften und insgesamt 33 Partien in vier Wochen vor. Woher sie kommen sollen, ist noch einigermaßen unklar. Das beunruhigt bislang jedoch niemanden. „Ich bin sehr guter Dinge. Das ist Amateursport, und da bringen die Leute unglaublich viel Elan mit“, sagt Gedicke. Mitmachen kann jeder, unabhängig vom Geschlecht, nur die fußballerischen Fähigkeiten dürften nicht zu weit auseinanderdriften. Und: „Jedes Team soll ein Land repräsentieren, das losen wir zu. Schließlich kann man sich auch im wahren Leben seine Herkunft nicht aussuchen“, so Gedicke.

Eine Menge Holz für vier Mit-Zwanziger, die zwar einen (Finanz-)Plan haben, große Träume und eine stetig wachsende Organisations-Riege, aber eben auch noch den längsten Teil des Weges zum WM-Titel vor sich. Zu viel naive Schwärmerei ist bei aller Liebe zum Spiel nicht drin. „Wir wissen, dass wir scheitern können“, sagt Anton Kämpf. Angst davor hat aber keiner.

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„Wenn die Leute es schlecht finden, müssen wir das akzeptieren. Aber ein Turnier werden wir auf jeden Fall organisieren und wenn es nur ein Wochenende im Freundeskreis ist“, ergänzt Julius Klaer. Womit der Schöpfer wieder bei seiner ursprünglichen Idee wäre. Zurück zu den Wurzeln des Fußballs, das ist es, was sich die Vier eigentlich wünschen.

Kurz nach Weihnachten endet die Crowdfunding-Kampagne, dann weiß die Fußball-Welt, ob es 2022 eine alternative WM in Leipzig gibt oder (nur) ein Turnier unter Freunden.

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