Bewegende Abschiedsworte von Max Eberl in Gladbach: "Will gerade mit Fußball nichts zu tun haben"
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Max Eberl hat über seinen Rücktritt als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach gesprochen.
© Quelle: IMAGO/Sven Simon
Die Pressekonferenz von Borussia Mönchengladbach begann mit Stille. Als Max Eberl um die Erklärung für seinen Rückzug gebeten wurde, musste sich der scheidende Sportdirektor für einige Momente sammeln. Er kämpfte mit den Emotionen, suchte die für die schwierige Situation passenden Worte und setzte schließlich an. "Das ist mit Abstand die schwerste Pressekonferenz in der Zeit, in der ich Sportdirektor sein durfte", sagte der sichtlich bewegte Eberl zu seinem Rückzug und leitete umgehend zu den Gründen für seine Entscheidung über.
Er sei "ein ganz gutes Beispiel dafür, was im Moment auf der Welt passiert", sagte der 48-Jährige und knöpfte sich mit Blick auf seine eigene Situation die permanente Aufgeregtheit rund um alles und jeden vor. Er habe mit Vereinsverantwortlichen "sehr vertrauensvolle und gute Gespräche" gehabt und erklärt, wie es ihm derzeit gehe: "Was dann in 24 Stunden daraus gemacht wurde und was alles gesprochen und was alles spekuliert wird, ist genau das, das mich tatsächlich krank macht. Das ist ein ganz simpler Grund, warum ich nicht mehr arbeiten kann. Ich bin einfach erschöpft und müde. Ich habe keine Kraft mehr, diesen Job so wie es dieser Verein benötigt auszuüben."
Es handele sich bei seinem Schritt nicht um eine Entscheidung aus "verletztem Stolz, Wut, Frust, Liebe oder irgendetwas". Eberl gingen seine Ausführungen sichtlich nahe: "Ich beende etwas, das mein Leben war. Ich beende etwas, das mir sehr viel Freude und Spaß bereitet hat, weil Fußball mein Leben und meine Freude ist." Dann fügte er an: "Viele Dinge drumherum sind nicht mehr meine Freude und nicht mein Spaß." Er müsse einen "Schlussstrich ziehen" und "auf den Menschen aufpassen." Er habe sich mit vollem Engagement um den Verein gekümmert, diese Kraft sei nun "einfach nicht mehr da". Es gehe "gerade nicht um Fußball, es geht um mich".
Gladbach-Präsident Rolf Königs bezeichnete den Freitag als "keinen schönen, ja sogar einen Mist-Tag". Er bezog sich damit vor allem auf die gesundheitliche Verfassung seines Angestellten. Eberl selbst gab an, dass die Borussia ihm Freiräume bis zu seiner Genesung angeboten habe, er den Schritt aber nun vollziehen müsse. Schon im vergangenen Januar hatte Eberl eine vierwöchige Pause eingelegt, diese aber nicht konkret mit mentaler Erschöpfung begründet. Dazu sagte er am Freitag: "Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, ich muss und möchte aus dieser Mühle mal raus, die ich in diesem Klub seit 23 Jahren habe." Nach seiner Rückkehr sei er "wieder sehr hart in der Fußball-Realität aufgeprallt".
"Ich bin ein Mensch, der alles, was er tut, zu 100 Prozent tut. Bei mir gibt es keine 99 Prozent", erklärte Eberl. Schon im vergangenen Jahr habe er gemerkt, dass ihm sein "Perfektionismus", seine "Akribie" und sein "Verantwortungsbewusstsein für jedes Spiel" sehr viel Kraft gekostet habe. In seiner Wahrnehmung sei "jede Niederlage meine Niederlage" gewesen: "Irgendwann habe ich gemerkt, dass es zu viel ist." Er denke zum ersten Mal in seinem Leben an sich, betonte Eberl: "Wenn irgendjemand glaubt, ich mach das hier, weil ich einen Vereinswechsel haben will: Vergesst das ganz schnell. Ich will einfach raus und mit diesem Fußball gerade nichts zu tun haben. Ich will einfach mal die Welt sehen. Ich will Spaß und Freude haben. Ich will keine Verantwortung haben. Ich will einfach Max Eberl sein."
Eberl plädierte für einen respektvolleren Umgang miteinander, um Situationen wie die seine künftig zu vermeiden. "Man soll sich immer bewusst sein, was man da mit dem Menschen und seinem Umfeld tut. Der Fußball soll im Mittelpunkt stehen. Und nicht die ganzen Geschichten drumherum", sagte der Manager. Er sei für seinen Schritt in den sozialen Netzwerken schon beschimpft worden, bevor er sich überhaupt geäußert habe: "Es würde mich freuen, wenn sich jeder in seinem kleinen Mikrokosmos hinterfragt und sich fragt, was mache ich da gerade?"
Am Freitagvormittag hatte sich Eberl bereits von der Mannschaft und den Mitarbeitern der Geschäftsstelle verabschiedet. Manche Angestellte begleiteten die Worte des scheidenden Chefs nach SPORTBUZZER-Informationen mit Tränen. Insgesamt verlief der Abschied sehr emotional. Eberl war 1999 zunächst als Spieler zur Borussia gekommen. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn wurde er 2005 Nachwuchskoordinator des Klubs und übernahm drei Jahre später den Posten des Sportdirektors.
Unter Eberl entwickelte sich Gladbach von einem abgestürzten Traditionsklub zu einem Vorzeigeverein, der es bis in die Champions League schaffte. Zuletzt mehrten sich jedoch die Probleme. Die aktuelle Saison verläuft enttäuschend, in der Bundesliga belegt man momentan nur den zwölften Platz. Die Abstiegsränge sind näher als das internationale Geschäft. Jüngster Tiefpunkt war eine 0:3-Niederlage im Achtelfinale des DFB-Pokals bei Zweitligist Hannover 96. Dies ist jedoch angesichts Eberls Gesundheit zweitrangig. Er schloss die Pressekonferenz am Freitag mit den Worten: "Es braucht sich keiner Sorgen machen. Ich werde weg sein wie Hape Kerkeling, zwar nicht am Jakobsweg, aber ich werde mich erholen. Es war eine Ehre hier zu arbeiten."
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