Personal, Comedy, Weltpolitik: Welche Botschaften Klopp und Ancelotti vor dem Champions-League-Finale senden
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Jürgen Klopp und Carlo Ancelotti greifen am Samstag in der Königsklasse nach dem Titel.
© Quelle: IMAGO/Newspix/NurPhoto/dpa/Montage
Der Medienraum im Stade de France in Paris erinnert an einen Kinosaal. Er ist ausgestattet mit schwarzen Polstersitzen, in denen man entspannt mehrere Stunden verbringen könnte. Die Sitzreihen sind stufenweise angeordnet, sodass man auch aus der letzten Reihe beste Sicht hat. Anstatt einer Leinwand befindet sich vorne eine Bühne. Am Freitag nahm dort zuerst Jürgen Klopp und dann Carlo Ancelotti Platz, um einen Ausblick zu liefern auf das Champions-League-Finale zwischen ihren Klubs FC Liverpool und Real Madrid am Samstag (21 Uhr, ZDF und live bei DAZN [Anzeige]), und wie bei einem guten Kinoabend war der Unterhaltungswert bei beiden Trainern hoch. Sie lieferten trotz der Anspannung vor dem größten Spiel im Kalender des europäischen Klubfußballs ein paar Lacher – allerdings musste Klopp am Ende auch ernste Worte finden.
Die meiste Zeit konnte der Deutsche seine Paraderolle spielen. Er bot gut verdauliche Comedy, nachdem er die Stufen des Pressesaals hinunter gefedert war und die Anwesenden mit einem fröhlichen "Hel-lo" begrüßt hatte. Dass gerade erst ein neuer Rasen im Stade de France verlegt wurde, mag nicht ideal sein aus seiner Sicht. "Aber wir würden auch auf Beton spielen", sagte er. Die Zuhörer lachten. Als ein deutscher Reporter eine Frage auf Deutsch stellen wollte, ermahnte ihn der Mann von der UEFA, doch bitte auf Englisch zu fragen. Klopp ergänzte: "Und jetzt noch auf Französisch."
Auf einmal wird Klopp nachdenklich
Die Debatten bei Liverpool kreisen gerade um die Zukunft von Sadio Mané, die laut verschiedenen Medien beim FC Bayern liegen könnte. Auch diesen Komplex versuchte Klopp mit Humor zu moderieren, doch das gelang nur teilweise. "Es ist nicht das erste Mal in meiner Karriere, dass vor einem wichtigen Spiel Gerüchte um Bayern München aufkommen", scherzte er. Eine Anspielung darauf, dass Mario Götzes Wechsel von Borussia Dortmund zum FC Bayern einst am Morgen eines Dortmunder Champions-League-Halbfinals gegen Real Madrid öffentlich geworden war. Ersticken konnte Klopp das Thema damit nicht. Stattdessen deutete er an, dass Mané in Paris möglicherweise zum letzten Mal im Liverpool-Trikot zu sehen ist.
Im Schlussakt seines Auftritts wurde Klopp nachdenklich. Ihn erreichte eine Frage zum Krieg gegen die Ukraine. Vor vier Jahren hatte Liverpool in Kiew ein Champions-League-Finale gegen Real Madrid verloren. Das Endspiel in diesem Jahr sollte ursprünglich in St. Petersburg stattfinden, ehe es nach Paris verlegt wurde. Ob die Partie eine Bedeutung über den Fußball hinaus habe, wurde Klopp gefragt. Er war offensichtlich nicht vorbereitet darauf, zur Weltpolitik Stellung nehmen zu müssen, atmete durch, Sekunden verstrichen. Dann gelang ihm, was ihm so oft gelingt – er fand die treffenden Worte: "Dass das Spiel stattfindet, aber nicht in St. Petersburg, könnte die richtige Botschaft an Russland sein. Das Leben geht weiter, auch wenn man versucht, es zu zerstören."
Ancelotti sorgt für Lacher
Anders als Klopp ist Ancelotti kein geborener Entertainer. Er schlurfte zur Bühne, nahm Platz und verschränkte die Arme. In dieser Haltung absolvierte er fast seinen kompletten Aufritt. Viele Fragen prallten an ihm ab wie die Wellen des Ozeans an einer Felsenküste. Der Rasen im Stade de France? "Wird kein Problem sein." Ein möglicher Vorteil seiner Mannschaft, weil Liverpool zuletzt ein paar angeschlagene Spieler hatte? "Es ist das Finale. Sie werden alles geben." Ancelotti hat die Chance, zum vierten Mal die Champions League zu gewinnen. Das wäre alleiniger Rekord für einen Trainer. Ihn bringt vor einem Endspiel nichts aus der Ruhe.
Auch er streute ein paar Scherze ein. Als er nach seiner Aufstellung gefragt wurde, wandte er sich an Marcelo, der neben ihm saß. "Kannst du die Aufstellung verraten?", fragte der Trainer. Marcelo war ratlos. Der Saal lachte. Auf die Frage, ob er glücklich sei, scherzte Ancelotti: "Nein, ich bin sehr traurig." Ihm war anzusehen, wie sehr ihm das Spiel mit den Reportern Spaß machte. Er ist zufrieden in seiner Haut, zufrieden mit der Aussicht auf seinen vierten Champions-League-Titel. Gegen Liverpool ist Unterhaltung garantiert. Wie bei einem guten Kinoabend.
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