Kommentar: Der Sündenbock-Plan des FC Bayern mit Kahn und Salihamidzic ging nach hinten los
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Oliver Kahn (r.) und Hasan Salihamidzic werden in Zukunft nicht mehr in leitender Funktion nebeneinander auf der Tribüne der Allianz Arena sitzen.
© Quelle: IMAGO/MIS (Montage)
"Perfect timing" - sagt man so schön, wenn etwas punktgenau aufgeht. Der Münchner Mittelfeldspieler Jamal Musiala hatte das am Samstag drauf als er in der 89. Minute kurz vor dem Strafraum abzog und den Ball ins lange Eck von Kölns Keeper Marvin Schwäbe schickte: Das Meistertor, erzielt von Bayerns "Bambi", so der Spitzname Musialas, der erst vier Minuten zuvor eingewechselt worden war. "Perfect timing", von Trainer Thomas Tuchel.
Die Münchner Strippenzieher bewiesen zum wiederholten Mal in dieser Saison, dass sie eines nicht haben: den Sinn für eben dieses "perfect timing". Schon während des Spiels raunte man, weil Vorstandsboss Oliver Kahn in Köln fehlte, dass seine Ablösung unmittelbar bevorstehe. Nach dem Abpfiff und damit mitten hinein in die unverhofften Feierlichkeiten platzte die Nachricht, dass nicht nur der ehemalige Weltklasse-Torhüter, sondern auch Sportvorstand Hasan Salihamidzic bereits entlassen worden sind. Am Freitag senkte der Aufsichtsrat auf einer außerordentlichen Sitzung die Daumen, wies den beiden die Tür.
Während Kahn laut eigener Aussage "die Reise zum Spiel nach Köln und der Besuch der Meisterfeier vom Klub untersagt" wurde, feierte Salihamidzic auf der Tribüne tapfer neben Präsident Herbert Hainer und Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen, der Kahns Erbe als Vorstandsboss antritt. Für Kahn war es "der schlimmste Tag meines Lebens, es mir zu nehmen, mit den Jungs zu feiern". Ziemliches "bad timing"! War die Inszenierung der Entlassung ein eiskalter Plan oder wurden die Bosse um Hainer und Dreesen von der Party für die seit letztem Wochenende abgeschriebenen Meisterschaft in Köln kalt erwischt?
Kam dem FC Bayern die Meisterschaft in die Quere?
Der Abschied von Kahn stand längst fest. Daher wollte man sich im Aufsichtsrat nicht der Gefahr aussetzen, dass der einst von den Fans als "Titan" verehrte Nachfolger von Karl-Heinz Rummenigge bei einer möglichen Ehrung auf dem Münchner Marienplatz am Sonntagnachmittag gefeiert wird. Dann lieber gleich ein harter Cut. Doch im Grunde ging man davon aus, als Vizemeister dem BVB gratulieren zu müssen. Bei einer Meisterschaft von Borussia Dortmund hätte man die Sündenböcke punktgenau präsentiert und im Nebeneffekt wäre die Entlassung von Kahn und Salihamidzic ein Kniff gewesen, am Ende der Saison doch das bestimmende Thema der Menschen zu sein. Außerdem hätte die Aktion in diesem Fall vom traurigen Trainer Tuchel und der titellosen Saison der Mannschaft abgelenkt.
Die Kommunikation der Entlassungen geriet erneut zum Fiasko wie schon bei Trainer Julian Nagelsmann, der am 23. März nicht von seinen Bossen, sondern aus den Medien vom Rauswurf erfuhr. Kahn und Salihamidzic wurde es nun immerhin persönlich mitgeteilt – doch der Zeitpunkt und die Begleitumstände der Verabschiedung wirkt befremdlich.
Der FC Bayern hat in seiner Außendarstellung erneut kein gutes Bild abgegeben. Die Schale in den Händen der Profis war lediglich ein nettes Accessoire, die Gefühle und Gedanken der Spieler wie der Fans kreisten jedoch um den Rauswurf der Bosse. Tuchel wirkte angefasst und konsterniert wie ein Trainer, der nicht den Meistertitel, sondern den Abstieg seiner Mannschaft moderieren muss.
Dass man (= Uli Hoeneß?) nun bereits Max Eberl kontaktiert haben soll noch bevor dieser, gerade einmal sechs Monate als Geschäftsführer von RB Leipzig im Amt, am kommenden Samstag das Pokalfinale mit seinem neuen Arbeitgeber bestreitet, ist: "bad timing". Für die Leipziger.
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