"Eklig" bleiben: Wie Union Berlin den nächsten Umbruch in der Bundesliga meistern will
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Für Urs Fischer (rechts) und Union Berlin geht es in der kommenden Saison in die Europa League.
© Quelle: IMAGO/Nordphoto/Matthias Koch (Montage)
In Köpenick ist nichts mehr so, wie es mal war – und eigentlich doch alles wie immer. Historisch gesehen liegt hinter dem 1. FC Union eine Rekordsaison, die beste, seit der Fußballklub aus dem Berliner Südosten der Bundesliga angehört. Das war in den Spielzeiten 2019/2020 und 2020/2021 schon so: Erst der Klassenverbleib, dann der Einzug in die Conference League – und 2021/2022 schaffte Union als Fünfter die Qualifikation für die Europa League. Ob die Berliner in der neuen Runde diesen Platz bestätigen können, ist deshalb die große Frage – aber keine, die im Umfeld des Vereins verhandelt wird.
Die Kontinuität, wie sie bei Union auf den wichtigen Positionen (Manager, Trainer, Kapitän) herrscht, lebt Union auch in der Frage nach den Zielen vor. Selbst die Fans, jedenfalls die meisten, hoffen wieder mal "nur" auf einen Verbleib in der Bundesliga. Die Zurückhaltung hat Gründe: Trainer Urs Fischer hat im Lauf der vergangenen zehn Monate eine komplette Achse verloren. Erst wechselte Mittelfeldstratege Robert Andrich (Leverkusen), dann gingen im Winter Innenverteidiger Marvin Friedrich (Mönchengladbach) und Offensivstar Max Kruse (Wolfsburg) und schließlich, nach Ende der vergangenen Runde, Grischa Prömel (Hoffenheim) sowie Toptorschütze Taiwo Awoniyi (15 Ligatore/Nottingham Forest).
Da kann man die Ziele klein halten, findet Manager Oliver Ruhnert, der in der taz sagte: "Wir sind der Verein, der die wenigsten Bundesliga-Jahre auf dem Buckel hat. Auch wenn das keiner mehr hören will, bleiben wir immer noch ein bisschen der Gegenentwurf zu vielen anderen Klubs. Wir wissen, dass wir vielleicht auch mal wieder um den Klassenerhalt spielen."
Trainer Fischer setzt weiter auf "ekligen" Fußball
In Köpenick müssen die zehn Neuzugänge – Mittelfeldspieler Morten Thorsby (26) von Sampdoria Genua kam erst am Dienstag hinzu – Fischers Automatismen lernen. Ein wenig werden sich die Hierarchien verschieben. Da hilft es, dass Trainer Fischer Erfahrung mit personellen Rochaden hat. Die taktische Ausrichtung steht ohnehin fest: Fischer will am "ekligen" Fußball festhalten – defensiv kompakt, bevorzugt mit drei Innenverteidigern spielend, offensiv setzt er auf starke Außenverteidiger und schnelles Umschaltspiel.
Dazu passt, dass der antrittsstarke Sheraldo Becker Teil des Mannschaftsrates ist; er soll noch stärker zum Unterschiedsspieler entwickelt werden, so wie es Kruse war. "Ich weiß, dass ich mehr Verantwortung übernehmen muss – auf und neben dem Platz. Ich bin ja nicht mehr neu im Verein", sagte der 27-Jährige im Trainingslager in Österreich der B.Z.. Dass Becker seinen auslaufenden Vertrag verlängert hat, beweist im Übrigen, dass Union in der Lage ist, gefragte Spieler zu halten.
Awoniyi-Nachfolger aus der Schweiz
Beckers neuer Partner in der Offensive dürfte Jordan Siebatcheu heißen. Der von Young Boys Bern für etwa 6 Millionen Euro verpflichtete Torschützenkönig der 1. Schweizer Liga (22 Tore in 32 Spielen), der sich Jordan Pefok nennt (nach dem Mädchennamen seiner Mutter), soll Awoniyi ersetzen, als Stoßstürmer Bälle sichern und selbst verwerten.
Am ersten Spieltag empfängt Union zum Derby Hertha BSC – spätestens dann ist im Stadion An der Alten Försterei sowieso alles wie immer: laut, eng und eben immer noch ein bisschen anders.
Die Prognose des Autors: Im Verein herrscht Ruhe, die Vorbereitung lief bisher weitgehend reibungslos und Trainer Fischer hat ohnehin einen klaren Plan vom Fußball, den er spielen lassen will. Union darf zuversichtlich in die neue Saison gehen und könnte hinter den Großmächten Bayern, Dortmund, Leipzig und Leverkusen wieder eine gute Rolle spielen.
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