Am Samstagnachmittag das erste Tor für den VfL beim 2:0-Sieg in Frankfurt erzielt, abends dann war Max Kruse im ZDF-Sportstudio zu Gast. Und der VfL-Rückkehrer, der gern mal polarisiert, sprach offen und ehrlich über seinen Wechsel von Union Berlin nach Wolfsburg, seinen Lebensstandard, Geld und sein Körpergewicht. Denn man kann den Eindruck gewinnen, dass das VfL-Trikot etwas mehr spannt als bei seinen Kollegen des Fußball-Bundesligisten.
„Dass ich jetzt kein Cristiano Ronaldo und durchtrainiert von oben bis unten bin, das muss ich keinem erzählen, das weiß jeder. Aber ich bin nicht unfit, kann, wie man gesehen hat, auch 90 Minuten laufen. Von daher reicht es noch", sagte Kruse gut gelaunt. Etwas ernster wurde seine Miene, als es um seinen Wechsel von Union zum VfL ging. "Ich hatte eine sehr intensive und geile Zeit bei Union, keine Frage. Aber für mich lief das zweite Jahr nicht mehr so wie das erste. Ich war nicht mehr so zufrieden wie im ersten Jahr", sagte der 33-Jährige auf Nachfrage zu seinem Verhältnis zu Trainer Urs Fischer. "Das heißt nicht, dass das Verhältnis komplett zerbrochen oder schlecht war. Aber ich habe mir da etwas anderes vorgestellt."
Der VfL Wolfsburg bei Eintracht Frankfurt - die Bilder
Bei seinen 23 Saison-Einsätzen für Union in drei verschiedenen Wettbewerben war er 18 Mal in der Schlussphase ausgewechselt worden. "Als Sportler will man natürlich immer von der ersten bis zur letzten Minute spielen", sagte der Angreifer. Er habe "einige Sachen nicht so verstanden, wie andere sie verstanden haben". Und: "Die Entscheidung, den Verein (Anmerkung der Redaktion: Union Berlin) im Sommer zu verlassen, die stand schon länger fest", erklärte Kruse. "Ein hauptsächlicher Punkt, warum ich lange gegrübelt habe: Ich hätte gern noch mit Union den Pokal geholt. Auch weil ich noch gar keinen Titel geholt habe. Aber ich musste mich entscheiden, das habe ich getan."
Für 5 Millionen haben die Wolfsburger den ehemaligen Nationalspieler verpflichtet und schon im zweiten Spiel hat der Stürmer damit angefangen, zurückzuzahlen. Denn Kruse erzielte beim Sieg in Frankfurt nicht nur die Führung, sondern er gehörte auch sonst zu den besten VfLern auf dem Platz. In der 28. Minute hatte Wolfsburgs Frankfurt-Schreck Kruse vom Punkt getroffen. Zuvor hatte es viel Aufregung gegeben. Kruse wurde an der Strafraumkante von Martin Hinteregger umgerannt. Schiedsrichter Frank Willenborg gab zunächst Freistoß, doch der Videokeller in Köln schaltete sich ein.
Nach Ansicht der Videobilder gab es Elfmeter, den Kruse eiskalt zur VfL-Führung verwandelte. Der Frankfurt-Spezialist traf somit im vierten Spiel in Serie gegen die SGE. Das 1:0 war sein sechster Treffer in dieser Saison. "Ich kriege den Ball und mache meinen typischen Haken – und er steht mir halt komplett im Weg", beschrieb Kruse die Szene vor dem Elfer im Interview bei Sky. Hinteregger könne sich "nicht in Luft auflösen, das weiß ich auch. Es war eine 50:50-Situation". Wenn der Schiri gewusst hätte, "dass es im Strafraum wäre, hätte er es, glaube ich, nicht gepfiffen. So pfeift er und muss dann auf Elfmeter entscheiden – Glück für uns."
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Kruse, mit gelbem Designer-Pullover und an den Knien weit aufgeschnittenen schwarzen Jeans, sagte bei seinem ZDF-Auftritt, so zumindest der Eindruck, was er denkt. Er war offen und ehrlich, ohne großartig Allgemeinplätze zu benutzen. Er hatte seinen Wechsel auch damit begründet, dass er beim VfL mehr Geld verdiene. Im Internet, wo er regelmäßig Fragen seiner Fans beantwortet, wurde er dafür hart kritisiert, er war als Söldner oder als geldgierig beschimpft worden. "Geldgeier", merkte Kruse schmunzelnd an, "war auch noch dabei. Das sind so Sachen, die fliegen durchs Internet." Aber diese Beleidigungen "sind mir relativ egal". War das schon immer so? Kruse: "Ich kann mich nicht an die Zeit erinnern, in der es mir nicht egal war. Wahrscheinlich war es nie so, dass mich das richtig berührt hat." Gleichwohl sei es "nie schön, solche Dinge zu lesen. Aber ich habe die Welt des Fußballs jetzt ja auch schon ein bisschen verstanden. Ich bin 15 Jahre im Geschäft."
Lange im Geschäft - während seines ersten VfL-Engagements in der Saison 2015/16 hatte Kruse in Berlin eine legendäre Taxi-Tour erlebt. Die wohl kostspieligste seines Lebens. Der Stürmer soll damals 75.000 Euro verloren haben. „Eine Plastik-Tüte war es nicht, es war ein Rucksack. Der ist auch noch weg, also kannst du noch einen Tausender draufrechnen“, sagte Kruse grinsend. „Ich habe ihn im Kofferraum gelassen. Ich habe ihn reingelegt und beim Aussteigen, halb sieben Uhr morgens, nicht mehr dran gedacht.“ Der letztjährige Olympia-Teilnehmer ging ins Detail: „An dem Abend sind wir mit ein paar Jungs nach Berlin und wollten feiern. Und vorher noch eine Runde ins Casino. Ich wollte nicht das ganze Geld ausgeben, habe dann sogar noch gewonnen, hatte nicht soviel Bargeld vorher dabei. Dann musstest du ja den Rucksack auch mitnehmen. Und wir waren nicht mit dem Auto unterwegs.“
Kruse sprach auch über seinen Lebensstandard. „Wenn ich den Lebensstandard, den ich jetzt habe, weiterführen will, habe ich auf keinen Fall ausgesorgt, da muss man auch ganz ehrlich sein. Ich spiele vielleicht noch zwei, drei Jahre Fußball. Wenn ich dann so weiterleben würde, wie ich es jetzt bis heute tue, komme ich mit dem Geld auch nicht auf Dauer hin.“ Er erzählte auch, wofür er gern viel Geld ausgibt. Der Wolfsburger: „Ich habe natürlich ein Faible für Autos, ich versuche die Autos zu kaufen, die vielleicht eine gewisse Wertanlage haben. Die man später eventuell, wenn es sein muss, verkaufen kann. Bei Immobilien bin ich natürlich auch dabei.“ Da habe er, "zum Glück" mit seinem Vater jemanden, der darauf achtet, "dass ich nicht alles ausgebe. Aber ich bin auch jemand, der im Hier und Jetzt lebt. Mir bringt es nichts, mit 60 Jahren so uns so viele Tausende oder Millionen Euro auf dem Konto zu haben, sondern man ist ja nur einmal jung und lebt auch nur einmal.“
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