Der Transfer-Winter der Bundesliga drehte sich bislang vor allem um zwei Schweizer Torhüter: Yann Sommer, die Nummer eins der Nationalmannschaft wechselte als Vertreter des schwer verletzten Manuel Neuer von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München. Im Gegenzug verpflichteten die Gladbacher Landsmann Jonas Omlin als Sommer-Ersatz. Damit spielen nun neben BVB-Schlussmann Gregor Kobel gleich drei Schweizer-Keeper bei deutschen Spitzenvereinen. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Eidgenossen auf der Torwart-Position? Und wie schätzt er den Sommer-Wechsel zum Rekordmeister ein? Der SPORTBUZZER, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), hat bei Patrick Foletti, dem Torwarttrainer des Schweizer Nationalteams, nachgefragt.
SPORTBUZZER: Patrick Foletti, Sie arbeiten seit über zehn Jahren mit Yann Sommer. Wie bewerten Sie seinen Wechsel von Gladbach zum FC Bayern?
Patrick Foletti (48): Ich habe keine Zweifel daran, dass das die richtige Entscheidung von Yann gewesen ist. Wenn Bayern dich unbedingt will, musst du dort hingehen. Er braucht sicher noch etwas Zeit, ist aber von einem perfekten Verständnis auf dem Platz zu seinen Mitspielern nicht mehr weit entfernt. Mit seiner Klasse und Spielintelligenz geht das ganz schnell.
Nächste Saison muss sich Sommer mit Manuel Neuer duellieren. Sehen Sie Parallelen zwischen den beiden?
Natürlich gibt es Ähnlichkeiten: Es sind beides Top-Torhüter, die in puncto modernes Torwartspiel als Vorreiter gelten. Sie halten nicht nur die Bälle, sondern sind auch die ersten Feldspieler ihrer Mannschaft. Auch das hat bei den Bayern den Ausschlag gegeben, dass sie Yann unbedingt verpflichten wollten.
Torwarttrainer Foletti erklärt: Das habe ich Yann Sommer mit auf den Weg gegeben
Ist das Risiko mit Blick auf einen drohenden Bankplatz nicht sehr groß?
Das interessiert mich aktuell wenig bis gar nicht. Wir leben in einem Business, wo nur das Momentum zählt. Yann wird jetzt die nächsten Monate spielen. Was nach der Saison passiert, hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab. Ich habe Yann nur mit auf den Weg gegeben, dass er die Zeit in München genießen und für sich nutzen soll.
Wäre es überhaupt denkbar, dass die Nummer eins der Schweiz in seinem Klub nur auf der Bank säße?
Es steht nirgendwo geschrieben, dass es Pflicht ist, dass du als Nationalspieler auch im Verein immer spielen musst. Wir hatten in der Vergangenheit auch immer wieder einige Stammspieler bei uns, die im Klub eher auf der Bank gesessen haben. Aber natürlich wäre es von Vorteil, wenn man in seinem Klub möglichst viel Spielpraxis erhalten würde. Klar ist, dass sich an der Hierarchie bei uns auf der Torhüterposition erst mal nichts ändern wird.
Nach der Entlassung von Toni Tapalovic bekommt Sommer einen neuen Torwarttrainer. Auch ihr Name wurde gehandelt ...
Ich hatte noch vor ein paar Tagen einen guten Austausch mit Toni und wollte ihn eigentlich in München besuchen. Jetzt werde ich jemanden anders treffen. Da lasse ich mich überraschen. Mich hat diesbezüglich niemand kontaktiert und ich bin auch sehr glücklich mit meinem aktuellen Job. Ich will mich da jetzt nicht an Spekulationen beteiligen und bin der Letzte, der seinen Senf dazugeben wird. Es gibt genug Top-Kollegen in Deutschland, die diesen Posten auch gut ausüben würden.
Kobel zum FC Bayern? "Ich bin mir sicher, dass er alle Optionen haben wird"
In Gladbach arbeitet Ihr Landsmann Fabian Otte als Torwarttrainer nach Sommer nun erneut mit einem Schweizer zusammen – Jonas Omlin. Worauf kann sich die Bundesliga freuen?
Auf einen Torhüter mit einem ganz spannenden Profil. Er hat ein unglaubliches Potenzial und die Qualität, um noch besser zu werden. Jonas passt richtig gut zu Gladbach und wird sich dort weiterentwickeln. Ich hatte in der Schweiz noch nie einen Torwart mit solchen Werten im Bereich der Explosivität. Jonas ist sehr gut in der Raumverteidigung, fängt gerne steile Pässe ab und ist eine richtig geile Persönlichkeit.
Omlin in Gladbach, Sommer in München. Und Gregor Kobel zählt in Dortmund bereits zu den Topkeepern in der Bundesliga. Wie sehen Sie seine Entwicklung?
Gregor ist mit seinem Transfer zum BVB in neue Sphären eingetreten. Es ist erstaunlich, mit was für einer Selbstverständlichkeit er schon in den ersten Spielen vor diesem Publikum in Dortmund aufgetreten ist. Ich freue mich wahnsinnig über seine Fortschritte. Es tut uns in der Nationalmannschaft sehr gut, wenn die Torhüter in Topklubs spielen und international zum Einsatz kommen.
Auch Kobel wurde bereits mit einem Transfer zum FC Bayern nach Neuers Vertragsende 2024 in Verbindung gebracht. Wäre auch er bereit für solch einen Wechsel?
Gregor ist sicherlich nicht weit davon entfernt. Mit seinem Profil und Potenzial kann er ganz sicher in den nächsten Jahren den nächsten Schritt machen – ob nach München oder irgendwo anders hin, das wird man dann sehen. Ich bin mir sicher, dass er alle Optionen haben wird, wenn die Zeit für einen Transfer gekommen ist.
Nicht in der Bundesliga spielt die aktuelle Nummer vier der Schweiz. Philipp Köhn wurde aber in Deutschland geboren und ist im Westen aufgewachsen. Er spielte in der Jugend unter anderem für Schalke 04 und den VfB Stuttgart. Bis zur U18 kam er auch für den DFB zum Einsatz. Wie konnten Sie ihn von der Schweiz überzeugen?
Wir begleiten Philip schon sehr lange. Ich habe ihn kennengelernt als er gerade erst 13 Jahre alt gewesen ist. Er hat auch nach seinem Wechsel zum Schweizer Verband immer wieder Einladungen vom DFB erhalten, ist aber bei uns geblieben. Er zählt klar zum aktuellen Kader und durfte bei der WM wichtige Erfahrungen als Nummer vier machen.
Ein Pflichtspiel hat er für die A-Nationalmannschaft aber noch nicht bestritten. Eine Rückkehr zum DFB wäre also noch möglich …
Philipp hat sich klar für die Schweiz entschieden. Uns ist aber natürlich auch bewusst, dass wir noch keine hundertprozentige Sicherheit haben. Aber wir haben hier mit ihm etwas aufgebaut und pflegen eine enge Beziehung. Ich bin fest davon überzeugt, dass er weiter ein Teil unseres Kaders sein wird.
Sie können sich mit Blick auf die Zukunft auf der Torhüter-Position überhaupt nicht beschweren. Das sieht in Deutschland anders aus. Einen wie Köhn könnte man dort sicherlich bald gut gebrauchen.
Philipp ist auf einem sehr guten Weg und wird vielleicht schon in naher Zukunft die nächste Herausforderung bei einem anderen Klub angehen. Aber das Problem beim DFB interessiert mich nicht. Das sind nicht meine Sorgen. Aber man erkennt natürlich schon, dass da eine gewisse Lücke entstanden ist. Wer nach Neuer einmal auf lange Strecke die Nummer eins sein soll, wüsste ich nicht.
Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis